Man kann es nur falsch machen

Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”

Zu viel Gedränge im Kleinwalsertal? Zu lange im Schanigarten gesessen? Frau Lunacek zu unentschlossen, Frau Mayer irgendwie besser? Haben wir keine anderen Sorgen? Ja, haben wir. Aber das Vertrackte an der momentanen Lage ist, dass Österreich einen politischen Nachtflug ohne Instrumente und mit sehr eingeschränkter Sicht absolvieren muss: Keiner weiß, welche Auswirkungen das Virus noch haben wird, keiner weiß, wie man diese möglichen Auswirkungen am besten abfedern wird. So sehr es rundum Zustimmung gegeben hat, als die Regierung Kurz im März das Land in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt hat, so meinen es nun alle besser zu wissen.
Die einen klagen, dass das versprochene Geld noch nicht auf dem Konto ist; die anderen mahnen, dass die Regierung doch bitte sparsamer mit dem Steuergeld umgehen sollte. Und die Regierung selbst? Die sieht sich abseits aller guten Ratschläge dem Rechtsstaat verpflichtet: Sie kann Hilfs- und (noch wichtiger!) Konjunkturpakete auflegen – aber dafür braucht sie wasserdichte rechtliche Grundlagen, sie zahlt die Soforthilfen und die Investitionsprogramme ja nicht aus einer Privatschatulle.
Und sie muss erleben, dass die im März und April noch jeden Vergleich übertreffende Zustimmung der Bevölkerung dahinschmilzt. Das ist normal, damit müssen Sebastian Kurz und sein Team jetzt leben: Das nach eigener Einschätzung am ehesten Richtige tun, bei wachsender Kritik und bleibender Unsicherheit. Aber so ist das eben in einer Krise: Keiner hat gesagt, dass das leicht würde.

conrad.seidl@gmx.at

- Werbung -
Vorheriger ArtikelLanger-Weninger zu Green Deal: „Korrekturen sind erforderlich“
Nächster ArtikelAgrar-Terminmarkt 27. Mai 2020 – Weizen und Raps treten auf der Stelle