Land&Forst-Betriebe: Es braucht einen nationalen Schulterschluss

Felix Montecuccoli: "Österreichs Forstwirtschaft ist am Verhungern. Wir brauchen einen nationalen Schulterschluss."

Hitze – Trockenheit – Insektenbefall – niedrige Preise, die heimische Land- und Forstwirtschaft steckt in einer bedrohlichen Krise, die sie nach aktuellem Stand nicht mehr alleine bewältigen kann. Die hinzugekommene Corona-Krise verstärkt die Probleme. So drastisch die Bestandsaufnahme, die Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich, in Rahmen der traditionellen Wirtschaftspressekonferenz des Verbands am 7. Mai 2020 bekanntgab. Montecuccoli: „Die Land- und Forstwirte sind in einem Netz von Klimawandel und Corona gefangen. Langanhaltende Trockenheit, Extremwettereignisse, steigende gesellschaftliche Ansprüche und erschwerte Marktbedingungen machen den heimischen Betrieben das wirtschaftliche Überleben schwer.“

Eine Milliarde für den Wald

Als Lösungsansätze für all diese Probleme nannte Montecuccoli:
• einen nationalen Schulterschluss der Wertschöpfungskette Holz in Österreich, der insbesondere in den Appell an die heimische Holzindustrie mündet, Holz aus Österreich vorrangig zu zu übernehmen und zu verarbeiten.
• Einen Pakt zur Rettung des Waldes. Dieser Pakt soll einen Fonds beinhalten, der mit einem Betrag von einer Milliarde Euro für drei Jahre dotiert ist. Mit dem Geld sollen Maßnahmen unterstützt werden wie verbesserte Logistik, rasche Bewilligung und Finanzierung von Nasslagern, eine sofortige Verlängerung des Biomasseförderung-Grundsatzgesetzes und rasche Umsetzung des Erneuerbaren-Ausbau Gesetzes, die Möglichkeit alternativer Flächennutzung zur Gewinnung von erneuerbarer Energie sowie eine Steuerentlastung für die Land- und Forstwirtschaft.
• Die Koordination der Maßnahmen und Beihilfen auf EU-Ebene.

Quelle: Land&Forstbetriebe
“Vorrangig heimischen Holz verarbeiten”, so der dringende Appell der Land&Forst-Betriebe an die heimische Holzindustrie.

Holzpreise auf Talfahrt

Wie schwierig die Situation für die heimischen Forstbetriebe ist, machte Montecuccoli an den Holzpreisen fest. Diese befänden sich seit mehreren Jahren auf kontinuierlicher Talfahrt, so der Präsident. Alleine von 2018 auf 2019 sei der Jahresdurchschnittspreis für Nadelsägerundholz von 85,6 Euro auf 74,4 Euro pro Festmeter gesunken. Montecuccoli: „Wir brauchen Preise am Niveau von 2013 bis 2015 von 90 Euro und mehr, um nachhaltig wirtschaften zu können. Heute befinden wir uns bereits 30 Prozent darunter. Die österreichische Forstwirtschaft ist am Verhungern!“ Auch für das heurige Jahr erwartet Montecuccoli weitere Erlöseinbußen im Bereich von hunderten Millionen Euro.

Neuerliche Borkenkäferkatastrophe

Eine der Hauptursachen für den stark gestiegenen Anfall von Schadholz in Österreichs Wäldern ist der Borkenkäfer. Hier sei die Situation dramatisch, so Montecuccoli. Bereits im Jänner wurde der Borkenkäfer in den österreichischen Wäldern gesichtet. Trockenheit, Hitze, fehlende Niederschläge, Schadinsekten und die damit einhergehenden Herausforderungen wie erhöhe Kosten für Aufforstung, Waldpflege, sinkende Preise, Sortimentsverschiebungen, eine noch nie dagewesene Marktsättigung und erschwerte Arbeitsbedingungen führen zu erheblichen Verlusten bei einem Großteil der Betriebe. Und nun hat auch noch die Corona-Krise die Land- und Forstwirtschaft voll erwischt.

Nationaler Schulterschluss und steuerliche Maßnahmen

Umso dringlicher sei deshalb ein nationaler Schulterschluss, in dessen Rahmen Montecuccoli an die heimische Holzindustrie appelliert, Ware aus dem Inland den Vorrang zu geben. Gespräche zu diesem Punkt seien bereits im Gang. Zudem fordert der Verbandspräsident steuerliche Erleichterungen für die Forstwirte, denn es gehe nicht an, dass jene Forstbetriebe, die am meisten von Schadholzanfall betroffen sind, die ohnehin gedrückten Erlöse auch noch als sogenannte „Scheingewinne“ versteuern müssen.

Quelle: Land&Forst-Betriebe
Zeno Piatti-Fünfkirchen: “Wir haben im Ackerbau bereits ernste Schäden in den Winterungen.”

Ackerböden sind ausgetrocknet

Wie ernst die klimatischen Probleme auch im Ackerbau sind, darauf verwies Zeno Piatti-Fünfkirchen in seiner Funktion als Vizepräsident der Land&Forst Betriebe Österreich. Zwar habe im Vorjahr nach anfänglicher Trockenheit der regenreichen Mai das Schlimmste verhindert, insgesamt habe der Klimawandel aber immer noch zu einer Schadenssumme von 150 Millionen Euro geführt, wovon mehr als zwei Drittel auf Schäden durch Hitze und schlechte Niederschlagsverteilung zurückzuführen waren.
Im laufenden Jahr, so Piatti-Fünfkirchen sei die klimabedingte Situation der Landwirtschaft abermals sehr ernst. Die Winterungen wie beispielsweise die Brotgetreidearten haben bereits erheblichen Schäden erlitten und wenn es nicht bald ausgiebig regne, seien auch die Sommerungen, speziell die Hackkulturen wie Zuckerrübe, Mais und Sojabohne, in Gefahr. Zusätzlich nimmt der Schädlingsbefall zu, so dass ein ausreichender Pflanzenschutz immer schwieriger wird. Der erste Schnitt im Grünland stehe in vielen Gebieten Österreichs vor einem Totalausfall.

Coronakrise verstärkt die Probleme

Nebem dem Klimawandel bedrohe auch die Corona-Krise die Landwirte. Die Betriebe spüren die Handelshemmnisse und Grenzschließungen besonders stark, Ackerbau-Betriebe seien mit längeren Lieferzeiten und Preisschwankungen bei Saatgut und Düngemittel konfrontiert, von der Gastronomie abhängige Landwirte kämpfen mit extremen Umsatzeinbußen und auch ein Arbeitskräftemangel ist großflächig zu spüren, erklärte der Vizepräsident.

Quelle: Land&Forst-Betriebe
Rapsschlag mit Trockenschäden im Raum Herzogenburg.

Eine GAP, die Einkommen ermöglicht

Bei der Gemeinsamen Agrarpolitik zeichne sich laut Piatti-Fünfkirchen eine zweijährige Übergangsfrist ab. Im Sinne der langfristigen Planungssicherheit in der Landwirtschaft müsse für diese Übergangsfrist klar sein, dass die alten Spielregeln weiterhin gelten. Ansonsten stehen neben zwei wertvollen Arbeitsjahren auch Betriebsexistenzen und das Vertrauen der Landwirte auf dem Spiel. Um den betriebswirtschaftlichen Druck auf die Betriebe einzudämmen, müssen alle neuen umweltrelevanten Ambitionen finanziell abgedeckt sein und ohne Ausnahmen, Obergrenzen und Einschränkungen abgegolten werden. Instrumente wie Capping sind vor allem auf nationaler Ebene kontraproduktiv, da sie zu einer Schwächung der Haupterwerbsbetriebe führen und im Gegenzug niemanden helfen.
Piatti-Fünfkirchen machte zudem auf die Rolle Österreichs auf dem internationalen Markt aufmerksam: „Österreich ist seit Jahren geprägt von einer starken Verarbeitungsindustrie und einem konstant hohen Exportanteil.“ Österreich sei ein Exportland weshalb der wirtschaftliche Erfolg auch im Agrarsektor stark von einer reibungslosen Integration in internationale Märkte abhänge.

European Grean Deal detailliert analysieren

Im „European Green Deal“ sieht der Vizepräsident ein zukunftsweisendes Instrument, das mit den einzelnen Strategien wie Farm2Fork, Biodiversitätsstrategie oder Forststrategie klare Absichten im Kampf gegen Klimawandel, Biodiversitätsverlust erkennen lasse. Bei der Ausgestaltung der neuen GAP werde es sehr wahrscheinlich große Priorität haben. Für die Umsetzung der Green-Deal-Maßnahmen brauche es jedoch eine detaillierte Analyse, denn voreilig definierte Prozentsätze führen zu Zielkonflikten und nachteiligen Effekten, so Piatti-Fünfkirchen.

- Bildquellen -

  • 20707 02 Holztransport Web: Land&Forstbetriebe
  • 20507 03 Zeno Piatti Fuenfkirchen Web: Land&Forst-Betriebe
  • 20707 04 200504 180132Raps Web: Land&Forst-Betriebe
  • 20507 01 Felix Montecuccoli C LFBA Web: Land&Forstbetriebe
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QuelleHans Maad
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