Konventionell versus Bio: „Wir akzeptieren einander. “

Obwohl aus der gleichen Branche, sind sich konventionelle Landwirte und Biobauern in vielen Dingen oft gar nicht eins. Zu konträr sind immer wieder ihre Ansichten von Produktion über Tierwohlstandards und Umwelt. Für Stephan Prischink und Florian Schindler, beide praktizierende Landwirte, ist dieser Langzeit-Konflikt jedoch kein Thema.

Respektvoller Umgang: Florian Schindler und Stephan Prischink ziehen an einem Strang. Auch Demeter Österreich und der Bioverband BAF bemühen sich seit geraumer Zeit in Gesprächen mit der LKÖ und dem Ministerium um besseres Verhältnis von Bio und Konventionell Foto: BZ/Weber

BauernZeitung: Wie groß ist der Graben zwischen Bio und Konventionell wirklich?
Schindler: Das ist regional unterschiedlich, hängt von den handelnden Personen ab und reicht von Konflikten bis voneinander lernen. Oft spielt dabei der Druck auf die jeweiligen Betriebe eine Rolle und wie wohl sie sich noch in ihrer Produktion fühlen.
Prischink: Der Graben ist nicht so tief wie oft behauptet. Und es stimmt: Eigentlich sollte es darum gehen, voneinander zu lernen – Konventionell von Bio und umgekehrt.

Was trennt Sie persönlich vom jeweils anderen, was verbindet Sie?
Prischink: Nicht wirklich so viel, wie gemeinhin angenommen. Biobauern verweisen darauf, dass sie mit Fruchtfolgen und Zwischenfrüchten nachhaltiger arbeiten, im Einklang mit der Natur, ohne chemischem Pflanzenschutz. Mein wichtigster Dünger für meine konventionell produzierten Erdäpfel ist Patentkali. Dieser ist auch im Biolandbau erlaubt. Auch wir denken auf unseren Äckern ständig weiter, begrünen längst den Boden ständig mit Zwischenfrüchten und kompostieren neuerdings auch selbst, um organischen Dünger zu bekommen. Alles Inputs aus der Biolandwirtschaft.
Was verbindet den Biolandwirt mit allen anderen?
Schindler: Dass wir alle Bauern sind. Und dass auf uns alle der Druck immer größer wird, unser Land nachhaltig zu bewirtschaften, für die nächsten Generationen.

Meist scheiden sich die Geister in den Debatten um Notfallzulassungen für chemische Pflanzenschutzmittel , Schädlingsdruck oder beim Tierwohl. Wie sollte man solche Konflikte lösen?
Prischink: Indem man keine Konflikte daraus macht. Von heuer rund 50 Notfallzulassungen im Pflanzenschutz waren etwa je die Hälfte für Konventionelle und für Biobauern. Pflanzenschutz betreiben beide, um ihre Kulturen im Fall des Falles gesund zu machen.
Schindler: Sowohl konventionelle als auch biologisch wirtschaftende Bauern müssen sich klar sein, dass sie sich in einer permanenten Entwicklung befinden und dass es noch nicht die perfekte Landbewirtschaftungsmethode gibt.

Bei welchen Themen sitzen alle im gleichen Boot?
Schindler: Eigentlich bei allen, wenn auch die Preise für Bioprodukte noch etwas höher sind. So können sich Biobauern vielleicht noch den einen oder anderen Versuch leisten, was sonst nicht mehr möglich ist, wo es um jeden Cent geht. Aber ich fürchte, den Biobauern geht es in ein paar Jahren genauso. Noch gilt Bio als Premiumschiene, angesichts der enormen Konzentration im Handel könnte sich das rasch ändern.
Prischink: Zum stetig steigenden Preisdruck kommen immer strengere Auflagen und Kontrollen. Das ist brutal und trifft auch alle beide. Wir verkaufen etwa überhaupt keine Ware mehr ohne AMA-Gütesiegel.
Schindler: Die vermehrten Kontrollen gehen meist von den Abnehmern im Einzelhandel aus, die immer mehr Audits und Zertifikate verlangen.

Wie lösen Sie selbst allfällige unterschiedliche Ansichten oder gar Probleme mit Andersdenkenden?
Prischink: Mein Schwager ist Biobauer, wir verstehen uns blendend, tauschen uns oft aus, auch weil er ein Mega-Know-how besitzt. Persönlich habe ich noch nie einen Konflikt mit einem Biobauern gehabt, im Gegenteil: unseren Kartoffelkrauthäcksler haben wir heuer auch im Lohnverfahren auf zwei Biobetrieben eingesetzt.
Schindler: An einen klassischen Konflikt mit einem konventionellen Kollegen kann ich mich auch nicht erinnern. Manchmal muss man auf flapsige, schnelle Kommentare einfach direkt reagieren. Auch ich arbeite viel mit konventionell wirtschaftenden Kollegen zusammen. Wir akzeptieren einander, weil wir wissen, warum wir jeweils so oder so arbeiten. Bei einer guten Gesprächsbasis gibt es keine tiefgehenden Konflikte. Wenn es um Abtrift geht, geht es im Biolandbau schnell ums Geld. Ich kann meine Produkte mit Rückständen dann nicht verkaufen. Ersucht man den Nachbarn aber, aufzupassen, stößt man in 99 Prozent auf volles Verständnis.
Prischink: Genau darum geht es, um die richtige, respektvolle Kommunikation. Das hat ursächlich mit Bio oder Konventionell gar nichts zu tun, auch wenn das Miteinander reden manchmal zu kurz kommt.

Wie kann ein konstruktiver, freundschaftlicher Umgang aussehen?
Schindler: Sich einfach mal in sein Gegenüber versetzen, sich fragen und akzeptieren, warum der andere so wirtschaftet, wie er es tut.
Prischink: Und auch mal vom anderen was lernen wollen.

Trotzdem gibt es den eingangs erwähnten Graben, vielleicht weniger unter den Bauern, als unter Funktionären und Politikern?
Prischink: Prinzipiell sollte die Agrarpolitik für alle Bauern gleichermaßen da sein.
Schindler: Hier sollte man auch die NGOs anführen, weil Themenführer in der öffentlichen Meinung. Das hat teilweise seine Berechtigung, manchmal versteifen sie sich aber auf Themen, die in einer Gesamtbetrachtung nicht sinnvoll sind. Etwa wenn ein Beizmittel verboten wird, das in der Folge durch flächendeckend auszubringende Insektizide ersetzt wird.

Also sind auch Biobauern manchmal mit Forderungen von Umweltschützern nicht zu frieden?
Schindler: Ja! Natürlich! Weil ich auch als Biobauer die österreichische konventionelle Landwirtschaft nicht schlecht reden möchte. Und weil einfach in der Diskussion wichtige Details nicht beachtet werden.
Prischink: Mich stört, wenn einzelne Biobauern mit verkürzten Botschaften die Aufklärungsarbeit der konventionelle Landwirtschaft konterkarieren. Wir Landwirte sollten uns nicht auseinanderdividieren lassen, besser gemeinsam an einem Strang ziehen.

Mit welchem Supermarkt-Manager würden Sie gerne mal essen gehen, um ihm Ihre Meinung zu sagen?
Prischink: Wir sind seit 40 Jahren Lieferant von Spar und das auf mündlicher Basis. Spar war Vorreiter, was regionale Produktion angeht. Das sieht man bis heute in unserer Region. Es ist wie in einer Ehe: Mal läuft es besser, mal schlechter, aber es funktioniert. Nicht alles ist eitel Wonne. Also vielleicht mit Spar-Chef Drexel? Ein paar Themen würden mir schon einfallen, um mit ihm zu diskutieren.
Schindler: Ich würde gerne einen allgemeinen Appell an alle Handelsmanager richten, genau darauf zu schauen, was sie an Regionalität in der Werbung oder auf Plakaten versprechen und welche Produkte sie letztlich im Regal haben, die man meist suchen muss. Also kein Vier-Augen-Gespräch, es bräuchte dazu wohl eine größere Tafelrunde.

In Wien verhandeln derzeit ÖVP und Grüne über eine mögliche Koalitionsregierung mit offenem Ausgang. Was wünschen Sie beide sich?
Prischink: Viele Bauern beurteilen die Grünen von vorneherein skeptisch, dann werde alles schlechter für die Landwirtschaft, alles aus und vorbei. Ich sehe das überhaupt nicht so. Vielleicht kommen nun Inputs, die uns einfach helfen.
Schindler: Es gibt Parteien, die reden gerne im Wahlkampf über die Landwirtschaft, vergessen aber rasch, auch mangels Know-how in diesem Bereich. Die ÖVP hat im Agrarbereich das meiste Know-how, bei den Grünen gibt es das teilweise bei engagierten Leuten im Biobereich. Es könnte also durchaus in die richtige Richtung gehen.

Prischink, Schindler: „Wir sollten uns nicht auseinander-
dividieren lassen.“
FOTO: BZ/Weber

Zu den Personen

Stephan Prischink und Florian Schindler, beide 32, haben 2006 das FJ Wieselburg abgeschlossen. Beide bewirtschaften ihre Betriebe mit ihren Vätern. Prischink produziert in Rottersdorf bei Herzogenburg konventionell Kartoffeln und Zwiebeln und vermarktet ausschließlich Inlands-Ware an Spar; Biobauer Schindler erzeugt in Münchendorf im Wiener Becken Gemüse, Druschgewürze, Saatgut und Zuckerrüben.

Interview: Bernhard Weber

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