Keine strengeren Regeln für Antibiotika im Stall

Je mehr ein Antibiotikum eingesetzt wird, desto eher setzen sich Erreger-Subtypen durch, denen das Medikament nichts anhaben kann. FOTO: LITTLEWOLF1989-stock.adobe.com

Linke Fraktionen im EU-Parlament, allen voran Europas Grüne und Sozialdemokraten, wollten generell den Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin verbieten. Ihr Einspruch wurde gestern aber mehrheitlich abgelehnt.

Bereits im Vorfeld der Abstimmung hatte sich Alexander Bernhuber, Bauernbund-Abgeordneter und Mitglied im Umweltauschuss des Parlaments, gegen den Vorstoß der Grünen verwehrt. „Der Vorschlag der Kommission, welcher derzeit am Tisch liegt, stellt ohnehin eine deutliche Verschärfung der derzeitigen Rechtslage dar“, betonte Bernhuber. Ein erfolgreiches Veto hätte ein generelles Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung zur Folge gehabt.

Europas Grünen wollten eine radikale Antibiotikareduktion in der Tierhaltung, ohne Alternativen. Für die Veterinärmedizin stelle der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission, der acht Jahre lang durch die Europäische Arzneimittelbehörde, die Weltgesundheitsorganisation und weitere unterschiedliche wissenschaftliche Gremien der EU gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten erarbeitet wurde, „eine ausgewogene Regelung dar, so Bernhuber in einer Aussendung.

Er zeigte sich auch verwundert darüber, dass speziell die EU-Mandatarin der Österreichischen Grünen, Sarah Wiener, massiv für ein Verbot von Antibiotika eintritt. Immerhin war der Vorschlag der Kommission in Brüssel auch von den Experten des (vom Grünen Wolfgang Mückstein angeführten) Gesundheitsministerium in Wien als ausgewogen erachtet und gutgeheißen worden. Laut Bernhuber hätten die Grünen offenbar „wieder einmal versucht, die Landwirtschaft ins schiefe Licht zu rücken“. Er warf ihnen auch „Bauern-Bashing vor. Dabei sei etwa Österreich „ein Vorzeigeland beim Einsatz von Antibiotika“. In den vergangenen zehn Jahren wurde der Einsatz von Antibiotika um rund ein Drittel reduziert, so der Abgeordnete.

Neben Sarah Wiener haben gestern auch ihr Parteikollege Thomas Waitz oder Österreichs SP-Europaabgeordnete Monika Vana für den Einspruch auf Antrag des Abgeordneten Martin Häusling von den deutschen Grünen gestimmt. Der hatte der Kommission vorgeworfen, die Kriterien bei der Auswahl sogenannter Reserveantibiotika zu schwammig formuliert zu haben und diese dazu aufgefordert, fünf Antibiotika-Gruppen auf die Liste der Reserveantibiotika zu stellen.

Reserveantibiotika sind Medikamente, die bei Infektionskrankheiten verwendet werden, wenn übliche Antibiotika nicht mehr wirken. Ziel ist deren möglichst restriktiver Einsatz, um ihre Wirksamkeit durch sich entwickelnde Resistenzen nicht zu gefährden. Denn je mehr ein Antibiotikum eingesetzt wird, desto eher setzen sich Erreger-Subtypen durch, denen das Medikament nichts anhaben kann – die also resistent sind. Laut Angaben der EU-Kommission sterben daran in der Union jedes Jahr mehr als 30.000 Menschen, weil Antibiotika bei ihnen nicht mehr wirken.

Als Ursache für die Bildung von Antibiotikaresistenzen gilt, dass zu viele von diesen Medikamenten eingesetzt werden, auch in der Nutztierhaltung. Zwei Drittel aller Antibiotika werden laut Häusling in Ställen verabreicht, teils weil in Mastbetrieben auch nicht-infizierte Tiere über Futter oder Wasser vorbeugend mit Antibiotika behandelt würden.

Tierärzte hatten dagegen die Befürchtung geäußert, ein Totalverbot der vier Antibiotika-Wirkstoffklassen, wie von den Grünen gefordert, hätte auch die Behandlung von Haustieren, als von Hunden, Katzen oder Hamster, gefährdet. Ein solches Verbot sei völlig unverhältnismäßig. Häusling sprach sich dagegen bis zuletzt dafür aus, Ausnahmeregeln für Einzeltierbehandlung in die Verordnung zu schreiben.

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AUTORRed. BW
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