Die EU-Kommission hat beim Ratstreffen der EU-Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten vorgeschlagen, die Einfuhr von Weizen und Mais sowie einiger Ölsaaten aus Russland und Belarus mit Strafzöllen zu belegen. Je nach Produkt sollen die Zölle auf 95 Euro je Tonne oder auf die Hälfte des Warenwertes ansteigen. Zudem sollen Russland keine gesonderten Getreidequoten der WTO mehr gewährt werden. Das Vorhaben soll nun zeitnah vom Rat beschlossen werden und unmittelbar danach in Kraft treten.
Keine Umleitung über Belarus
Der Kommission zufolge hat Russland laut Agra-Europe im vergangenen Jahr 4,2 Mio. Tonnen Getreide und Ölsaaten im Wert von 1,3 Mrd. Euro in die EU gebracht. Dazu kamen entsprechende Exporte aus Weißrussland in die EU: 610.000 Tonnen um 246 Mio. Euro. Die Strafzölle für Weißrussland werden damit begründet, dass Moskau die EU-Zölle nicht umgehen und seine Ausfuhren dank bester Beziehungen nach Minsk trotzdem auf den EU-Markt bringen könne. Die Kommission begründet den nun vorgelegten Vorschlag mit der drohenden Destabilisierung des Binnenmarktes durch einen erheblichen Anstieg russischer Getreideeinfuhren. Auch Landwirte in der EU hätten bereits davor gewarnt, Russland könne seine Rolle als einer der führenden globaler Getreideexporteure geopolitisch einsetzen und zudem auch illegal angeeignetes Getreide aus der Ukraine verkaufen.
Auch hat sich die EU bei diesem Gipfel als Zugeständnisse an die Landwirte darauf geeinigt, zulasten der Ukraine ab Juni wieder Zölle auf bestimmte Agrarprodukte (konkret Mais, Zucker, Geflügelfleisch, Eier und Honig) einzuheben, sollten die bisher zugestandenen Zollfrei-Exportmengen aus dem kriegsbedrängten Land künftig überschritten werden. Dies muss vom EU-Parlament und den Mitgliedsländern aber noch formell beschlossen werden.
Für besseren Schutz des EU-Binnenmarktes
„Es ist wichtig, die Bäuerinnen und Bauern der EU zu stärken, zu unterstützen und den EU-Binnenmarkt zu schützen, damit ihre Produkte einen Vorteil haben, wenn sie ‚Made in EU‘ sind“, betonte dazu Bundeskanzler Karl Nehammer nach Ende des Gipfels vor Journalisten. Auch forderte der Rat die Kommission auf, ihre Arbeiten für weniger bürokratische Belastungen, ein faireres Einkommen und zusätzliche Unterstützungen für Landwirte voranzutreiben. Dazu gehöre auch die „faire Behandlung von Fragen im Zusammenhang mit den autonomen Handelsmaßnahmen für die Ukraine“, wurde betont. In diese Kerbe schlug auch Nehammer mit seinen Aussagen. Der Kanzler forderte die Wiederherstellung eines Marktausgleichs, es gebe „genug Märkte für die ukrainischen Produkte“. Zudem habe der Rat in seinen Schlussfolgerungen „die Bedeutung eines widerstandsfähigen, nachhaltigen Agrarsektors für die Ernährungssicherheit und die strategische Autonomie der Union“ unterstrichen.
“Lebensmittelsicherheit ist beste Krisenversorgung”
Dazu meinte Nehammer, seit der Corona-Pandemie sei die Bedeutung der Lebensmittelsicherheit durch die Bauern für die Menschen wieder ins Zentrum gerückt. Hier müsse angesetzt werden, denn „Lebensmittelsicherheit ist die beste Krisenversorgung“. Weiters erklärte der Bundeskanzler, er sehe generell „Umweltschutz und Interessen der Landwirtschaft nicht als Gegensatz, ganz im Gegenteil“. Ihm sei aber das Prinzip der Subsidiarität stets wichtig, gerade in der Landwirtschaft. So sei Österreich in der glücklichen Position, „dass bei uns der Wald nachwächst und wir daraus Biomasse haben“. In anderen EU-Ländern sei das nicht so. Daher kann man auch keine EU-weit einheitliche Regelung für den Waldschutz aufstellen und erteilte damit der derzeit von der Kommission verfolgten Forstpolitik eine indirekte Absage.
Petition gegen EU-Forstpolitik: Gegen die von der EU-Kommission angedachte Entwaldungsverordnung hat der Waldverband Österreich eine Petition gestartet. Die aktuelle EU-Forstpolitik ist aus Sicht der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer kontraproduktiv, kritisiert Rudolf Rosenstatter, Obmann des Waldverbandes Österreich. In der offenen Online-Petition wird „die grundlegende Überarbeitung der Entwaldungsverordnung und weiterer widersinniger EU-Gesetze“ gefordert. Denn: Die Waldbesitzer brauchen eine europäische Politik, die sie vielmehr bei der aktiven und nachhaltigen Bewirtschaftung und Pflege ihres Waldes unterstützt. Bis dato wurden knapp 10 Prozent der erforderlichen 50.000 Unterstützungserklärungen, dem Sammelziel, abgegeben.
Weitere Infos: Petition des Waldverbands
- Bildquellen -
- Kanzler Nehammer in Brüssel: BKA/ANDY WENZEL