Die Fruchtbarkeit des Bodens ist eng mit seiner Bearbeitung und dessen Gehalt an Humus verbunden. Daneben soll die tote organische Substanz im Boden auch das Klima retten können.

Für die Entstehung des Bodens braucht es viel Zeit. Zuerst müssen Gesteine verwittert und weiter mineralisch zerkleinert werden. Gleichzeit wird die mineralische Substanz mit lebender und toter organischer Masse angereichert. Der Boden kann aber schnell zerstört werden. „Die Entwicklung einer einen Zentimeter mächtigen, humosen Bodenschicht kann zwischen 100 und 300 Jahren dauern – jedoch bei einem einzigen starken Gewitterregen durch Erosion verloren gehen” ist auf der Webseite des deutschen Umweltbundesamtes zu lesen. Zu den mehr oder weniger natürlichen Verlusten kommt in Österreich der hohe Bodenverbrauch durch Versiegelung: Laut Hagelversicherung wurden in den vergangenen 25 Jahren hierzulande 150.000 Hektar beste Agrarflächen durch Verbauung vernichtet, was der Größe der gesamten Agrarfläche des Burgenlandes entspreche.

Multitalent Humus

In Anbetracht der wachsenden Weltbevölkerung gilt es, diese Bodenzerstörung zu bremsen. Während in Sachen Versiegelung in erster Linie die Politik gefordert ist, die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen, kommt es beim Erhalt der Bodenfruchtbarkeit auf jeden Landwirt an – und jedes Prozent Humus. Denn Humus ist ein wahres Multitalent. Er verbessert die chemischen, physikalischen und biologischen Bodeneigenschaften. Markus Puschenreiter von der Boku hat sich in seinem Vortrag beim ÖKL-Seminar umfangreich damit auseinandergesetzt. Hier nur einige konkrete Beispiele für die positiven Effekte:

  • die Verbesserung der Bodenstruktur und der Aggregatstabilität
  • Erhöhung der Infiltration und Wasserhaltekapazität durch höheres Porenvolumen
  • Verbesserung der Nährstoffspeicherung und Pufferkapazität durch Erhöhung der Austauschplätze für Kationen an seiner Oberfläche
  • Nachlieferung von Nährstoffen aus der Mineralisation
  • Lebensraum sowie Nahrung für viele Bodenlebewesen.
Vorsichtige Bodenbearbeitung
Quelle: Bernd Lang - stock.adobe.com
Regenwürmer sind wichtige Garanten für die Fruchtbarkeit der Böden.

Durch zunehmende Bodenbedeckung, mit dem Extremfall der Direktsaat, wird die Erosion gegenüber intensiven Bodenbearbeitungssystemen reduziert. Bei konventionellen Bodenbearbeitungssystemen sollte gelten: Nur so viel, wie wirklich nötig. Mit jeder stärkeren Bodenbearbeitung werden Regenwürmer getötet, besteht die Gefahr der Bodenverdichtung, wird Kraftstoff verbraucht etc. Das sind Argumente, die nicht wegdiskutiert werden können. Außer Zweifel steht auch, dass durch die Direktsaat Humus im obersten Horizont angereichert wird. Zahlreiche Forschungsarbeiten belegen das. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand. Da keine Bodenbearbeitung erfolgt, verbleibt die organische Masse vermehrt in oberen Schichten, und der Abbau des Humus (Mineralisation) läuft langsam ab. Die Probleme mit der diese Vorteile bezahlt werden, etwa der Herbizideinsatz, sind bekannt.

Humus als CO2-Senke

Humus im Boden ist nicht nur gut für dessen Fruchtbarkeit, sondern hat darüber hinaus eine weitere wichtige Funktion: Global sollen vier Mal so viel Kohlenstoff wie tote organische Substanz im Boden gespeichert sein wie in Form von Kohlendioxid in der Atmosphäre vorhanden ist. Die Initiative „4 Promille“ der französischen Regierung, die während der Weltklimaverhandlungen 2015 in Paris (COP21) vorgestellt wurde, beruht darauf. Eine zusätzliche Speicherung von jährlich 4 ‰ mehr organischer Bodensubstanz in allen Böden der Welt könnte die aktuellen globalen, anthropogenen Treibhausgasemissionen weitgehend kompensieren. Ohne Zweifel liegen der These einige Vereinfachungen zugrunde. So wird etwa von manchen Experten betont, dass die praktisch realisierbaren Potenziale zur Bodenkohlenstofffestlegung wesentlich geringer, zeitlich begrenzt und außerdem reversibel sind. Dass die stärkere Bedachtnahme auf den Humus bei der Bewirtschaftung des Bodens, allem voran im Hinblick auf die Bodenfruchtbarkeit, unabdingbar ist, darunter herrscht unter den Experten allerdings Übereinstimmung.

Lachgas: Das neue Sorgenkind?

Untersuchungen des Thünen Instituts, die das gesamte Bodenprofil berücksichtigen und aus einer Zusammenschau von mehr als 100 Feldversuchsstudien bestehen, sollen zeigen, dass es bei Direktsaatverfahren ohne Bodenbearbeitung im Mittel zu einer Speicherung von nur 150 kg Kohlenstoff pro Hektar und Jahr kam. Erste Berechnungen aus fast 50 Feldversuchen würden zudem ergeben, dass die Lachgasemissionen (Lachgas ist ein sehr potentes Treibhausgas) bei Direktsaat um 86 % und bei reduzierter Bodenbearbeitung um 63 % erhöht sind. „Diese erhöhten Lachgasemissionen kompensieren nicht nur die mittlere Humusakkumulation, sondern führen zu einer negativen Klimabilanz der pfluglosen Bearbeitungsverfahren“ steht in einem Artikel von Dr. Axel Don vom Thünen Institut für Agrarklimaschutz Braunschweig auf der Webseite des deutschen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Gegenüber der BauernZeitung bestätigt Don die erhöhten N2O-Emssionen. „Letztes Jahr wurde dazu eine Meta-Analyse veröffentlicht, die unsere Auswertungen von vor Jahren unterstützen. Die Daten, die wir haben, zeigen, dass erhöhte N2O Emissionen nicht nur ein kurzzeitiger Umstellungseffekt, sondern systembedingt durch die reduzierte Bodenbearbeitung sind, besonders in bestimmten Böden“. Unter Letztere würden etwa lehmige, schwere Böden fallen.


Humus
Als Humus bezeichnet man die abgestorbene organische Masse in und auf dem Boden. Er bildet sich in einem Gleichgewicht zwischen Zufuhr und Abbau. Letzterer Prozess wird auch Mineralisation genannt. Ausgangsstoffe für die Bildung von Humus sind im Ackerbau in erster Linie oberirdisch anfallende Pflanzenteile wie Ernterückstände, Zwischenfruchtanbau (Gründüngung), Stroh und Blätter aller Art, in zweiter Linie unterirdisch wachsende Pflanzenteile wie Pflanzenwurzeln und Bodenlebewesen. In Abhängigkeit von der Bodenschwere kann eine Bandbreite definiert werden, innerhalb welcher der Humusgehalt liegen soll.

Lachgas
Lachgas (N2O) ist ein Treibhausgas, das rund 300-mal so klimaschädlich sein soll wie Kohlendioxid (CO2). Hauptquellen für Lachgas sind laut deutschem Umweltbundesamt stickstoffhaltige Düngemittel in der Landwirtschaft und die Tierhaltung, Prozesse in der chemischen Industrie sowie Verbrennungsprozesse. Lachgas entsteht im Boden als Nebenprodukt bei der mikrobiellen Umsetzung von Stickstoff.

- Bildquellen -

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AUTORMichael Stockinger
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