Hofübergabe: „Lieber einmal g‘scheit reden, als ein Leben lang ärgern“

Einen Hof zu übernehmen ist im Normalfall kein schneller Akt. Zu vieles will gut überlegt und vor allem auch gut ausgemacht sein. Zu groß ist das Konfliktpotenzial und auch Rechtsrisiko eines mangelhaften Übergabevertrages. In einer zweiteiligen Serie beleuchtet die BauernZeitung die wichtigsten Punkte.

Punkt für Punkt sollten die Inhalte des Übergabevertrags zwischen Übergebern und Übernehmern besprochen werden.

Ein Hof wird im Leben einmal übernommen und einmal übergeben. Das ist nichts Alltägliches und sollte – auch wegen den rechtlichen Konsequenzen – gut überlegt sein“, erklärt Juristin Gabriele Hebesberger. In einem Vortrag für interessierte Jungbauern fasste die Bezirksbauernkammerleiterin von Steyr die wesentlichen Punkte einer Übergabe zusammen. Zahlreiche Beispiele aus der Beratungspraxis veranschaulichten, warum eine ordentliche Hofübergabe das Leben der Übergeber und -nehmer vereinfacht.

Übergabe: Ein familiärer und emotionaler Rechtsakt

Auf einem bäuerlichen Betrieb sind Arbeit und Privates stark verknüpft. Viele Emotionen sind daher auch mit dem Prozess der Hofübergabe verknüpft. „Man muss sich vorstellen, die Übergeber-Generation hat da ihr ganzes Herzblut und Geld reingesteckt. Natürlich erwarten sie sich auch eine gewisse Wertschätzung für das, was sie gemacht haben“, erinnert Hebesberger daran, dass die Übergabe nicht nur ein Rechtsgeschäft ist, sondern auch ein emotionaler Akt im Familienverband. Sie rät daher, auch wenn die Übernehmer vieles anders machen wollen, den Übergebern Respekt und Wertschätzung entgegenzubringen.

Das Ziel muss ein möglichst gerechter Ausgleich der Interessen sein.

Um den Prozess fokussiert anzugehen, steht an erster Stelle: Informationen einholen. „Es reicht oft nicht eine Auskunft, vielmehr braucht es verschiedene Stationen und eine gewisse Vorlaufzeit, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen“, so Hebesberger. Neben einem Hofübergabekonzept der Landwirtschaftskammer macht daher auch eine Beratung beim Bauernbund Sinn. Dabei profitieren die Mitglieder kostenlos von Wolfgang Raabs Erfahrungsschatz. Seit mehr als 30 Jahren berät der Bauernbund-Jurist Hofübergeber und -übernehmer. „Bei der Beratung ist mir wichtig, dass die Betroffenen zu einer Lösung kommen, die für alle passt. Keine Übergabe ist gleich – so etwas wie ein Patentrezept gibt es nicht.“ Das A und O bei der Übergabe ist daher aus seiner Sicht: „Einen bestmöglichen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen herzustellen.“ Um einen solchen Konsens zu finden heißt es erst einmal: Reden. „Besprecht die einzelnen Punkte in der Familie. Wie stellen sich Übergeber und Übernehmer das Wann und Wie vor“, so Hebesberger und Raab.

Den richtigen Zeitpunkt für alle Beteiligten finden

Das Wann ist oft gar nicht so leicht zu bestimmen. Die Pensionierung der Übergeber bietet sich natürlich an. „Spätestens wenn beide Übergeber einen Pensionsanspruch haben, gehört das Thema besprochen“, erklärt Hebesberger. Gleichzeitig kann auch ein Schicksalsschlag der Auslöser sein oder einfach die Tatsache, dass „die Jungen“ schon in den Betrieben investieren wollen. „Wenn man wo Geld reinsteckt, obwohl es einem nicht gehört, dann ist damit ein gewisses Risiko verbunden. In diesem Fall kann es ratsam sein zu übernehmen, bevor die Übernehmer die Pension haben“, meint Hebesberger. Für diesen Fall gibt es Möglichkeiten zur Überbrückung. Welche das sind, erklärt Wolfgang Raab. „Es ist beispielsweise möglich zwar das Eigentum zu übertragen, aber das Wirtschafts- und Fruchtgenussrecht bei den Übergebern zu belassen. Auch ein Pachtvertrag ist denkbar. Grundsätzlich kann die Frage der Bewirtschaftung ohne großen Aufwand vom Eigentum getrennt werden. Lösungen lassen sich also in den meisten Fällen finden.“

Übergabevertrag: Das rechtliche Kernstück

Ist ein für alle Parteien zufriedenstellender Übergabetermin gefunden, geht es an die Details. Festgehalten werden sie im Übergabevertrag von einem Schriftenverfasser, sprich Notar oder Rechtsanwalt. „Neben der konkreten Ausformulierung der einzelnen Vertragspunkte obliegt ihm auch die Eintragung der neuen Eigentümer im Grundbuch zu veranlassen, allfällige Genehmigungen einzuholen und Gebühren der Übernahme, insbesondere die Grunderwerbssteuer, abzuwickeln“, so Raab.

Letztere macht für Personen aus dem begünstigten Personenkreis zwei Prozent vom landwirtschaftlichen Einheitswert aus. „Zu diesem Kreis werden die meisten gehören. Das sind etwa Kinder, Schwiegerkinder, Neffen und Nichten“, so Hebesberger.

Separat dazu zahlt man noch eine Grunderwerbssteuer für das Wohngebäude. Diese berechnet sich vom Verkehrswert. „Dazu wird die Wohnfläche mit einem vom Finanzamt vorgegebenen Richtsatz multipliziert“, so die Juristin. Ihr Tipp für Übernehmer: „Vorher übernehmen, dann bauen. Wenn etwa vorab der Hausstock umgebaut wird, dann ist das eine enorme Werterhöhung, die zusätzliche Kosten verursacht.“

Im Zusammenhang mit dem Übergabevertrag ebenfalls zu bedenken gilt es das Thema Versicherungen. So ist zum einen die Sozialversicherung zu verständigen. Zum anderen besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht für Gebäude- und Feuerversicherungen, da diese immer auf den Eigentümer zu laufen haben. „Solche Versicherungen haben in der Regel eine sehr lange Laufzeit. Ab der Grundbuchseintragung hat man aber vier Wochen Zeit zu kündigen und andere Angebote von Maklern einzuholen“, erklärt Hebesberger. Generell mache es Sinn sich „einmal g‘scheit“ mit dem Thema zu beschäftigen und die Vertragsdetails (z. B. ob überhaupt die richtige Fläche versichert ist) zu prüfen.

Der Vertragsinhalt und seine Bestandteile

Im Vertrag selbst werden die Fragen nach dem Wer, Wann, Wie und Was geklärt. Nachfolgend ist das Wesentliche zu den zentralen Vertragspunkten festgehalten.

Vertragsparteien: Das sind die Übergeber und Übernehmer. Letztere werden ins Grundbuch eingetragen. Wer das aber sein soll bzw. nicht, steht oft zur Diskussion. Häufig wird nur das Kind der Übergeber als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen. Ebenso möglich ist die gemeinsame Eintragung von Kind und Schwiegerkind, also dem (Ehe)Partner des Übernehmers. „Die Frage des Eigentums ist eine ganz Wichtige. Das muss man sich genau anschauen“, mahnt Hebesberger. Denn für den angeheirateten Partner, der sein Geld einbringt, sei es natürlich eine rechtliche Absicherung. Gleichzeitig entstehe im Fall einer Scheidung eine „kritische“ Situation, gehöre jedem doch die Hälfte des Betriebes. Um ein Zersplittern des Betriebes zu verhindern, gibt es aber bereits vorweg die Möglichkeit im Übergabevertrag Regeln für den Scheidungsfall zu vereinbaren. Zum Beispiel, dass die Betriebshälfte zurück an das Kind der Übergeber geht und dafür eine gewisse Auszahlung erfolgt.

Entscheiden sich die Vertragsparteien jedoch für das Alleineigentum des Kindes, kann der Hof dennoch mit dem Ehepartner gemeinsam bewirtschaftet werden. Denn das eine ist eine Frage von Eigentum, das andere ein sozialversicherungsrechtlicher und steuerrechtlicher Aspekt.

Gegenstand des Vertrages ist der landwirtschaftliche Betrieb: Dazu gehören sämtliche Grundstücke, diverse Rechte, etwa Anteilsrechte an Agrargemeinschaften, das ganze Betriebsinventar sowie der Vorrats- und Viehbestand. „Also im Regelfall übernimmt man den Betrieb, wie er liegt und steht“, erläutert Hebesberger.

Persönliche Sachen und Einrichtungsgegenstände bleiben im Eigentum der Übergeber. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit sich das Eigentum an gewissen Betriebsgegenständen, etwa dem Oldtimertraktor, zu behalten. Schwieriger stellt sich die Lage bei Nutzflächen und Wald dar. Wollen sich die Übergeber solche als „Sicherheit“ zurückbehalten, braucht es eine Bewilligung der Grundverkehrskommission, die ansonsten im Familienkreis nicht erforderlich ist. „Bei diesen Bewilligungen ist man zurückhaltend“, warnt Hebesberger, „Warum? Weil das Gesetz die Betriebe stärken will. Wird ein arrondiertes Grundstück zurückbehalten, besteht die Gefahr, dass es jemandem anderen vererbt und damit der Hof geschwächt wird.“

Belastungs- und Veräußerungsverbot: Wenn Übergeber sich dieses Verbot ausbedingen, dann heißt das, ohne ihre Zustimmung darf keine grundbücherliche Belastung oder ein Verkauf erfolgen. „Das kann Sinn machen für einen Betrieb, weil er erhalten bleibt und nicht überschuldet werden kann. Gleichzeitig kann es aber auch sehr belastend und hemmend sein. Etwa wenn die Jungen Stall bauen wollen und die Eltern sagen, sie geben keine Unterschrift für einen so hohen Kredit“, gibt Hebesberger zu bedenken. Auch zu einem solchen Vertragsinhalt gelte es genaue Überlegungen anzustellen.

(Gegen)Leistungen: Für die Leistung der Übernehmer, also die Hofübergabe, können auch gewisse Gegenleistungen vertraglich vereinbart werden. Ein typisches Beispiel ist die Übernahme laufender Kredite (z. B. Stallbau). Denkbar, aber heute eher unüblich, ist das Zahlen eines Übernahmepreises. Schon öfter ist die Auszahlung von Geschwistern Vertragspassus. Eigentliches Herzstück des Übergabevertrages und zentrale Gegenleistung ist aber das Wohnrecht.

Mehr hierzu und zum Thema weichende Erben ist in Teil 2 der Hofübergabe-Serie zu lesen.

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AUTORElisabeth Hasl
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