Heumilch nun mit “g.t.S.-Turbo”

Das von heimischen Bauern vor zwölf Jahren gestartete Heumilchprojekt ist europaweit einzigartig und beispielgebend.

Heumilch gilt ab sofort als
Heumilch gilt ab sofort als “garantiert traditionelle Spezialität”. Landwirtschaftminister Andrä Rupprechter (r.) hat am Samstag, 5. März 2016, das von der EU zuerkannte Gütezeichen an Arge Heumilch-Obmann Karl Neuhofer (Mitte) überreicht. Rechts im Bild: Heumilch-Koordinator Andreas Geisler ©Arge Heumilch
Global denken, lokal handeln – Karl Neuhofer, Obmann der Arge Heumilch, hat diesen Spruch erfolgreich auf den Boden gebracht. Denn am Samstag, 5. März 2016, konnte Neuhofer namens der Arge Heumilch das EU-Gütezeichen “Garantiert traditionelle Spezialität” (g.t.S.) aus der Hand von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter entgegennehmen. Punktgenau am Tag davor war die Zuerkennung des Zeichens im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Damit unterliegt Heumilch nun einem europaweiten Schutz und darf ausschließlich mit Heu als Futtergrundlage produziert werden. Als feierlichen Rahmen für diese bedeutende Wegmarke der österreichischen Agrarpolitik hatte die Arge Heumilch den Congress Salzburg gewählt. Etwa 650 Heumilchbauern aus dem ganzen Bundesgebiet waren dabei anwesend.

Zusatzwertschöpfung

Der Sieger der Kategorie Energieheu, Johannes Keiler aus Höchst (Vbg.) ©Arge Heumilch
Der Sieger der Kategorie Energieheu, Johannes Keiler aus Höchst (Vbg.) ©Arge Heumilch
Wen das EU-Gütezeichen noch nicht ganz überzeugt, der sollte bedenken, dass die Heumilch den Bauern über alle Vermarktungsschienen gesehen im aktuellen Jahresschnitt einen Mehrerlös von vorsichtig kalkuliert etwa fünf Cent pro Kilogramm bringt. Bei einer Gesamtjahresmenge von 460 Millionen Kilogramm entspricht das einer Zusatzwertschöpfung von etwa 23 Millionen Euro.
Das Erfolgsrezept der Heumilch liegt im vorausschauenden Erkennen von Krisenszenarien und im zielgerichteten Setzen von Gegenmaßnahmen. So stand die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik des Jahres 2003 als drohendes Omen an der Wiege der Arge Heumilch. Schon damals wurden die Interventionspreise gesenkt, die Milchprämien entkoppelt und das Auslaufen der EU-Milchquotenregelung angekündigt. Nicht von ungefähr wurde vor diesem Hintergrund nach den Landesorganisationen in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich sowie in der Steiermark im April 2004 die Arge Heumilch als Bundesorganisation gegründet. Karl Neuhofer, schon seit jeher Heumilchbauer in Straßwalchen, wurde zum Obmann gewählt. Neuhofers Arbeit für die Heumilch war von Beginn an “global”, das heißt bundesweit und spartenübergreifend angelegt. Neuhofer: “Wichtig war mir, auch die Verarbeiter mit hereinzunehmen.” Denn “Heumilch” sollte bleiben, was sie schon immer war – eine Bauernmarke.
Es bedurfte vieler Überzeugungsarbeit, damit dies so geschehen konnte. Denn im Hintergrund ging es neben der ideellen Zusammenarbeit auch um ein Werbebudget, mit dem die Heumilch “über die Wahrnehmungsschwelle kommt”, so Neuhofer. Rund 1,5 Millionen Euro sollten das schon sein. Es kam zu einem Finanzierungsmodell zwischen Bauern und Verarbeitern sowie einer Anschubfinanzierung durch die Agrarmarkt Austria. Damit war die Voraussetzung geschaffen, um werbemäßig durchzustarten. Der Zeitpunkt hierfür war im Jahr 2008 gekommen, als katastrophale Milchpreise mit dem sog. “GAP-Gesundheitscheck” zusammenfielen, der das Quotenende für das Jahr 2015 festschrieb. Seither eilt die Heumilch von Marketingerfolg zu Marketingerfolg und ist mit jährlich steigenden Mengen in allen maßgeblichen Lebensmittelketten gelistet – eine Gemeinschaftsleistung von rund 8000 Milchbauern und derzeit etwa 60 Molkereien und Käsereien.
Aktuell hat die Arge Heumilch ein jährliches Marketingbudget von 2,3 Millionen Euro. Die Bauern leisten dazu einen Beitrag von 0,3 Cent/kg Milch (zusätzlich zum AMA-Marketingbeitrag, der in derselben Höhe liegt), von den Milchverarbeitern kommen 0,2 Cent/kg Milch. Die Anschubfinanzierung durch die AMA ist bereits seit zwei Jahren beendet.

Das beste Heu im Land

Maria Mühlbacher, Königin der Bio-Heuregion Salzburg mit den Preisträgern aus Tirol. Josef Plangger aus Nauders (3. v. r.) mit Sohn Bernhard erreichte den ersten Platz in der Kategorie
Maria Mühlbacher, Königin der Bio-Heuregion Salzburg mit den Preisträgern aus Tirol. Josef Plangger aus Nauders (3. v. r.) mit Sohn Bernhard erreichte den ersten Platz in der Kategorie “Händisch geworbenes Heu”. ©Arge Heumlich
Welche Begeisterung hinter der Heumilch steckt, das bewiesen rund 650 Heumilchbauern, die Proben ihres Futters bei der diesjährigen Heumeisterschaft der Arge Heumilch eingereicht haben. In sechs Kategorien wurden Preisträger ermittelt.

Unter den Salzburger Bauern gingen erste Preise an: Martin Wallmann, Krispl, für Bodenheu (2. v. l., hinten),  Wolfgang Plackner, Eugendorf, für den ersten Schnitt (4. v. l., hinten) sowie Franz Fink, Seekirchen, für Ballenheu (1. v .l., vorne). ©Arge Heumlich
Unter den Salzburger Bauern gingen erste Preise an: Martin Wallmann, Krispl, für Bodenheu (2. v. l., hinten), Wolfgang Plackner, Eugendorf, für den ersten Schnitt (4. v. l., hinten) sowie Franz Fink, Seekirchen, für Ballenheu (1. v .l., vorne). ©Arge Heumlich

Wertschöpfung in regionalem Kreislauf

Petra und Thomas Siller: “Wir haben immer schon Heu gemacht”

Petra Siller bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Mann Thomas den Bergbauernhof Vorderstaller in Adnet, Salzburg. Im Bild das Bauernpaar mit Sohn Thomas jun. ©BZ/Maad
Petra Siller bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Mann Thomas den Bergbauernhof Vorderstaller in Adnet, Salzburg. Im Bild das Bauernpaar mit Sohn Thomas jun. ©BZ/Maad
Die Heuwirtschaft liefert auf dem Vorderstaller-Hof schon seit Generationen die Futtergrundlage für die Milchviehherde des Betriebs. Die heutige Betriebsleitergeneration Petra (42) und Thomas Siller (42) haben dies beibehalten. Das Bauernpaar bewirtschaftet derzeit 30 Hektar Grünland und hat damit ausreichend Futter für 20 Milchkühe samt Nachzucht. Das Leistungsniveau der Herde liegt bei etwa 5500 bis 6000 kg Jahresdurchschnitt. Kraftfutter wird nur in kleinen Mengen zugefüttert, da der Zukauf für den Biobetrieb doch kostspielig ist. Petra und Thomas – er arbeitet hauptberuflich bei der Salzburg AG – führen den Betrieb seit dem Jahr 2006. Im Jahr 2008 haben sie einen neuen Laufstall in Betonschalungsbauweise errichtet. Gemolken wird in einem Vierer-Side-by-Side-Melkstand. Das System wurde gewählt, weil es platzsparend ist und weil die vorhandenen Melkzeuge weiter verwendet werden konnten. Das Heu werben Sillers in Bodentrocknung. Mit der Investition in eine Trocknung bzw. Belüftung zögern Petra und Thomas aus Kostengründen. Geliefert wird die Heumilch täglich an die nahe gelegene Dorfkäserei Pötzelsberger. Bei einem Milcherlös von rund 50 Cent/kg könnte die Investition in eine Trocknung in einigen Jahren aber doch in Reichweite kommen.

Dorfkäserei Pötzelsberger – sechs Mann stemmen 280 Tonnen Käse

Käsemeister Franz Pötzelsberger verarbeitet mit fünf Mitarbeitern jährlich rund drei Millionen Kilo Heumilch zu 280 Tonnen Käse. ©BZ/Maad
Käsemeister Franz Pötzelsberger verarbeitet mit fünf Mitarbeitern jährlich rund drei Millionen Kilo Heumilch zu 280 Tonnen Käse. ©BZ/Maad
Das Milchgeld für die 68 zuliefernden Bergbauernbetriebe der Dorfkäserei Pötzelsberger in Adnet, Salzburg, kann sich sehen lassen. Brutto 53,50 Cent pro Kilogramm Bio-Heumilch zahlt Käsemeister und Firmeninhaber Franz Pötzelsberger (55) derzeit an seine Lieferanten aus. Der Milchpreis wird jährlich vereinbart und gilt per Handschlag. Für die tägliche Anlieferung sind die Bauern zuständig. Das wird gemeinschaftlich organisiert und klappt gut. In Summe übernimmt Pötzelsberger jährlich rund vier Mio. kg Milch. Davon werden drei Mio. kg verarbeitet. 280 Tonnen Hart- und Schnittkäse (in insgesamt 15 Sorten), 40 Tonnen Butter und acht Tonnen Topfen sind der jährliche Ausstoß. Vermarktet wird über den Bio-Groß- und Fachhandel sowie über den betriebseigenen “Kaslad’n”. In der Käserei arbeiten neben dem Chef noch fünf weitere Mitarbeiter. Bemerkenswert ist auch das Angebot an Würsten, Schinken und Speck im Kaslad’n, denn ein Teil der Molke wird über Schweinemast veredelt. Wir sind mit unserer Betriebsorganisation gut aufgestellt, so Franz Pötzelsberger. Wichtig für den Erfolg sei die gute Zusammenarbeit mit den Bauern. Gegen-­ seitiges Ver­trauen und Respekt wollen aber auch erarbeitet sein. Infos: www.biokas.at

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