Weinlese 2023: Heiße Herbsttage geben den Trauben jetzt den vollen Reifeschub

Der Weinjahrgang 2023 zeigt sich kurz vor der demnächst beginnenden Hauptlese mit weitgehend gesunden Trauben und verspricht ausgewogene, aromareiche Weine. Um die Qualität ins Fass und in die Bouteille zu bringen, gilt es aber auch heuer für die Winzer einige Punkte zu beachten.

Aufgrund der heißen Spätsommertage könnten die Trauben früher reif sein als erwartet. Individuelle Reifeproben sind empfehlenswert.

Späte Blüte, späte Reife. So lautete bis vor Kurzem nach allgemeiner Auffassung der Zeitplan für die diesjährige Weinlese. Zwar sind bis Mitte September in den frühen Regionen des Burgenlands Sturm und Staubiger schon verfügbar, die Hauptlese in den bedeutenden Anbauregionen wird aber erst gegen Ende des Monats erwartet, so auch die Prognose von Bernhard Benedikt von der Preziso Weinbauberatung. Dass es nicht ganz so spät mit der Weinlese werden dürfte, dazu tragen in den meisten Lagen die aktuell sehr warmen Spätsommertage bei.

Säuregehalte werden bereits schwächer

Geht es nach den regionalen Bestimmungen des Reifeverlaufs, so zeigen sich schon in der ersten Septemberhälfte lesewürdige Gradationen bei moderat bis stärker sinkenden Säuregehalten. Somit könnte der passende Erntezeitpunkt je nach Sorte und Lage auch schon früher erreicht sein. Hier sind Beobachtung und Erfahrung der Winzer gefragt, im Bedarfsfall unterstützt durch eigene Reifeproben.
Regionale Auswertungen des Reifefortschritts werden im Internet unter folgenden Adressen veröffentlicht:
http://reife.veltlinerland.at/ für das Weinviertel, veröffentlicht vom Lagerhaus-Weinbaucenter in Poysdorf,
www.weinobstklosterneuburg.at/dienstleistungen/reifeverlauf.html für alle Weinbauregionen, veröffentlicht von der HBLAuBA für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg,
www.bawb.at des Bundesamtes für Weinbau.

100-Beeren-Probe

Bei der Planung des Lesetermins zu berücksichtigen sind Mostgewicht, Säuregehalt (Gesamt- bzw. Wein- und Apfelsäure, pH-Wert) sowie auch der Gehalt an Stickstoffverbindungen (NOPA-Wert). Sortentypische Weine verlangen vollreife, gesunde Trauben – erkennbar an der Verfärbung der Kerne ins Bräunliche. Spannend wird es ab etwa 15 Grad Klosterneuburger Mostwaage, je nach angestrebtem Weinstil lässt man die Trauben ausreifen. Wer die Reifeparameter selbst bestimmt, der sollte jedenfalls das Refraktometer und das pH-Meter neu kalibrieren, empfiehlt Benedikt. Entsprechende Serviceleistungen bieten seit Ende August u.a. die Lagerhaus-Weinbaucenter an.

Hier sind auch individuelle Reifemessungen nach der 100-Beeren-Methode möglich (Durchschnittsprobe von 100 Beeren aus dem Weingarten). Vorteil einer individuellen Bestimmung ist auch die genauere Kenntnis der im Most enthaltenen Hefenährstoffe, insbesondere des hefeverfügbaren Stickstoffs (NOPA-Wert). Als gut versorgt gelten Moste mit Werten ab etwa 150 mg/l NOPA. Bei niedrigeren Werten ist eine Zugabe von Hefenährstoffen in Erwägung zu ziehen (siehe Kasten).

Trotz der allgemein guten Gesundheit der Trauben kann in einzelnen Lagen Oidiumbefall eine Herausforderung sein. Bei Oidium gilt ein kritischer Schwellenwert von fünf Prozent befallenen Trauben. Ab diesem Befall ist ein Vorlesen bzw. Ausschneiden der kranken Trauben erforderlich. Bei der Verarbeitung im Keller lassen sich Oidium-Fehltöne durch schnelle Mostverarbeitung, kurze Standzeit sowie stärkere Mostentschleimung und Schönung reduzieren.

Erfolg im Keller – Hefe braucht Nahrung

Je nach angestrebter Weincharakteristik gilt es die dazu passende Hefe auszuwählen. Um die Hefe optimal auf die alkoholische Gärung vorzubereiten und während der Gärung zu unterstützen bzw. Gärstockungen zu vermeiden, bedarf es bestimmter Nährstoffe. Als wichtigste genannt seien Diammoniumphosphat (DAP), Ammoniumsulfat und Vitamin B1 (Thiamin), dazu kommen weitere Nährstoffe in organischer Form wie Aminosäuren, Sterole und Lipide sowie Hefezellwandpräparate. Wichtig ist eine zusätzliche Hefenahrung insbesondere in trockenen Jahren,
wo die Trauben selbst meist wenig Nährstoffe für die Hefe mitbringen.
Um eine optimale Nährstoffversorgung gewährleisten zu können, muss die Gärung regelmäßig kontrolliert werden. Am einfachsten und effizientesten ist die laufende Verkostung. So kann man störenden Entwicklungen rechtzeitig entgegensteuern. Empfehlenswert ist, die Nährstoffgabe auf mehrere kleine Dosagen aufzuteilen – beispielsweise mit einer Startgabe ab dem zweiten Tag nach Gärbeginn, einer zweiten Gabe bis zum ersten Drittel der Gärung und einer dritten bis zur Gärhälfte.
Bei botrytisbelastetem Lesegut ist besonders auf eine ausreichende Thiamin (Vitamin B1)-Versorgung zu achten.

www.preziso.at

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QuelleH.M.
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