Auch von dort gelange demnach vermehrt Ware in die EU, bislang weitgehend zollfrei. Exporte russischer Agrarprodukte in die EU waren bisher auf der Grundlage der Regeln der Welthandelsorganisation WTO von europäischen Sanktionen ausgenommen. Daran stößt sich auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. „Während unser Getreide auf die Straße geworfen wird, gelangen russische und belarussische Produkte ungehindert nach Europa. Das ist ungerecht“, sagte Selenskyj mit Blick auf die Bauernproteste, unter anderem in Polen.
Bis zu 95 Euro je Tonne
Tatsächlich sei der Getreideimport aus Russland im Vorjahr „erheblich gestiegen“. Sämtliche monatlichen Einfuhrmengen überschritten im Vergleich den Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, wird EU-Kommissionsvize und Handelskommissar Valdis Dombrovskis vom Agrarpressedienst AIZ zitiert. Durch „abschreckend hohe Zölle“ will man dies nun für russische Händler unrentabel machen. Nicht zuletzt deshalb, „um der russischen Praxis ein Ende zu setzen, gestohlenes ukrainisches Getreide in die EU zu exportieren“, so Dombrovski. Angedacht sind Zölle von bis zu 95 Euro je Tonne auf Getreideprodukte und Ölsaaten russischen und belarussischen Ursprungs. Ausnahmen soll es für Transitfuhren geben, die nach Afrika oder Asien weiterverkauft werden.
Ein Prozent des EU-Gesamtmarkts aus Russland
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wirft Russland indes vor, den EU-Markt zu „destabilisieren“. Sie ortet in der im Vorjahr ausgeweiteten russischen Getreideproduktion eine Ursache für den Rückgang der Getreidepreise. Tatsächlich machen russische Getreideeinfuhren in die EU allerdings nur einen Bruchteil der Importe aus. Kommissionsangaben zufolge wurden 2023 etwa 4,2 Mio. Tonnen Getreide und Ölsaaten aus Russland importiert, vorwiegend nach Italien, Lettland und Spanien. Das entspricht 1 Prozent des Gesamtmarktes, also Produktion und Importe inklusive. Der Vorschlag bedarf nun einer qualifizierten Mehrheit im Rat der EU-27. Eine solche gilt Medienberichten zufolge als wahrscheinlich. Moskau reagierte auf die Ankündigung prompt: Wenn die EU Strafzölle für russisches Getreide beschließe, dann würden „die Konsumenten in Europa leiden“, warnte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Kurzfristige Kurskorrektur an den Börsen
An der Pariser Euronext (vormals Matif) stiegen die Weizenfutures mit Fälligkeit Mai zeitgleich wieder über die 200-Euro-Marke, nachdem sie zu Monatsbeginn auf 188 Euro pro Tonne eingebrochen waren. Marktexperten nannten als Grund auch die angekündigten Strafzölle auf russische Ware und die im Raum stehenden Zölle für ukrainische Agrargüter.
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- Getreidetransport: POKOMAN - STOCK.ADOBE.COM