Der heimische Kassamarkt für Weizen hat sich im August von der Euronext in Paris ziemlich abgekoppelt. Premiumweizen hält hohe Preise und die für die anderen Qualitäten stufen sich von dieser “Leitwährung” ab. Langsam gehen die Ferien in Italien zu Ende und es bildet sich ein Markt für die weltweit knappen hohen Weizenqualitäten. Inländische Mühlen stellen sich um einfachere Weizenqualitäten an und hätten vor allem an den gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich höheren Rohstoffkosten schwer zu verdauen. Auch die für viele Marktb eteiligte unbedingt erforderliche Preissicherung durch Hedging sei wegen der großen Differenzen zwischen den Märkten heuer äußerst schwierig. Dazu kommen sehr unterschiedliche Ertrags- und Qualitätsmerkmale der Ernten in den verschiedenen Regionen Europas. Dies war unter anderem auch ein Thema vieler Diskussionen an der 12. Internationalen Donaubörse (Bericht folgt) am Freitag in Wien, die wegen der spannenden Marktlage neuerlich starkes Interesse von Teilnehmern aus 15 Ländern fand.
Die Weizenkontrakte an der Euronext erreichten in den letzten Wochen Kontrakttiefs bis an die 150 Euro/t für den September-Liefertermin. Erst in der zweiten Hälfte dieser Woche ging es mit den Folgen de Wirbelsturms Harvey in Texas und einer Abschwächung des Eurokurses unter sein Hoch von 1,20 USD wieder etwas bergauf. Der starke Euro bremst auch die Weizenexporte aus der EU. Bis 29. August führte die EU in dem am 1. Juli begonnenen Wirtschaftsjahr 2017/18 mit 2,4 Mio. t Weichweizen, lediglich knapp die Hälfte aus der Vorjahresperiode aus. Diese Woche waren es laut Kommission 184.000 t.
Heimischer Kassamarktpreis mit deutlichem Abstand zu Euronext Paris
Am frühen Freitagnachmittag hielt sich der September-Weizen in Paris leicht im grünen Bereich bei 146,50 Euro/t und der Dezember-Kontrakt bei 162,50 Euro/t. Zum Vergleich der immensen Kursabstände: Premiumweizen notiert diese Woche in Wien bei durchschnittlich 196 Euro/t, Qualitätsweizen bei 181 Euro/t, Mahlweizen bei 174 Euro/t und Mahlroggen sogar bei 190 Euro/t. In “Normaljahren” gehen Marktbeteiligte von einem positiven Preisabstand des heimischen Qualitätsweizens zum Mahlweizen an der Euronext von etwa 10 Euro/t aus.
Zwar gaben die Notierungen an der Wiener Produktenbörse im abgelaufenen Monat auch etwas – aber im Vergleich zu den internationalen Terminmärkten nur moderat – nach und bauten ihren respektablen Abstand zum Euronext-Niveau noch aus. So notierte am Mittwoch dieser Woche Mahlweizen in Wien mit 174 Euro/t um fast 20 Euro über dem Pariser September-Kontrakt.
Der Anteil an Mahlweizen aus der Ernte 2017 ist in Österreich aufgrund der hohen durchschnittlichen Proteingehalte recht klein ausgefallen, weshalb er ein von den Mühlen gesuchtes Gut ist und auch importiert werden muss – ebenso Brotroggen, der bei steigender Tendenz sogar höher als Mahlweizen bewertet wird. Dem kommt auch zugute, dass aufgrund der in Deutschland eingefahrenen Roggenqualität kaum Importdruck aufkommt.
Trotz der dramatisch höheren Preise laufe das Weizengeschäft aber in normalem Ausmaß, heißt es. Es herrsche nur zurückhaltende Abgabebereitschaft, auch weil wegen der geringeren Erträge kein Lagerdruck herrsche – dies wird übrigens auch für die bevorstehende Sonnenblumen- und Maiskampagne erwartet.
Internationale Marktprognosen heben globale Weizenernten an – Lagerabbau beim Mais
Der Internationale Getreiderat (IGC, London) hebt in seinem August-GMR (Grain Market Report) die weltweite Schätzung der Getreideernten (Weizen, Mais und Futtergetreide) gegenüber dem Vormonat um 12 Mio. t auf 2,049 Mrd. t an. Das sind noch immer 4% weniger als im Vorjahr und ergibt letztlich den ersten Bestandsabbau (40 Mio. t) in fünf Jahren. Der drittgrößten Ernte in der Geschichte steht der höchste jemals erwartete Getreideverbrauch entgegen. Ebenso erreicht der globale Getreidehandel einen Höchststand, wovon vor allem die Schwarzmeerländer profitieren dürften.
Nach oben gingen wegen überraschend großer Erntemengen in dieser Region vor allem die Weizenschätzungen um 10 Mio. t und die von Gerste um 4 Mio. t. Dies wog eine nunmehr um 3 Mio. t geringer geschätzte Maisernte – mit Mindererträgen in der EU und in China – mehr als auf. Den Bestandsabbau nimmt der IGC nun mit 40 Mio. t um 7 Mio. t geringer aus, das Gros geht auf das Konto von Mais mit einem Bestandsminus von 38 Mio. t, wobei der Rat auch die Verbrauchszahlen in der Verfütterung angehoben hat. Dementgegen sollen sich 2017/18 die Weizenendlager um 4 Mio. t auf einen neuen Rekord von 248 Mio. t anhäufen. Die Verfügbarkeit von hochwertigen Mahlweizen sei jedoch relativ knapp, weisen die Londoner Experten hin. Die Sojabohnenernte soll nun mit 347 Mio. t knapp an den Vorjahresrekord herankommen. Ein steter Verbrauchszuwachs sorgt für einen Lagerabbau von 4 Mio. t. Angeführt von einem scharfen Fall der Weizenpreise um 8,5% im Monatsabstand gab der Gesamt-Preisindex des IGC für Exportpreise von Getreide, Reis und Ölsaaten (GOI) seit dem letzten Report um 3,7% nach. Laut IGC habe die Unterstützung durch das widrige Erntewetter in Nordamerika nachgelassen und habe sich der Fokus der Märkte den sich zunehmend verbessernden Ertragserwartungen der Schwarzmeerländer – allen voran Russland – zugewandt.
Auch das US-Landwirtschaftsministerium USDA revidiert in seinem August-Bericht die Prognose für die weltweiten Getreideernten nach oben, vor allem weil es die Weizenernte in der ehemaligen Sowjetunion gegenüber dem Vormonat um 8,6 Mio. t höher ansetzt. Dies kompensiert verringerte Weizenernte-Prognosen für die EU, Kanada und die USA. Die Weizenernte der EU soll nun unter 150 Mio. t liegen und die Exportaussichten nimmt der Report um 500.000 t auf 29,5 Mio. t zurück. Die Exporte aus dem Schwarzmeerraum schätzt das USDA jedoch noch höher ein. Russlands Weizenernte soll mit 77,5 Mio. t den Vorjahresrekord sogar noch um 5 Mio. t übertreffen. Es festigt mit 31,5 Mio. t Weizenausfuhr seinen Nummer-Eins-Rang am Weltmarkt. Die Weizenendlager sollen 2017/18 um 4,1 Mio. t auf fast 36% des Verbrauchs anschwellen. Dementgegen sieht der Report nun die globale Maisernte um 3,4 Mio. t kleiner. Die Rückgänge werden in der EU und in Kanada erwartet, während die Produktion Russlands höher geschätzt wird. Ein Abbau der Maislager um fast 28 Mio. t trägt maßgeblich zur insgesamt erstmalig seit Jahren negativen weltweiten Getreideversorgungsbilanz bei. Die Ölsaatenbilanz sieht das Ministerium dagegen ganz leicht im Plus. pos/AIZ
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