Im Mittelpunkt dieser „Krippen-Exkursion“ stand eine im Eingangsbereich des Tiroler Volkskunstmuseums befindliche Genueser Krippe mit Krippenfiguren von Pasquale Navone (1746-1791) und ist eine Leihgabe des Museo Giannettino Luxoro aus Genua. Dr. Berger verstand es, in hervorragender Weise auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Krippen aus Norditalien und den Tiroler Krippen aufmerksam zu machen. Wenn nicht nur Hirten und die drei Weisen, sondern auch Fahrende, Soldaten sowie Genueser Bürger und Bürgerinnen zum neugeborenen Christus eilen und jede dieser meisterhaft geschnitzten Figuren, die mit teils farbenfrohem Stoff bekleidet sind, ausdrucksstarke Gesichtszüge zeigen, so sieht man hier erste Verbindungen zur barocken Krippentradition in Tirol. Auch hierzulande sind verschiedenste Bevölkerungsgruppen in der Krippe zu entdecken: Bauern, Bäuerinnen, Handwerker mit deren Ehefrauen, aber auch Kinder, Hirten, Knechte und Mägde, Einsiedler und Musikanten, Wanderhändler, Jenische und andere in der damals zeitgenössischen Tracht gekleidete Tiroler. Dr. Berger hob hervor, dass bei unseren Tiroler Krippen im Gegensatz zu norditalienischen weihnachtlichen Geburtsdarstellungen kaum Frauen zu finden sind, außer solche in dienenden oder arbeitenden Funktionen. Die Vielfalt der Figuren und die Darstellung von weniger privilegierten Gruppen sollten den theologischen Leitsatz eindrucksvoll zum Ausdruck bringen, dass Christus für alle Menschen geboren wurde. Interessant ist im Gegensatz zu unseren Tiroler Krippen, dass es bei der Genueser Krippe eine zentrale Figur der Bettlergestalt in zerlumpten Kleidern gibt, die eine vorrangige Position in der Krippe einnimmt: Sie steht direkt vor der Geburtsszene, dem Publikum mit offener, bittender Hand zugewandt. Die Figur weist auf die vor der Krippe angebrachte Sammelbüchse hin – eine Aufforderung, für Arme zu spenden. Das Jesuskind, und das ist zweifellos ein großer Unterschied zu unseren Tiroler Krippen, ist nackt und liegt nur auf einer auf dem Boden ausgebreiteten Decke. Diese Darstellung geht auf die heilige Birgitta von Schweden zurück. Ihre Vision von der Geburt Christi hatte seit dem 14. Jahrhundert großen Einfluss auf Darstellungen der Szenerie in der Kunst. Beeindruckend ist der Prunk der drei Weisen mit ihren Dienern und zwei imponierenden Pferden. Die „heiligen drei Könige“ stehen für drei Lebensalter oder für die drei Erdteile.
- Bildquellen -
- Krippenführung TVKM (17): Dr. Heinz Wieser