EU-Entscheid verbietet Neonic-Beize: Eigenversorgung bei Zucker in Gefahr

Die EU-Kommission hat festgelegt, dass Neonicotinoide aufgrund des EuGH-Urteils für eine Notfallzulassung ab sofort nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Waldenberger und Langer-Weninger sehen darin einen „Todesstoß“ für die Zuckerrübenproduktion.

Umwelt-NGOs üben seit Jahren starken Druck auf die EU-Kommission aus, mit dem Ziel, Pflanzenschutzmittel, die für die Produktion wichtig sind (wie jetzt die Neonic-Beize), zu verbieten.

Mit Fassungslosigkeit und absolutem Unverständnis nahmen Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger und LKOÖ-Präsident Franz Waldenberger das Urteil vom Europäischen Gerichtshof und dessen Auslegung durch die EU-Kommission vergangene Woche auf. Demnach dürfen Mitgliedsstaaten das EU-weite Verbot von Neonicotinoiden nicht mehr mittels Notfallzulassungen auslegen. Angesichts dessen blicken Rübenbauern mit großer Sorge in die Zukunft, auch wenn der Zuckermarkt aktuell gut laufe. „Teuerung, unsichere Warenströme und Produktknappheiten – gerade in Zeiten wie diesen sind solche Entscheidungen nicht nur vollkommen unverständlich, sondern auch in keinster Weise nachvollziehbar. Diese bedrohen zudem die Existenz der Rübenbauern und somit die Versorgungssicherheit mit heimischem Zucker. Nun noch zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen ist verantwortungslos und gleichzeitig der Todesstoß der regionalen Produktion.
Die politisch Verantwortlichen auf europäischer Ebene wären besser beraten, wieder wissenschaftlichen Fakten vor populistischen NGO-Meinungen zu folgen und somit auf
den Weg der Vernunft und der Ernährungssouveränität zurückkehren“, zeigt sich Langer-Weninger erbost.

Quelle: agrarfoto.com
Die derzeit guten Zucker- bzw. attraktiven Rübenpreise sollten trotz der unerfreulichen Umstände motivieren, den Rübenanbau auch ohne Neonics im bereits kontrahierten Umfang aufrechtzuerhalten.
Beize für Bienen ungefährlich

Bislang wurden Zuckerrüben mit einer neonicotinoiden Beize gegen Erdflöhe und Blattläuse sowie gegen einen geringen Druck an Derbrüsslern so gut geschützt, dass dafür keine Spritzung nötig war. Das werde sich durch das Urteil nun ändern. „In Österreich wurde begleitend zur bis jetzt geltenden Notfallzulassung der Rübenbeize ein jährliches Bienenmonitoring durch die AGES durchgeführt und bewiesen, dass es für die Bienen zu keinen negativen Auswirkungen aufgrund der Neonic-Beize kam. Als nichtblühende Kultur sind Rüben für Bienen unattraktiv und das Saatgut ist gut gegen Staubabrieb geschützt“, erklärt Waldenberger. 

Bis zu 50 % der Fläche bedroht

Circa 30 bis 50 Prozent der österreichischen Rübenanbaufläche sei durch den Rübenderbrüssler bedroht, welcher in den vergangenen Jahren enorme Schäden durch Kahlfraß verursacht hat. Dieser Schädling konnte im Osten von Österreich nur durch Neonicotinoide reguliert werden. In Oberösterreich bedrohen besonders Schädlinge wie Erdflöhe und Blattläuse den Rübenanbau. „Österreich kann sich aktuell noch selbst mit Zucker versorgen, doch dies wird durch das Urteil gefährdet. Das ist absolut fahrlässig und in Zeiten wo überall Unabhängigkeit und Souveränität gefordert wird, absolut nicht nachvollziehbar“, so Langer-Weninger. Für den Erhalt der beiden Zuckerfabriken in Österreich und somit der Eigenversorgung mit Zucker seien keine nennenswerten Flächenverluste tragbar. 

Folge: Importe aus Übersee

Langer-Weninger bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Schließung der ehemaligen Zuckerfabrik in Enns vor mehr als 30 Jahren: „Es gibt in Europa keine einzige Fabrik, die geschlossen und später wieder aufgesperrt worden ist. Gerade in Zeiten unsicherer Warenströme sollte allen Verantwortungsträgern klar sein, wie wichtig eine starke heimische produzierende Landwirtschaft ist. Wenn in Europa und Österreich die Zuckerrübenproduktion reduziert wird, dann wird das mit Importen aus Übersee ausgeglichen. Das kann nicht das Ziel sein, wenn wir an Klima- und Umweltschutz denken.“ 

Die Zuckerproduktion in Brasilien erfolge unter deutlich schlechteren Umwelt- und Sozialstandards als hierzulande – dort werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt, die in Österreich längst verboten sind. „Damit hilft das Beiz-Verbot weder der Umwelt noch den Landwirten. Es gefährdet vielmehr Arbeitsplätze und kann für Konsumenten zu einer Verteuerung von Zucker führen“, gibt Waldenberger zu bedenken.

Es droht Szenario wie bei Raps

„Zuckerrüben sind wie Raps gegen Krankheiten, Schädlinge und Unkräuter deutlich empfindlicher als andere Kulturen. Durch fehlende Pflanzenschutzmittel hat sich etwa der Rapsanbau in Österreich in den letzten zehn Jahren halbiert. Beim der Zuckerrübe droht ohne wirksame Pflanzenschutzmittel das gleiche Szenario“, erklärt der Obmann der OÖ. Rübenbauerngenossenschaft Martin Bäck. 

Langer-Weninger und Waldenberger appellieren an die politischen Verantwortungsträger auf EU-Ebene: „Die Rübenbauern haben sich immer wieder an geänderte Rahmenbedingungen angepasst. Bei weiteren derart unverständlichen nicht zielführenden Verboten von Pflanzenschutzmitteln wird die Eigenproduktion gefährdet.“

- Bildquellen -

  • Zuckerrübenfeld: agrarfoto.com
  • Zuckerrübensaatgut: agrarfoto.com
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AUTORRed. TM
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