Gastkommentar von DI Josef Pröll,
seit 2012 Landesjägermeister von Niederösterreich.
Land- und Forstwirte als Grundeigentümer und die Jagd sind das Rückgrat des ländlichen Raums. Sie erhalten die Natur, gestalten die Kulturlandschaft und erzeugen regionale Lebensmittel. Grundlage all dessen ist bewirtschafteter Grundbesitz. Mit dem Recht auf Eigentum ist auch die nachhaltige Nutzung des Landes verbunden. Grundeigentümer sind geradezu verpflichtet, täglich Verantwortung zu übernehmen: für die Familie und nachfolgende Generationen, für die Natur und als Produzent auch für die gesamte Gesellschaft.
„Es braucht die Jagd als Stimme der Vernunft in einem Diskurs, der oftmals dogmatisch geführt wird.“
Das wird von all jenen, die selten bis nie Verantwortung übernehmen, aber immer öfter lautstark kurzsichtige und unrealistische Forderungen erheben, zu oft vergessen. Wer nur vor Regierungsgebäuden und auf Straßen demonstriert, übernimmt keine Verantwortung. Wie denn auch? Klimafitte Lebensräume werden vor Ort gestaltet, nicht auf den Pflastersteinen und Straßen der Wiener Innenstadt. Und wer die eigenen dogmatischen Ansichten über einen seriösen und lösungsorientierten Dialog stellt, verspielt sein Recht an der Mitwirkung am konsensualen Prozess, der gemeinsamen Bemühungen unterschiedlicher Stakeholder vorausgehen muss.
Auch wenn wir in den Lebensräumen Österreichs mit vielen Herausforderungen wie Kalamitäten nach Borkenkäferbefall, Trockenheit oder Bränden zu kämpfen haben, darf man eines nicht vergessen: In den letzten Jahren ist viel gelungen. Die Waldfläche in Österreich wächst kontinuierlich, die Lebensräume können ihre Funktionen erfüllen und wir haben für ein mitteleuropäisches Land eine enorme Artenvielfalt. Natürlich sind wir alle gefordert, diese Lebensräume gemeinsam zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das verlangt einen permanenten Dialog zwischen Politik, Wissenschaft, Jagd, Land- und Forstwirtschaft, Tourismus und verantwortungsbewussten Umweltschutzorganisationen. Nur gemeinsam können wir Ziele und Maßnahmen definieren und umsetzen.
Nachhaltige Lebensräume brauchen ein Management mit Harvester, Hirn und Hege. Das sichert langfristig ihre Funktionen als Lebensraum und Nahrungsgrundlage und leistet einen zentralen Beitrag zum Klima- und Artenschutz. Sie klimafit zu halten, ist für Mensch, Tier und Umwelt von zentraler Bedeutung. Die Jagd wirkt daran entscheidend mit: sei es bei der Entwicklung und Attraktivierung von Lebensräumen, der Regulierung des Wildbestands, mit einer wildökologischen Raumplanung, der Einbringung der jagdlichen Expertise oder dem Dialog mit allen Stakeholdern. Jägerinnen und Jäger übernehmen Verantwortung, haben Natur- und Hausverstand und sind damit Teil der Lösung.
Vielmehr noch braucht es die Jagd als Stimme der Vernunft in einem Diskurs, der oftmals marktschreierisch und dogmatisch, statt lösungsorientiert geführt wird. Damit die Zukunft der Lebensräume keine Zerreißprobe, sondern ein Schulterschluss wird, setzt der NÖ Jagdverband dieses Jahr den Schwerpunkt auf das Thema Lebensraum. Wir wollen relevante Stakeholder und Experten an einen Tisch holen, um deliberativ einen Konsens über gemeinsame Ziele, Maßnahmen und Projekte zu finden.
„Es gilt, die vielen Projekte und handelnden Personen zu vernetzen, neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen.“
Klimawandel, Trockenheit und Extremwetterereignisse, wildökologische Bewegungen, jede verlorene aber auch neue Art, vor allem aber menschliches Wirtschaften und Handeln haben Auswirkungen auf die Habitatqualität. Ziel ist es, Lösungen für attraktive Lebensräume in den Regionen Österreichs zu finden. Es gilt, die vielen Projekte von Jagd, Land- und Forstwirtschaft, Wissenschaft, Umweltschutz und Politik zur Verbesserung von Lebensräumen ebenso wie die handelnden Personen selbst zu vernetzen, neue Ideen zu entwickeln und auch umzusetzen. All jene, die Verantwortung übernehmen wollen, laden wir herzlich ein, sich in den nächsten Monaten daran zu beteiligen.
4.300 Projekte in fast 60 Jahren: Die Wildökoaktion des NÖ Jagverbandes mit der EVN leistet einen wesentlichen Beitrag zu klimafitten Lebensräumen. Seit 1967 wurden in mehr als 4.300 Projekten rund 3,73 Millionen Bäume und Sträucher gepflanzt. In eine Reihe gesetzt entspricht das der Strecke von Wien bis Athen. Damit haben die Jägerinnen und Jäger 1.742 Hektar Lebensraum geschaffen. Auch 2023 hat die Jägerschaft gemeinsam mit den Grundeigentümern auf 11,66 Hektar, 3.823 Bäume und 17.560 Sträucher im Wert von gut 51.500 Euro gesetzt. Ein Fünftel der Kosten finanzierten die Jäger sowie die Grundeigentümer selbst.
- Bildquellen -
- Josef Pröll: WERNER STREITFELDER