Eine Hofübergabe braucht Zeit und viele Gespräche

Wie der Generationenwechsel gelingt und was beim Übergabsvertrag zu beachten ist, war Thema beim Online-Infoabend des OÖ Bauernbundes.

Wenn ein Hof übergeben wird, tauchen viele Fragen auf. „Die Übergabe bedeutet meist einen großen Einschnitt für alle Beteiligten. Hierbei geht es nicht nur um rechtliche Themen, sondern vor allem auch um emotionale, zumal Übergeber und Übernehmer oft konträre Vorstellungen haben“, so Bauernbund-Jurist Wolfgang Raab, der Mitglieder beim kos­tenlosen Erstgespräch berät. Für ihn ist eine Übergabe kein punktuelles Er­eignis, son­dern vielmehr ein fließender Prozess, der einfach Zeit brauche. Dabei gilt es einen Ausgleich zwischen den Inte­ressen aller Vertragsparteien zu finden. Hierfür seien viele Diskussionen und Gespräche notwendig, da ansonsten Familien daran zerbrechen können. „Ein Übergabsvertrag ist immer ein Komp­romiss. Je mehr man darüber spricht, desto höher ist die Qualität des Vertrages“, betonte Josef Mursch-Edlmayr, Notar in Neuhofen an der Krems, beim Online-Infoabend des OÖ Bauernbundes.

Blickwinkel ändern

Den Übergebern gehe es vordergründig um den Erhalt des Hofes sowie die rechtliche und finanzielle Absicherung – den Übernehmern dagegen um möglichst geringe Belastungen sowie eine uneingeschränkte Wirtschaftsführung. „Jung und Alt sollen dies auch einmal aus dem Blickwinkel des jeweils ande­ren betrachten“, rät der Notar.
Ein Übergabsvertrag enthält Leistung (Übergabe der Hofes) und Gegenleistung. Letztere sind in die Zukunft gerichtet und bedürfen einer Absicherung im Grundbuch. Das können sein: Schuldübernahme, Übernahmspreis (für Übergeber und weichende Kinder), Ausgedinge (Wohnrecht, Verpflegung, Betreuung, Begräbniskostenausfallshaftung, Vorbehaltskapital etc.). „Das Wohnrecht ist im Detail zu beschreiben und von beiden Seiten durchzudenken“, erklärte Mursch-Edlmayr. Für die Pflege der Übergeber durch die Übernehmer bestehe heutzutage keine Verpflichtung mehr, diese beruhe ausschließlich auf Freiwilligkeit. Es wird jedoch üblicherweise eine Beistandspflicht für Angelegenheiten des täglichen Lebens (Betreuung) vereinbart.
Für Reibungspunkte sorge immer wieder auch das Thema „Anschreiben des Ehepartners“. Hier empfiehlt er die Entscheidung den Jungen selbst zu überlassen: „Die Übergeber sollten sich da nicht einmischen, auch wenn es schwerfällt.“ Wichtig sei jedoch immer eine Regelung für den Scheidungsfall zu treffen, um den Hof vor Teilung zu schützen.

Bäuerliche Sondererbfolge

Das Anerbengesetz (Sondererbfolge für bäuerliche Betriebe) zielt darauf ab, dass das Eigentum des landwirtschaftlichen Betriebs an einen einzigen Erben übergeht und so der Hof in seiner Gesamtheit erhalten bleibt.
Der Betrieb scheidet aus der Übergabsmasse aus und wird durch einen Übernahmspreis (errechnet sich aus dem kapitalisierten Ertragswert und ist nicht der Verkehrswert) ersetzt. Daraus ergibt sich die Abfindung der weichenden Erben. Im Gegenzug dazu sollen diese einen Pflichtteilsverzicht unterzeichnen. Dies schützt den Übernehmer vor weiteren Forderungen der Weichenden. Ziel sei eine einvernehmliche Regelung.
Analog dem Anerbenrecht kann auch in den Übergabsverträgen eine sogenannte Nachtragsteilung aufgenommen werden: Sollte der Übernehmer Grundstücke verkaufen und das Geld nicht in den Betrieb reinvestieren, muss der Erlös noch mit den weichenden Erben geteilt werden. „Es ist ein Gebot der Stunde darüber nachzudenken. Dies gilt aber für alle Vertragspunkte, denn nur wenn die Inhalte von den Vertragsparteien festgelegt werden, dann halten sie auch“, so Mursch-Edlmayr.

- Bildquellen -

  • Notar Josef Mursch-Edlmayr bei einem Beratungsgespräch in seiner Kanzlei: Foto: Notariat Neuhofen/Krems
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