
Während der Handel mit Fleischprodukten zu scheinbar unschlagbar günstigen Preisen um die Konsumenten wirbt, kämpfen die Landwirte und Fleischereien oft ums nackte Überleben. Das hat nicht nur fatale wirtschaftliche Folgen, sondern bedroht die Vielfalt, Qualität und Nachhaltigkeit unserer Versorgung mit regionalen Lebensmitteln.
Unsere Landwirte tragen die Verantwortung in der Tierhaltung – von der Geburt der Tiere über die artgerechte Aufzucht bis zur Fütterung und Pflege. Sie investieren Zeit, Herzblut und Geld, um bestes Fleisch zu produzieren. Dennoch erhalten sie am Ende nur einen vergleichsweise kleinen Anteil vom „Kuchen“. Der Stundenlohn der Bauern ist unterirdisch niedrig, er liegt meist weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn, obwohl gerade Tierhalter sieben Tage die Woche hart arbeiten. Auch erschweren immer mehr Vorschriften und Auflagen ihren Alltag, die oft fernab jeder Praxis erdacht werden, ohne dabei einen Nutzen für Tierwohl oder Umwelt zu steigern.
Ohne gezielte Unterstützung und faire Bezahlung wird es bald keine regionalen Bauern mehr geben. Mit ihnen verschwindet auch das Wissen um nachhaltige Tierhaltung und regionale Produktion.
Fleischer in der Krise
Auch die Fleischerei ist davon massiv bedroht. Sie ist ein hoch spezialisiertes Handwerk und erfordert Fachwissen, Erfahrung und Leidenschaft. Und auch ihr mangelt es an gesellschaftlicher Anerkennung.
Der Preisdruck im Handel macht es Fleischern zunehmend schwerer, ihre Betriebe zu halten. Dazu kommen überbordende Bürokratie und regulatorische Auflagen, die für die Fleischhauer kaum mehr nachvollziehbar sind. Viele gehen im Papierkram unter. Hält diese Entwicklung an, verlieren wir nicht nur die Bauern, sondern auch unsere Fleischer – und damit die Möglichkeit, Fleischprodukte mit Herkunftsgarantie aus echter Handwerkskunst zu genießen.
Wertschätzung beginnt auf dem Teller
Es muss uns wieder bewusst werden, was auf unseren Tellern landet und woher das Fleisch überhaupt kommt. Gutes Fleisch wünschen sich viele, doch nur wenige nehmen den kurzen Weg zur Fleischerei oder direkt zum Landwirt in Kauf. Stattdessen greifen sie im Supermarkt zum All-in-one-Angebot. Dabei wissen die Landwirte und Metzger jeden einzelnen Kunden zu schätzen, der sich bewusst für ihre Waren entscheidet.
Es geht auch nicht darum, mehr Fleisch zu essen, sondern um einen bewussteren Fleischkonsum. Fleisch aus dem Ausland, oft tage- oder wochenlang gereist, mag zwar billiger angeboten werden. Auf dem Preisschild stehen aber selten die wahren Kosten für unsere Bauern, Fleischer und letztlich unsere Umwelt.
Der Mythos vom teuren regionalen Fleisch
Dabei muss gutes Fleisch nicht immer teuer sein. Die Preise bei regionalen Direktvermarktern und Fleischereien liegen oft unter jenen im Supermarkt. Mit strittiger Werbung gelingt es den großen Handelskonzernen oft, dies zu verschleiern und die Konsumenten zum Griff nach vermeintlich günstigen Fleischprodukten zu verleiten. Dagegen erhält man beim Landwirt oder Fleischer seines Vertrauens nicht nur höchste Qualität, sondern auch den besten Service und die ehrlichsten Informationen. Denn letztere wissen genau, was sie tagtäglich verkaufen. Anders als die meisten Supermarktverkäufer können sie Auskunft über Herkunft, Haltung und Verarbeitung der Tiere geben – ein Wissen, das in unserer Gesellschaft zunehmend verloren geht.
Das Prinzip „Nose to Tail“
Das Prinzip „Nose to Tail“, also „Vom Kopf bis Schwanz“, bedeutet, dass nicht nur die Edelteile wie Filet oder Steak verwendet werden, sondern das gesamte geschlachtete Tier verwertet wird. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern sorgt für kulinarische Vielfalt. Indem man auch weniger bekannte Fleischstücke in seinen Speiseplan integriert, unterstützt man nicht nur die Land- und Fleischwirtschaft, sondern verschwendet weniger Lebensmittel.
Die Gesellschaft hat auch Verantwortung
Wenn wir also weiterhin auf günstige Fleischprodukte setzen und regional produzierte Lebensmittel ignorieren, verlieren wir nicht nur unsere Bauern und Fleischer, sondern auch ein Stück unserer Tradition und kulturellen Identität. Es ist Zeit, umzudenken: Mehr Wertschätzung, faire Bezahlung und bewusster Konsum sind der Schlüssel zu einer nachhaltigen Zukunft. Der Erhalt unserer Landwirtschaft und unseres Handwerks ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine gesellschaftliche Verantwortung.
Mein Resümee
Wenn wir nicht handeln, wird regionales Fleisch für viele bald nur noch eine nos-talgische Erinnerung sein, unleistbar, weil nur noch in der gehobenen Gastronomie erhältlich, während das angebotene Fleisch in den Kühlregalen der Supermärkte weit gereist von anonymen Erzeugern dominiert wird. Jeder Einkauf ist also ein persönliches Statement.

Florian Haslinger
Er ist Landwirt, auch Metzgermeister, diplomierter Fleischsommelier sowie Inhaber eines Onlineshops namens Fitmeat für regionales Fleisch.
- Bildquellen -
- Florian Haslinger: Haslinger
- Fleischverarbeitung: adobestock.com