Direktvermarktung: “Gebt Bauern den Vorzug”

Die Ankündigung des Rewe-Konzerns seine "Billa-Boxen" künftig vermehrt im ländlichen Raum einzusetzen, sorgt für Aufregung in der Landwirtschaft. Es wird mehr Rücksicht auf bäuerliche Direktvermarkter gefordert.

Die Landwirtschaftskammer Steiermark rund um Präsident Franz Titschenbacher wandte sich mit einem offenen Brief an die Bürgermeister der 287 steirischen Gemeinden. Das Anliegen: Bäuerlichen Direktvermarktern bei der Errichtung von Selbstbedienungsläden den Vorzug zu geben. 

Hintergrund des Schreibens ist, dass Konzerne wie Rewe den Selbstbedienungs-Direktvermarktungsmarkt für sich entdeckt haben. Wie berichtet, eröffnete Rewe zuletzt vier “Billa-Boxen” in Kärnten und kündigte an, weitere dieser Selbstbedienungs-Filialen im ländlichen Raum errichten zu wollen. Zwar wird seitens des Konzerns betont, dass unter den 200 angebotenen Produkten etwa 190 direkt von Bauern aus der Umgebung stammen, die Kritik aus der Landwirtschaft ist dennoch groß. 

Preisdruck durch kopiertes Modell

So sieht man auch in der Landwirtschaftskammer Steiermark die angekündigte Ausbauwelle von Boxen und Kleinstläden großer Handelskonzerne kritisch. „Die heimischen Bäuerinnen und Bauern haben während der Corona-Pandemie aus der Not heraus – um die Bevölkerung sicher und kontaktlos mit regionalen Lebensmitteln zu versorgen – die kleinen Selbstbedienungsläden erfunden. Es ist nicht einzusehen, dass diese Innovation und dieses mittlerweile sehr beliebte Nahversorgungsmodell von potenten Handelskonzernen kopiert und damit letztlich gefährdet wird“, zeigt sich Präsident Franz Titschenbacher besorgt.

Befürchtet wird ein noch härterer Preisdruck der Handelsriesen zum Schaden der Bauern. Außerdem sorgt man sich darum, ob die bäuerlichen Direktvermarkter in solchen Handelsketten-Läden überhaupt dauerhaft gelistet bleiben. Deshalb habe man sich einem offensiven Schreiben an die Gemeinden gewandt. Kammerdirektor Werner Brugner erklärt, die  Landwirtschaftskammer wolle so mögliche Standorte von Selbstbedienungsläden für die bäuerlichen Direktvermarkter sichern sowie die Wünsche der Bevölkerung nach den regionalen Lebensmitteln mit kurzen Transportwegen erfüllen. “Und es geht darum, dass durch bäuerliche Innovationen die Höfe abgesichert werden können”, betont Brugner. 

Verkauf von selbst Erzeugtem erlaubt

Auch in Niederösterreich regt sich gegen die Rewe-Pläne Widerstand, wie orf.noe.at berichtete.  Es wird dabei zwar eingeräumt, dass eine solche Box in gewissen Region für manche Bauern ein Chance darstellen könnte. Die Direktvermarkter im Land zeigen allgemein aber wenig Begeisterung für den Rewe-Vorstoß und betrachten diese Pläne als massiven Eingriff in die bäuerliche Struktur der Direktvermarkter. Besonders kritisch werde es dann, wenn bereits bestehende bäuerliche Selbstbedienungsläden eine “Billa-Box” in die Nachbarschaft bekämen.

In der Steiermark weisen Titschenbacher und Brugner deshalb auch noch auf die rechtliche Lage für die Direktvermarkter hin. Demnach unterliege der Verkauf von bäuerlichen Produkten in Selbstbedienungsläden im Namen und auf Rechnung des Produzenten nicht der Gewerbeordnung. Dadurch kommt das Öffnungszeitengesetz nicht zur Anwendung, denn das gilt  ausschließlich für Gewerbebetriebe. Immerhin handelt es sich bei den in Selbstbedienungsläden angebotenen bäuerlichen Produkten nicht um Zukaufprodukte, sondern um Erzeugnisse, die direkt vom jeweiligen produzierenden Bauern zum Kauf angeboten werden.

- Bildquellen -

  • BILLA: BILLA/Patrick Sommeregger-Baurecht
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AUTORAIZ/red.V.S.
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