Zapfsäule
Vereinzelt leer gekaufte Tankstellen sorgten im Osten Österreichs für Verunsicherung.

Seit Juni ist Treibstoff nicht nur wegen steigender Preise zunehmend im Gespräch, auch Gerüchte über Engpässe machen medial die Runde. Nachdem die Generalüberholung der Raffinerie Schwechat mit einer Beschädigung der Destillationskolonne und anschließender Freigabe von 212.000 Tonnen Diesel und 56.000 Tonnen Benzin aus der Pflichtnotstandsreserve (PNR) endeten, ist die Situation am österreichischen Treibstoffmarkt angespannt.

Hintergründe
Branchenkenner berichten, dass derzeit neben der OMV Raffinerie in Schwechat auch andere europäische Anlagen von Produktionsausfällen betroffen sind. Erschwerend komme hinzu, dass geringere Mengen russischer Kraftstoffprodukte am europäischen Markt verfügbar seien. Auch die Lockerungen der Corona-Maßnahmen führten seit Ende Februar zu erhöhter Nachfrage nach Treibstoff. Der Güterverkehr habe massiv zugenommen, genauso der Sommertourismus, all das lasse die Nachfrage nach Diesel und Benzin stark steigen, hieß es aus der OMV-Zentrale in Wien. Einige EU-Länder haben bereits Mengen- und Preisregulierungen verhängt, um auf die Verunsicherung und gesteigerte Nachfrage zu reagieren.

OMV und Lagerhäuser beruhigen
Für die österreichischen Bauern, welche jährlich rund 250 Mio. Liter Diesel für Traktoren und selbstfahrende Erntemaschinen benötigen, wären derartige Einschränkungen mitten in der Ernte fatal. Oliver Eisenhöld, Genol-Geschäftsführer, kann hier jedoch Entwarnung geben: „Als Energielieferant der Lagerhaus Genossenschaften beliefern wir diese weiterhin kontinuierlich mit Treib- und Brennstoffen in derselben Relation wie in den Vorjahren.“ Von der OMV erhalte man derzeit 70 bis 80 Prozent der vertraglich vereinbarten Mengen „Durch den Ausfall müssen Heizöl, Diesel und Benzin von anderen Standorten geholt werden. Dies stellt aktuell eine große Herausforderung dar.“ Hauptproblem sei dabei die Logistik durch Corona-Ausfälle und Urlaubszeit.

„Wir bemühen uns um die ausreichende Versorgung der Landwirte.” 

Landwirte müssten derzeit allerdings keine gesonderten Maßnahmen ergreifen, um ihre Treibstoffversorgung sicherzustellen. Eisenhöld dazu: „Wir bemühen uns laufend um die ausreichende Versorgung der Landwirte. Wir empfehlen rechtzeitig den benötigten Bedarf zu bestellen, um längere Lieferzeiten zu überbrücken. Von einer Bevorratung raten wir ab.“ Auf die Bereitstellung von Schmierstoffen haben die derzeitigen Verwerfungen außerdem keinerlei Auswirkungen, wie man in Korneuburg ebenfalls beruhigt.

Preisgestaltung und Perspektiven
In Schwechat rechnet das eigens für die Reparatur etablierte Einsatzteam mit einem vollständigen Neustart und Vollauslastung der Raffinerie bis September. Bis dahin hat die OMV ein alternatives Versorgungssystem entwickelt, um die fehlende Produktion zu ersetzen. Am Standort Schwechat wurde die Rohöldestillation in einer kleineren, vorhandenen Anlage maximiert, sodass diese rund 20 Prozent des Bedarfs decken kann. „Der überwiegende Rest stammt aus anderen Beständen und Produktionen des OMV Konzerns bzw. vom internationalen Markt“ so hieß aus der OMV-Pressestelle.

Man sei sich jedenfalls der Verantwortung bewusst und sehe das Hauptproblem derzeit in der Logistik. Was all das für die Preise an der Zapfsäule bedeutet könne allerdings niemand einschätzen. „Die Preisentwicklung ist von den politischen Rahmenbedingungen abhängig“ winkt etwa Genol-Chef Eisenhöld ab. Energieministerin Gewessler hatte diesbezüglich bereits Anfang Juli verkündet, dass man die Situation jeden Tag neu beurteile, und wenn es notwendig sei, „umsichtig“ aktiv werden würde. Indes könnte eine Erhöhung der Ethanol-Beimengung auf 10 Prozent bei Benzin und Diesel (E10 bzw. B10) Abhilfe bei der Sicherstellung der Versorgung schaffen, wie die Plattform Erneuerbare Kraftstoffe kürzlich anmerkte. Dass das Potenzial da wäre, betonte Plattform-Obmann Johannes Schmuckenschlager: „Derzeit liegt die heimische Produktion bei 200 Prozent des Inlandsverbrauchs.“

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AUTORClemens Wieltsch
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