Corona hat den Megatrend Regionalität mit einem Turbo versehen.“ Zu diesem Schluss kommt Werner Beutelmeyer, Geschäftsführer des Market Instituts, auf Grund einer aktuellen Studie. 54 Prozent und damit mehr als jeder Zweite gaben an, dass sie als Folge der Corona-Krise regional einkaufen, um die Region und ihre Unternehmen zu unterstützen. Der Meinungsforscher kam auch zu einem weiteren Befund: Neben der Exekutive und Mitarbeitern des Gesundheitssystems wurden die Bäuerinnen und Bauern als beste „Krisenmanager“ eingestuft. „Es gibt eine erstaunlich hohe Identifikation mit dem Sektor Landwirtschaft. Die Solidarität hat stark zugenommen. Das ist ein fantastisches Fundament für die Zukunft und dieses gilt es jetzt zu nutzen“, betonte Beutelmeyer.
Gesamte Branche wird in hohem Maße unterschätzt
Wie das gelingen kann, wurde bei einem Pressegespräch, initiiert von Agrarlandesrat Max Hiegelsberger, diskutiert: „Wir brauchen eine Preisbasis – auch in der Aufteilung der Wertschöpfungskette – bei der auch die Landwirtschaft einen gerechten Anteil bekommt“, fordert der Landesrat.
Gregor Dietachmayr, Sprecher der Geschäftsführung beim Landtechnikhersteller Pöttinger, hielt fest: „Sowohl die Landwirtschaft und damit verbunden auch die Landtechnik wird in hohem Maße unterschätzt. Erstens in ihrer Leistungsfähigkeit und zweitens in ihrer Hochtechnologie.“ Dietachmayr ist überzeugt: „Die Landwirtschaft bekommt nicht die Wertschätzung, die sie eigentlich verdient.“ Bei Gesprächen mit jungen Landwirten bemerke er immer wieder, dass viele in der Öffentlichkeit am liebsten gar nicht über ihren Beruf reden wollen, weil dieser oftmals sehr kritisch beäugt werde: „Das ist eine grausame Doppelmoral unserer Gesellschaft“, so Dietachmayr und richtet einen Appell an die Landwirte: „Ihr dürft euch nicht für euren Beruf schämen.“
Neben mehr Wertschätzung für die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern fordert Dietachmayr auch entsprechende Verdienstmöglichkeiten der kleinstrukturierten Landwirtschaft. Als Beispiel hierfür nannte er den Milchpreis: Nur wenige Cent würden hier über das Weiterexistieren der heimischen Betriebe entscheiden, während es für die Konsumenten übers Jahr gerechnet lediglich um Mehrkosten in Höhe von drei bis vier Euro gehe.
Leberkäse: Rückverfolgbarkeit kostet nur einen Cent
Florian Hippesroither, Geschäftsführer der Firma Gourmetfein, kritisierte, dass das Thema Regionalität in der Werbung überstrapaziert werde: „Bei vielen Produkten wird mehr in die Werbung als in die Qualität investiert“, so Hippesroither. Gourmetfein ist ein Vorreiter bei der Ausweisung der Herkunft. 2014 habe man damit begonnen. Die Rückverfolgbarkeit auf den Produkten reicht bis zum Bauern zurück: „Beim klassischen Leberkässemmerl kostet die Rückverfolgbarkeit nur einen Cent! Wir haben die Umsetzung der Herkunftskennzeichnung geschafft. Das zeigt: Es ist eine Frage des Wollens und nicht des Könnens“, betonte Hippesroither, der in diesem System einen weiteren Mehrwert sieht: „Wir holen die Bauern aus der Anonymität. Sie wissen, wo ihre Schweine hinkommen und was aus ihnen wird.“ Nebenbei profitieren Gourmetfein-Lieferanten auch finanziell. Sie erhalten Zuschläge für die Fütterung und lukrieren im Schnitt 15 Euro mehr pro Schwein.
Handel schenkt zehn Prozent Preisspielraum her
„Der Preis wird als Wettbewerbsinstrument des Handels eingesetzt. Dieser setzt hier seine Marktmacht ein und schenkt bei regionalen Produkten viel Preisspielraum her“, betonte Beutelmeyer. Seiner Analyse zu Folge beträgt der Preisspielraum des Handels circa zehn Prozent. Hippesroither bestätigt diese These: „Die Konsumenten sind bereit mehr zu zahlen, sonst würde es unser Unternehmen nicht geben.“
Hiegelsberger sieht die Herkunftskennzeichnung als einen wichtigen Schritt: „Der Konsument muss frei entscheiden können was er kauft und was er isst. Bei einem Fleischpreis von 2,99 Euro gibt jeder die Forderung nach Tierwohl an der Kassa ab.“
- Bildquellen -
- 31I1510: Land OÖ