“Der SV-Beitrag muss für Bauern leistbar bleiben”

Schurm:
Schurm: “Wenn wir uns zum Familienbetrieb bekennen, braucht es entsprechende Maßnahmen. ©BZ/Pichler
Mit der Einheitswertneufeststellung werden die Beiträge an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) angepasst. In diesem Zusammenhang soll das Beitragssystem auf Praxisgerechtheit und Treffsicherheit überprüft werden. Für Ludwig Schurm sind Änderungen vor allem in der Option und bei Zupachtungen notwendig.

Das Versenden der neuen Einheitswerte an die Betriebe verzögert sich. Die Vollversammlung der LK OÖ hat gefordert, die Wirksamkeit der SVB-Beitragsrechnung auf Basis der neuen Einheitswerte um ein Jahr auf 1. Jänner 2018 zu verschieben.
Ludwig Schurm: Wenn das Finanzamt es nicht schafft, die neuen Ein­heitswertbescheide bis Mitte des Jahres zu verschicken, wird die Einar­beitung der Daten für die SVB kaum be­wältigbar sein. Dann ist die Forderung der LK OÖ berechtigt. Die Verschiebung liegt aber nicht in der Hand der SVB. Das wäre eine gesetzliche Än­derung und die muss im Parlament beschlossen werden.

Die meisten Bauern befürchten eine Beitragserhöhung. Wie geht man in Zeiten sinkender Agrareinkommen und anhaltender Marktkrise damit um?

Sschurm: Jene Betriebe, die bisher einen geringen landwirtschaftlichen Einheitswert hatten, werden von der Erhöhung am meisten betroffen sein. Auch, weil sich die Betriebe entwickelt und vergrößert haben sowie durch die Einbeziehung der Prämien in die Einheitswerte. Das ist Faktum, hat aber nicht nur Nachteile. Denn niedrige Einheitswerte bedeuten eine geringe Pension, wo wir dann die Ausgleichszulage brauchen. Vor allem in der Pensionsversicherung sind höhere Beiträge mit höheren Leistungen verbunden. Ein Großteil kommt vom Staat dazu. Das müssen wir den Versicherten schon auch bewusst machen. Jede private Absicherung für die Pension würde teurer kommen.
Für Härtefälle wurden im Rahmen der Steuerreform 15 Millionen Euro an Beitragsrückerstattung reserviert, um Härten bei jenen Betrieben abzufedern, deren Einheitswert um mehr als zehn Prozent steigt.
Mein Ziel als bäuerlicher Vertreter ist es, dass der SVB-Beitrag auch für die kleineren Betriebe leistbar bleibt und sie sich entwickeln können.

Sind Hilfestellungen für die Bauern in der anhaltend schwierigen Situation möglich?
Im vorigen Jahr haben unsere agrarischen Vertreter mit BB-Landesobmann Max Hiegelsberger an der Spitze es geschafft, mit Landeshauptmann Josef Pühringer auf Landesebene ein Maßnahmenpaket auf die Beine zu stellen, das allen Bauern geholfen hat. Auf unbürokratischem Weg wurde den bäuerlichen Versicherten 25 Prozent des SVB-Beitra- ges in einem Quartal rückerstattet, was immerhin zehn Millionen ausgemacht hat. In der derzeitigen Situation mit sinkenden Agrareinkommen sollte man darüber nachdenken, die jährliche Beitragsanpassung einmalig auszusetzen, um den Bauern Verständnis für ihre Situation zu signalisieren.

Im Zuge der Anpassung an die neuen Einheitswerte soll das Beitragssystem auf Praxisgerechtheit und Treffsicherheit überprüft werden…
Schurm: Der designierte Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich Josef Plank hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die auf Expertenebene alle Fragen diskutieren wird. Das Ziel muss ein zukunftsfähiges System sein – für die Bauern und für die SVB selbst.

In welchen Bereichen gibt es Verbesserungsbedarf?
Schurm: Ich sehe einen Ansatz darin, den Einstieg in die Option zu erleichtern. Mit der Option hat man die Wahlmöglichkeit, seine Beiträge nicht pauschal nach dem Einheitswert, sondern aufgrund der tatsächlichen Einkünfte zu entrichten. Gegenüber anderen Versicherungsträgern ist aber bei der bäuerlichen Sozialversicherung die Mindestbeitragsgrundlage für den Einstieg höher. Das wäre vor allem für den Erhalt der kleineren Betriebe eine wichtige Maßnahme. Wer sich bewusst für die Weiterführung des Betriebes entscheidet, soll nicht durch hohe Abgabenleistungen daran gehindert werden. Wenn solche Betriebe verpachten, finden oft nur die Gunstlagen einen Pächter und die schwieriger zu bewirtschaftenden Flächen bleiben auf der Strecke. Ich sehe das aber auch aus Sicht der SVB positiv. Denn größere Betriebe kommen in die Höchstbemessungsgrundlage und da haben wir dann als SVB auch nicht mehr davon.

Und es hat Auswirkungen auf den Pachtmarkt…
Schurm: Ein größerer Betrieb tut sich leichter, weil er durch die Beitragskurve pro Hektar weniger in die Sozialversicherung einzahlt als ein kleinerer oder mittlerer Betrieb. Eine Idee wäre, für die Zupachtfläche einen einheitlichen Beitragssatz zu nehmen. Damit würde man mehr Chancengleichheit ins System bringen.

Besteht in der Diskussion nicht die Gefahr, dass es zu “groß gegen klein” kommt?

Schurm: Gerechtigkeit sieht jeder durch seine eigene Brille. Ein Pauschalsystem kann nie zu 100 Prozent gerecht sein. Wenn wir uns aber zum bäuerlichen Familienbetrieb bekennen, braucht es entsprechende Maßnahmen. Das System muss für die Betriebe leistbar bleiben. Dafür arbeiten wir.

Zur Person

Ludwig Schurm ist seit 2012 einer von zwei Stellvertretern von SVB-Obfrau Theresia Meier. Am 26. Jänner 2016 wurde er in dieser Funktion bestätigt. Als Versichertenvertreter ist er bereits seit 1999 Teil der Generalversammlung der SVB. Ludwig Schurm ist Bezirksobmann des Bauernbundes Eferding. Mit seiner Familie bewirtschaftet er einen gemischten Ackerbaubetrieb mit zusätzlicher Legehennenhaltung in Alkoven.

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