Der Konsument entscheidet, wie Schweine künftig gehalten werden

Die heimischen Schweinebauern brauchen gesellschaftliche Akzeptanz, um ihrem Versorgungsauftrag nachkommen zu können. Darüber müssen Konsumenten Bescheid wissen.

Landwirtschaft zeigen, wie sie wirklich funktioniert: Georg Strasser mit Journalistinnen und Journalisten auf Betriebsbesuch bei Schweinemästern im westlichen Mostviertel.

Die heimische Schweinebranche findet sich verstärkt im Spannungsfeld zwischen steigenden Anforderungen an die Produktion und der Notwendigkeit, die Lebensmittel­eigenversorgung auch in Krisenzeiten sicherzustellen. Dass es dazu auch unterschiedliche Produktionsweisen braucht, wurde bei einem Besuch von Bauernbundpräsident Georg Strasser, AMA-Qualitätsmanager Martin Greßl und Werner Habermann, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf (EZG) bei zwei Betrieben im westlichen Mostviertel klar. (Die Bauern­Zeitung berichtete vergangene Woche).

Manfred Bauer produziert „was am Markt nachgefragt ist“

Manfred Bauer bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie einen gemischten Betrieb mit Ackerbau sowie Schweinezucht und -mast in der Nähe von St. Valentin. 2013 hat er in dritter Generation den Betrieb von seinen Eltern übernommen und seitdem laufend in Gebäude und Technik investiert. Einerseits, um den ständig steigenden Anforderungen gerecht zu werden und andererseits, um Arbeitsspitzen zu kompensieren. Dem Landwirt ist es wichtig, nicht auf Fremdarbeitskräfte angewiesen zu sein, weil das den Betrieb flexibler mache.

„Dem Arbeiter ist es egal, wie der Schweinepreis notiert. Er bekommt am Monatsende immer das gleiche. Ohne Fremdarbeitskräfte sind meine Fixkosten überschaubarer“, so Bauer. Dass es in Österreich zum größten Teil bäuerliche Familienbetriebe sind, die Landwirtschaft betreiben, sieht er als große Stärke, ebenso das Denken dieser Betriebe in Generationen.

Für die Vollspalten hat sich Manfred Bauer bei der Erweiterung seines Maststalles im Jahr 2019 ganz bewusst entschieden: „Weil es ein bewährtes Haltungssystem ist und für uns damit die Arbeit im Familienverband zu bewältigen ist. Außerdem produzieren wir so, was am Markt nachgefragt ist.“ Schon Bauers Eltern haben entsprechend der Richtlinien des AMA-Gütesiegels produziert. Für seinen Betrieb bedeutet das konkret, dass er anstatt 900 (bei Produktion entsprechend der gesetzlichen Mindestanforderungen) nur 800 Mastplätze zur Verfügung hat.

„Wir können das Pferd nicht einfach verkehrt herum aufzäumen und alle Betriebe nur mehr nach Bio- und Tierwohl-Richtlinien produzieren“, warnt Manfred Bauer vor unüberlegten Investitionen seiner bäuerlichen Berufskollegen. Vielmehr sieht er die Konsumenten in der Pflicht, die „nicht nur Tierwohl fordern dürfen, sondern dieser Forderung auch beim Einkauf Rechnung tragen müssen.“ Am Ende des Tages müsse die Rechnung für den einzelnen Betrieb stimmen, weil „wer die Schweinehaltung einmal aufgegeben hat, steigt nicht mehr ein.“

Helmut Halbartschlager – Pionier der Tierwohlhaltung

Helmut Halbartschlager in Weistrach ist als Pionier bereits 2016 in die Tierwohl-Produktion eingestiegen. 2021 hat er die Hälfte des Betriebes an seinen Sohn Martin übergeben, der rund 250 Meter von der bisherigen Hofstelle entfernt einen neuen Schweinestall errichtet hat, in dem er nach den höchsten Tierwohlstandards (Modul „Tierwohl sehr gut“) produzieren kann. Derzeit wird aber auch im neuen Stall nach dem Standard „Tierwohl gut“ produziert, denn die noch einmal höheren Produktionskosten können am Markt derzeit nicht untergebracht werden.

„Es ist vor allem die langfristige Perspektive, die uns zur Tierwohlproduktion veranlasst haben“, betonen Helmut und Martin Halbartschlager unisono. Nach ihrer Einschätzung sei es eine Frage der Zeit, bis die Vollspaltenhaltung gesellschaftlich keine ausreichende Akzeptanz mehr finde und dann brauche der Betrieb keine kostenintensiven Umbauten vornehmen.

„Gegenüber herkömmlichen Haltungssystemen produzieren wir sicher um ein Drittel teurer“, sind sich die Halbartschlagers im Klaren, dass ihre Produktionsweise die Bereitschaft der Konsumenten benötige, höherpreisig einzukaufen.

Dafür brauche es aber entsprechende Werbe- und vor allem Informations­maßnahmen, um die unterschiedlichen Haltungssysteme und die damit verbundenen empfindlich höheren Produktionskosten den Menschen zu erklären.

Freude an der Landwirtschaft eint unterschiedliche Betriebe

Nur wenige Kilometer voneinander entfernt haben die beiden Betriebe unterschiedliche Produktionsphilosophien, die beide ihre Berechtigung und Legitimität haben. Was die beiden dennoch eint, ist die Freude der ganzen Familie an der Landwirtschaft und der enorme Druck auf den wirtschaftlichen Erfolg durch stark ansteigende Betriebskosten. Und die Gewissheit, dass es die Kaufentscheidung der Konsumenten ist, die darüber bestimmt, wohin die Reise in der heimischen Schweinebranche gehen wird.

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  • 10 01 16 22 NO: Eva Riegler
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AUTOREva Riegler
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