Gülle ist ein wertvoller Dünger. Der als Ammoniak vorhandene Stickstoff entweicht jedoch teilweise gasförmig. Mit entsprechender Technik und passenden Verfahren können diese aus mancherlei Gründen problematischen Verluste minimiert werden.
Gasförmige Stickstoffausgasungen bedeuten nicht nur wirtschaftliche Verluste für die Betriebe. So ist Ammoniak (NH3) eine Vorläufersubstanz für den
gesundheitsgefährdenden Feinstaub und belastet Ökosysteme durch Eutrophierung und Versauerung.
NEC-Richtline zwingt zur Reduktion
In den kommenden Jahren werden die Emissionen sinken müssen. Denn die EU-Richtlinie 2016/2284 (NEC) sieht für Österreich eine Verringerung der Ammoniakemissionen bis 2030 um mindestens 12 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 2005 vor. „2018 ist dann das Emissionsgesetz Luft in Kraft getreten, das als Grundlage diese NEC-Richtlinie beinhaltet. Das wiederum hat zur Berichterstattung im nationalen Luftreinhalteprogramm geführt und schlussendlich 2022 zur Ammoniakreduktionsverordnung“, erläuterte Dieter Kreuzhuber vom Kuratorium für Landtechnik (ÖKL) bei einem Webinar des Kuratoriums zum Thema Stickstoffkreislauf.
Im Vergleich zu anderen Staaten wirkt Österreichs Reduktionsziel bescheiden. Laut Franz Xaver Hölzl von der BWSB der LK Oberösterreich muss etwa Deutschland bis 2030 um 29 Prozent reduzieren, Ungarn um 32 Prozent und der EU-Durchschnitt um 18 Prozent. „Aufgrund der nicht so intensiven Tierhaltung hat Österreich einen guten Prozentsatz ausverhandelt“, so der Experte. Trotzdem warnte er davor, dass auch das Ziel minus 12 Prozent eine enorme Herausforderung darstelle. Denn, so Hölzl: „In Österreich ist bei den Ammoniakemissionen noch immer ein leicht steigender Trend vorhanden.“ Hohe Strafzahlungen würden letztlich bei Nichteinhaltung der Ziele im Raum stehen.
Abdeckungsproblem
Im Hinblick auf die Ammoniakemissionen sei primär die Landwirtschaft
gefordert. Laut Österreichs Umweltbundesamt kommen 94 Prozent aus diesem Sektor. Förderstandards und Anreize sollen für eine Entschärfung des Problems sorgen und werden auch gerne angenommen.
Weniger glücklich sind die Landwirte und ihre
Vertreter über manche Bestimmungen in der Ammoniakreduktionsverordnung des Klimaschutzministeriums. Für Irritationen sorgt insbesondere Paragraf 5. Gemäß diesem sind Anlagen oder Behälter zur Lagerung von flüssigem Wirtschaftsdünger und flüssigem Gärrest ab einem gesamtbetrieblichen Fassungsvermögen von 240 Kubikmetern ab Anfang 2028 mit einer dauerhaft wirksamen, vollflächigen Abdeckung auszustatten. Nur wenn dies bei Bestandsanlagen nachweislich technisch nicht möglich ist, darf eine flexible Abdeckung verwendet werden. „Technisch ist vermutlich sehr viel möglich“, so Kreuzhuber. Es drohe eine aufwendige Nachrüstung mit Betondecke oder Zeltdach, mit einem Mindestmaß an Belüftung (wegen Methanausgasung und Explosionsgefahr, aber auch Arbeitnehmerschutz). BWSB-Fachmann Patrick Falkensteiner dazu: „Derzeit finden Verhandlungen betreffend Abmilderung der festen Abdeckungen von Güllegruben statt.“
Vom ÖKL-Baukreis wurden indes die Kosten für nachträgliche, dauerhaft wirksame Abdeckungen bei Betonbehältern abgeschätzt: Bei einer Güllegrube mit 14 Metern Durchmesser kommt das ÖKL bei der Variante Betondecke (nicht befahrbar) auf rund 40.000 Euro (250 €/m2), samt der wegen des zu erwartenden Sulfatangriffs normgemäß notwendigen Beschichtung der Bestandsanlage; bei der Variante Membrandach
(freitragend oder mit Mittelstütze, ebenfalls inklusive Polymerbeschichtung) auf rund 30.000 Euro (190 €/m2). Vom Baukreis wird zudem der Güllekeller emissionstechnisch als offenes Güllelager angesehen. Bei Neubauten wird daher von solchen Systemen abgeraten.
Viele Wege führen zu weniger Emissionen
Die bei der Tierhaltung verursachten Ammoniakemissionen sind laut Umweltbundesamt vor allem durch die Ausbringung des Wirtschaftsdüngers (45 %), den Stallbereich (37 %) und die Lagerung (14 %) bedingt. Bei den Tierarten dominieren die Rinder (61 %) vor den Schweinen (20 %). Entsprechend der unterschiedlichen Quellen gibt es mehrere Bereiche, wo angesetzt werden kann, von der Tierfütterung bis zur Einarbeitung des Wirtschaftsdüngers.
Die grundsätzlich zur Verfügung stehenden Eingriffsmöglichkeiten ergeben sich dabei aus der Biologie, Physik und Chemie. NH3 entsteht überwiegend aus Harnstoff im Harn mit Hilfe des Enzyms Urease aus dem Kot. Das in der Gülle vorhandene NH3 steht mit jenem der Umgebungsluft im Gleichgewicht. Ebenso stehen das gelöste Ammoniak und das Ammonium (NH4+) im Gleichgewicht, wie auch das gelöste NH4 mit mehr oder weniger fest gebundenen Formen. Durch Nitrifikation kann zudem Ammoniak bzw. Ammonium in Nitrat (NO3−) umgewandelt werden.
Dementsprechend können Ammoniakausgasungen etwa verringert werden durch:
• Verhinderung der Entstehung (etwa rasche Trennung von Kot und Harnstoff),
• Verringerung des Kontakts mit der Luft (im Hinblick auf Zeit, Flächen und Windgeschwindigkeit),
• Verringerung des pH-Wertes,
• auch Verringerung der Temperatur und
• Bindung oder Aufnahme von Ammonium.
Auf passende Ausbringung achten
Die Maßnahmen werden erfolglos sein, wenn Punkte am Schluss des Wirtschaftsdüngermanagements nicht beachtet werden und nahezu alles ausgast, was vorher mühsam in der Gülle gehalten wurde. Oder: „Nur mit der verbesserten Ausbringung können wir den Sack zumachen“, wie es Fachmann Hölzl ausdrückte.
Zahlreiche Versuche zeigen in der Tat, dass mit bodennaher streifenförmiger Ausbringung im Vergleich zum Prallteller eine deutliche Reduktion der Emissionen erzielt werden kann. Dabei gilt: Je geringer die benetzte Oberfläche und somit der Luftkontakt der Gülle ist, umso kleiner sind die Emissionen. Folglich nehmen diese in der Regel von Schleppschlauch über Schleppschuh bis Injektion ab.
Neben der richtigen Ausbringtechnik und dem -zeitpunkt sowie einer etwaigen vorgeschriebenen Einarbeitung ist auch die Konsistenz der Gülle wichtig. Sie kann durch Verdünnung oder durch Separierung optimiert werden. Mit letzterer Technik wird die flüssige Phase des Wirtschaftsdüngers von der festen getrennt. Die ausgebrachte dünnflüssige Komponente kann dann wesentlich besser in den Boden eindringen. Dadurch werden die Ammoniakemissionen und die Futterverschmutzung reduziert. „Gülle, die mitwächst, wird wieder mitgeerntet. Ganz egal ob breit verteilt oder bodennah“, mahnte Johannes Hintringer vom Maschinenring. Dazu kämen bei der Separierung weitere Vorteile: weniger notwendiger Gülleraum, weniger Fahrten am Schlag (Bodenschonung), geringere Geruchsbelästigung und die Einsparung von Strohzukauf, sofern der Feststoff als Streu verwendet werden kann. Nachteile gibt es natürlich auch: zusätzlicher technischer Aufwand und die Kosten.
Noch ein Tipp zur Gülletechnik: Unter bestimmten Bedingungen stehen für die bodennahe Gülleausbringung inklusive Gülleverschlauchung eine Investitionsförderung von 40 Prozent zur Verfügung sowie gemäß ÖPUL 2023 eine Unterstützung. Diese wird heuer gemäß Impulsprogramm landwirtschaftliche Investitionsförderung und vorbehaltlich der Zustimmung der Europäischen Kommission auf 1,10 Euro/Kubikmeter für das Schleppschlauchverfahren, 1,50 Euro/m3 für das Schleppschuhverfahren und 1,70 Euro/m3 für das Gülleinjektionsverfahren erhöht. Auch Separatoren und ihre Anwendung werden unterstützt.
Ammoniak und Laufstall: Oft stehen Tierwohlaspekte und Maßnahmen gegen Emissionen im Einklang. Es gibt aber auch gegenläufige Tendenzen. Ein Beispiel dafür ist das Abgehen von der Anbindehaltung im Rinderstall und die dadurch bedingten größeren verschmutzten Oberflächen, auf denen Ausgasung stattfinden kann. Aber auch hier kann man laut Georg Kreuzhuber vom ÖKL Gegenmaßnahmen setzen, und zwar durch Absenkung der Temperatur über gedämmte und hinterlüftete Dachflächen und durch Verkleinerung der emittierenden Oberfläche (geschlossener Fressplatz mit Fressplatzteiler und schmälerem Mistgang statt Fressgang) sowie die Verringerung des Emissionszeitraumes. Wichtig sei hier die rasche Trennung von Kot und Harnstoff. Dies könne etwa durch ein Zweiflächensystem mit eingestreuter Liegefläche, einem Kompoststall mit Einstreu zum Aufsaugen des Harns oder einem Rillenboden mit Kammschieber erreicht werden. Kreuzhuber: „Häufig wird als Ammoniakminderungsmaßnahme ein Quergefälle bei den Laufgängen mit einer Ausführungsqualität von zwei bis drei Prozent umgesetzt. Dann rinnt der Harn in eine Sammelrinne ab. Wesentlich für den Erfolg ist auch das häufige Entmisten mit Schieber oder Roboter und eine Bewässerung.“
Aktualisierte Fassung von 2. April 2024
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