Magere 30 Prozent erhalten die Bauern vom Verkaufserlös. Und das bereits seit mehreren Jahren.

Es geht nicht darum die Kosten der Produktion zu decken, sondern darum Einkommen für die Familie zu erwirtschaften“, bringt es Micha­ela Langer-Weninger auf den Punkt. Oberösterreichs Landwirtschaftskammer-Präsidentin spricht aus, was vielen Milchbäuerinnen und -bauern auf der Zunge und am Herzen liegt. Diverse Mengenrabatte und Minus-50-Prozent-Aktionen hinterlassen dieser Tage verunsicherte, aber vor allem ver-
ärgerte Bauern. Die Frage, die sich ihnen stellt: Ist meine harte Arbeit am Feld, im Stall und generell das ganze Jahr über, wirklich nicht mehr wert?

Der Bauernanteil an der Milch ist zu niedrig

Quelle: BB
Michaela Langer-Weninger: „Das Preisniveau ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Milchbauern, der mit viel Mühe ein hochwertiges Qualitätsprodukt herstellt.“

Fakt ist, seit Jahrzehnten sinkt der Anteil, den die Erzeuger am Verbraucherpreis der Milch erhalten. Magere 30 Prozent sind es aktuell (siehe Grafik). Gleichzeitig steigen aber Lebenserhaltungs- und auch Produktionskosten. Unterm Strich bleibt dem Landwirt trotz höheren Verkaufspreisen weniger übrig. „Früher konnte man dem noch mit Effizienzsteigerung entgegnen“, meint Langer-Weninger: „Eine weitere Fortführung gefährdet aber das Einkommen der Bauern und damit die Eigenversorgung.“ Es brauche daher ein starkes und klares Bekenntnis zu heimischen Produkten – und das nicht nur vom Konsumenten. „Wir fordern im Rahmen des Österreichpakts vom Handel, sich aktiv zu heimischen Milchprodukten zu bekennen und nicht mit überzogenen Aktionen die Preise zu ruinieren“, so Langer-Weninger.

Dumpingimporte werden seitens der bäuerlichen Interessensvertretung daher vehement abgelehnt. Sie sind nicht nur kontraproduktiv für die Milchproduzenten in Österreich, sondern sorgen auch dafür, dass wertvolle Lebensmittel entwertet werden. Mit dem Resultat von mangelnder Zahlungsbereitschaft und Lebensmittelverschwendung. In den Köpfen ist nämlich verankert: „Was nichts kostet, ist nichts wert.“ Für LK-Milchwirtschaftsreferent Michael Wöckinger steht ohnehin „der Wert und die Wertschätzung von Milch in einem erheblichen Missverhältnis dazu was ein Liter kostet.“

Lebensmittelhandel: Ein fairer Partner teilt den Profit

Rewe, Spar und wie die großen Handelskonzerne noch so heißen, sind die klaren Gewinner der Corona-Pandemie. Von den Umsatzrekorden ist bei den Geschäftspartnern – den Verarbeitern und Bauern – nichts angekommen. Das letzteren nun zusätzlich mit extremen Rabatten Druck gemacht wird, sorgt für Groll. Insbesondere da gerne mit den heimischen Landwirten, ihren Qualitätsprodukten und der naturnahen Produktion geworben wird. „Wenn man dann die ganze Aktionitis mitansehen muss, dann regt das zu Recht auf“, zeigt Langer-Weninger Verständnis. Es sei daher auch nicht auszuschließen, dass es bei weiteren Abweichungen im fairen Umgang zu solidarischen Aktivitäten der Bauern kommen könne.
Seitens der Landwirtschaftskammer bevorzugt man aber weiter den Dialog und nicht die Revolte. Schließlich gilt es Lösungen zu finden und Vereinbarungen zu treffen.

„Wenn man dann die ganze Aktionitis mitansehen muss, dann regt das zu Recht auf”

Schärfere Töne werden hingegen bezüglich verpflichtender Herkunftskennzeichnung für den Außer-Haus-Verzehr und bei verarbeiteten Lebensmitteln angeschlagen. „Ich fordere von Minister Mückstein vehement eine rasche Umsetzung. Wir brauchen eine entsprechende Kennzeichnung, um den Konsumenten darzulegen, von wo ein Produkt kommt und unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde“, so Langer-Weninger.

Langfristig führt für Kammerdirektor Karl Dietachmair aber kein Weg an Betriebswachstum vorbei: „Eine Betriebsentwicklung über die Größe ist unumgänglich. Die Deckungsbeiträge für konventionelle Qualitätsmilch bewegen sich im Schnitt der letzten Jahre auf nahezu gleichbleibendem Niveau.“ Außerdem befinde man sich im direkten Wettbewerb mit anderen EU-Staaten. Im Hinblick auf den Außenhandel gibt es aber auch erfreuliche Nachrichten für den heimischen Milchsektor. Der Export ist im Vorjahr weiter um vier Prozent gewachsen. Milchprodukte im Wert von insgesamt 1,3 Milliarden Euro wurden 2020 exportiert.

Milchwirtschaft in Zahlen
■ Jeder dritte Liter Milch kommt aus Oberösterreich; hier wirtschaftet ein Viertel aller österreichischen Milchbauern

■ 2010 gab es noch 10.500 oö. Milchlieferanten, 2020 waren es nur mehr 6300. Im selben Zeitraum ist die Milchanlieferung von 900.000 Tonnen auf mehr als eine Million gestiegen
■ 2002 wurde der erste Melkroboter installiert, mittlerweile gibt es 550 auf 525 Betrieben – Tendenz steigend

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  • 12 02 Langer Weninger Portraitfoto: BB
  • Anmerkung 2021 06 01 152728: : pigprox; lapencia - stock.adobe.com
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AUTORElisabeth Hasl
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