Das perfekte Schneidwerk

 ©Foto: Claas, Grafik: Feiffer
©Foto: Claas, Grafik: Feiffer
Frühere Mähdrescherleistungen von zehn Tonnen pro Stunde (t/h) haben sich bis heute verdrei- bis verfünffacht. Ein Schneidwerk von damals 2,5 Metern (m) ist jedoch um diesen Faktor nicht mitgewachsen. Das gilt auch in den kleinstrukturierten Gebieten, wo kleinere Schneidwerke angesagt sind.

Genug große Schneidwerke

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Entscheidend ist beim Fahren der psychologische Aspekt. Mähdrescherfahrer neigen zu einer “Wohlfühl-Geschwindigkeit”, die bei etwa fünf km/h liegt. Wird der nächst größere Mähdrescher angeschafft, ohne dass das Schneidwerk in den richtigen Dimensionen mitwächst, wird mit der leistungsfähigeren Maschine auch nur mit fünf km/h geerntet. Schnelleres Fahren bedeutet einerseits Stress für den Fahrer und könnte ihm andererseits den Vorwurf der schlechten Arbeitsqualität einbringen. Denn auch der Außenstehende am Feldrand verbindet eine hohe Fahrgeschwindigkeit mit Hektarjagd und höheren Verlusten. Diese psychologische Barriere sollte man mit einem größeren Schneidwerk knacken.
Läuft z. B. unter guten Weizenbedingungen ein Mittelklasse-Mähdrescher mit einer Leistung von 35 t/h, muss der Mähdrescherfahrer etwa acht km/h fahren, um ein Schneidwerk von sechs Metern Arbeitsbreite zu füttern – eine Geschwindigkeit, die er nicht lange durchhält. Pegelt er sich dann bei fünf km/h ein, verschenkt er fast 40 Prozent der Mähdrescherleistung.
Ein Hochleistungsmähdrescher spielt daher seine Leistung erst mit dem größeren Schneidwerk aus. Natürlich kann man an die Thematik auch umgekehrt herangehen: Wer eine bestimmte maximale Arbeitsbreite bevorzugt, z. B. fünf Meter, für den lohnt es nicht, eine Mähdrescherleistung oberhalb von 25 t/h einzukaufen.

Erträge und Struktur

Natürlich spielen die Erträge eine Rolle bei der Anschaffung des Schneidwerks. In Regionen mit Weizenerträgen von 70 bis 80 Dezitonnen pro Hektar (dt/ha) sollte man auf jeden Fall über größere Schneidwerke nachdenken. In Regionen mit etwa 100 dt Weizen pro Hektar kann das Schneidwerk 1 bis 1,5 m kleiner sein, zumal auch die Strohverhältnisse meist “deftiger” sind.
Wer oft umsetzen muss und das mit angebautem Schneidwerk tun kann, spart viel Zeit beim Umbau. Auf kleinen Flächen spielen deshalb größere Schneidwerke ihre Vorteile nicht so aus. Die Umrüstzeit wird folglich oft als Argument gegen ein größeres Schneidwerk angeführt. Wird ohnehin beim Umsetzen das Schneidwerk angehängt, spielt es zeitlich keine Rolle, ob das mit einem größeren oder kleineren Schneidwerk geschieht.
Ein breiteres Schneidwerk egalisiert auch die Bestandesunterschiede und die Arbeitsorgane werden gleichmäßig beschickt. Andererseits hat es wiederum viel größere Probleme bei ungünstigen Druschbedingungen wie Lager, Zwiewuchs, Unkraut und Bodenunebenheiten. Deshalb werden an die Bestandesführung und an die Bodenbearbeitung höhere Anforderungen gestellt. Je breiter das Schneidwerk, desto schwieriger wird die Strohverteilung. Breite Schneidwerke erfordern leistungsstarke Häcksler, die in der Lage sind das Häckselgut wieder auf die Breite zurückzuverteilen.

In Stellung bringen

Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig Beachtung dem Schneidwerk in der Wartung und Einstellung geschenkt wird, obwohl hier die Vorentscheidung für das Dreschen fällt.
Vor Beginn der Ernte wird das Schneidwerk ausgerichtet, um den Schnittwinkel der Messer und den Anstellwinkel von Fingern und Ährenhebern zu optimieren. Oft muss vom letztjährigen Maisdrusch auf Getreide zurückjustiert werden. Der Mähdrescher wird auf glattem Untergrund abgestellt. Natürlich muss der Reifendruck auf beiden Seiten gleichmäßig sein. Der empfohlene Einstellwinkel beträgt 12 bis 15 Grad. Am einfachsten wird mit einer drehbaren Winkelscheibe mit integrierter Wasserwaage justiert.
Wenn man das Schneidwerk am Halmteiler mit der Hand (ca. 60 bis 70 kg) anheben kann, ist die Schneidwerksentlastung richtig eingestellt.

Scharfe Messer

Das Messer ist höchsten Belastungen ausgesetzt. Bei einer Schneidwerksbreite von fünf Metern und einer Leistung von 2,5 ha/h muss jede Klinge etwa 200.000 Halme in der Stunde durchtrennen. Da kommt es auf Schärfe an. Wer hier spart, verliert an Schnitt- und Flächenleistung. Das ist wesentlich teurer als ein Klingentausch. Greifen die Halmzinken bei tiefer Stellung in das Messerwerk, brechen Klingenzähne aus. Die Klingen rupfen und reißen am Stroh. Das kostet Kraft, Diesel, Leistung und Nerven.
Problematisch ist auch der Doppelschnitt, der auftritt, wenn die Klingen zwar hinten noch im guten Zustand sind, aber im vorderen Bereich schon stärker verschlissen sind. Ein Teil der doppelt geschnittenen Strohteile gelangt meist in die Maschine und belastet die Abscheidung. Gerade zu Beginn der Ernte, wenn das Stroh noch grüner, zäher und feuchter ist, kommt es auf den guten Zustand der Klingen an.
Sind die Messerführungsschienen und -platten bzw. die Rollen verschlissen, werden die Schnittbewegungen nicht sauber ausgeführt. Die Schnittleistung sinkt, das Schneidwerk rupft. Das Höhenspiel des Messers sollte maximal einen Millimeter (mm) betragen.

Dagegen halten

Hier ist der Schnittspalt mehr als fünf Millimeter, das Messer
Hier ist der Schnittspalt mehr als fünf Millimeter, das Messer “schwimmt”. Die Kanten sind rund und können das Schnittgut nicht mehr präzise halten und schneiden. ©Schumacher
Die Mähfinger fungieren als Gegenschneide zur Messerklinge. Die Kufen sollen nicht rundgewetzt sein, sie bieten sonst keinen Halt mehr. Der Spalt in dem sich das Messer bewegt, sollte ein Maß von 3,8 bis 4,2 mm haben. Über fünf mm fängt das Messer an zu schwimmen bzw. zu kippeln. Mit einem Prüfkeil kann man bei herausgezogenem Messer den Schnittspalt überprüfen. Bei einem Verschleiß von mehr als 5,4 mm wird der Doppelfinger ausgetauscht. Zugleich sollen auch die Niederhalter bzw. Druckplatten gewechselt werden.
Die Finger müssen fest sitzen, darauf werden die Ährenheber befestigt. Verbogene Finger sind zu richten. Falsche Toleranz oder Sparsamkeit ist hier fehl am Platz, dafür ist die fehlende Schnittleistung zu teuer.

Ährenheber

Bei Ährenhebern ist man oft geteilter Meinung. Manche sehen sie in stehenden Getreidebeständen als überflüssig an, weil eine Führung allein schon durch die Finger gegeben ist. Steine könnten durch sie aufgesammelt oder abgebrochene Ährenheber durch die Maschinen gehen. Beim Raps gehen die Meinungen noch weiter auseinander, weil Ährenheber die Rapsstängel anstubsen können und durch die Erschütterung die Schoten aufplatzen, wenn noch kein Tisch darunter ist. Dicke, stabile Rapsstängel bieten an sich eine gute Führung.
Für die meisten Landwirte sind Ährenheber jedoch hilfreich beim tiefen Schnitt und weil das Getreide nicht immer steht, Halme in die Fahrgasse fallen oder Raps weit oben unter dem Schotenpaket gemäht wird und hier eine Führung von Nutzen ist. Im Lagergetreide heben sie das Mähgut für ein gutes Unterfahren des Mähbalkens leicht an und senken die Schnittährenverluste.
Ährenheber werden standardmäßig auf jedem 3. bis 4. Finger montiert bzw. an jeder zweiten Druckplatte (je nach Bauart). Beim Raps wird jeder zweite Ährenheber entfernt. Die äußeren drei bis vier Finger sollen generell ohne Ährenheber sein, um Verstopfungen zu vermeiden. Ungleiche Ährenheber sollten nicht verwendet werden. Ist die Spitze aufgeschlissen, fädelt sich manchmal Erntegut auf und stopft. Aufnahmemuttern sollen fest verschraubt und die Bügel in Ordnung sein.

Gut geteilt

Für Schneidwerke sind meist lange Halmteiler vorgesehen. Sie haben durchaus ihre Vorteile bei Lagergetreide oder z. B. stark überliegendem Roggen. In den meisten Fällen sind jedoch kurze Halmteiler völlig ausreichend und mit vielen Vorteilen verbunden. Kurze Halmteiler werden nur aufgesteckt und angeschraubt. Sie müssen beim Transport nicht umgeklappt und anschließend wieder in Position gebracht werden. Kurze Halmteiler legen bei Kurvenfahrten weniger Material um, das Anmähen und Ausmähen von Ecken, Knicken, Teichen u. a. ist einfacher, der Fahrer hat sie besser im Blick. Das Ausfallrisiko durch Schäden bei Unachtsamkeit im Vorgewende, bei Pflugfurchen, Bäumen und Sträuchern ist viel geringer.

Sauber abstreifen

Die Einzugsschnecke arbeitet nur gut, wenn die Kombination Abstand zum Bodenblech und zu den Abstreifern sowie der Eingriff der Multifinger stimmt. Die parallele Stellung der Einzugsschnecke im Rahmen wird auf beiden Seiten eingestellt. Die Abstreifer werden so nah wie möglich an die Windungen gestellt, zum hinteren Abstreifer soll der Abstand nicht mehr als fünf mm betragen.
Der Abstand zwischen Schneckenwindung und Bodenblech beträgt bei Getreide je nach Stroherträgen zwischen 10 und 20 mm und bei Raps 20 bis 40 mm. Auch die Abstreifer müssen der veränderten Position angepasst werden. Durch den heutigen, flexiblen Wechsel zwischen Raps und Weizen wird eine Höhenverstellung jedoch meist unterlassen bzw. nur vorgenommen, wenn man länger in einer Kultur erntet.

Die Finger

Multifunktionsfinger greifen in das Erntegut, ziehen es unter der Schnecke durch bis an den Schacht und müssen es dort wieder freigeben. Die Finger sollen dann wieder in der Walze verschwunden sein. Von links betrachtet kann man sich die Fingerstellung in der Einzugsschnecke als Uhr vorstellen. Zwischen drei und vier Uhr müssen die Finger in die Walze tauchen, sonst wird das Gut um die Walze wieder hochgezogen.
Die Finger sollten im ausgefahrenen Zustand nicht mehr als einen Zentimeter über die Windung hinausragen. Allgemein gilt: Je höher der Ertrag, desto früher lassen die Finger los (also um vier Uhr), damit der Gutfluss nicht gebremst wird. Ebenso lassen die Finger bei Langstroh, wie z. B. Roggen, früher aus.

Schachtkette

Am Schachteingang muss das Erntegut von der Schachtkette mit den Leisten sauber angenommen werden. Wichtig ist die richtige Kettenspannung – nicht zu straff, nicht zu locker.
Ketten müssen zudem gleich lang sein, nicht ausgeleiert (neigen sonst zum Überspringen, verursa-chen Bruchkorn), Kettenschlösser intakt und Leisten gerade und ohne Verbiegungen. Ein Wechsel verschlissener Teile lohnt sich. Bei Getreide wird die untere Kettenhöhe gewählt, bei Raps die obere. Bei hohen Stroherträgen ist auch bei Getreide die obere Kettenposition angesagt.
Dr. Andrea Feiffer und Franz Feiffer,
feiffer consult

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