CO2-Bank statt Zollstreit-Abgeltung

Donald Trump hinterließ seinem Nachfolger im Weißen Haus einen 30-Milliarden-Dollar-Fonds. Dieser wurde bisher für von Trump vom Zaun gebrochene Handelskriege mit China, aber auch mit der EU verwendet. Der neue US-Präsident Joe Biden und sein Agrarminister haben andere Pläne damit.

Die neue US-Regierung will eine „klimafreundliche Kohlenstoffbank“ schaffen, um die Farmer für nachhaltige, humusmehrende Praktiken zur CO2-Anreicherung im Boden zu bezahlen. Foto:-denisproduction.com - stock.adobe.com

Unter Trump wurden die Gelder der „Commodity Credit Corp.“ (CCC), angesiedelt im Finanzministerium, vor allem an die Farmer verteilt, die unter den Exportstreitigkeiten mit China oder Europa litten. Besonders profitiert hätten dabei jene in von den Republikanern regierten US-Bundesstaaten sowie in den „Swing-States“, von denen Trump erhoffte, auch damit die Mehrheit für seine Wiederwahl zu erreichen: Schweineproduzenten und Maiserzeuger im Mittleren Westen, Milchfarmer im Norden, Baumwollfarmer im Südosten, der Heimat von Trumps Agrarminister Sonny Perdue. Es floss aber auch in Exportkredite oder den Kauf von Rohstoffen.

Joe Bidens Agrarpläne
Jetzt hat Biden seine eigenen Ideen, wie das Geld ausgegeben werden soll, berichtet das US-Magazin „Politico“. Sein Team, darunter Tom Vilsack, der erneut als Agrarminister in die Regierung geholt wurde, wollen die Finanzmittel im Landwirtschaftsministerium (USDA) einsetzen, um den Klimawandel zu bekämpfen, flexible Programme für die Ländliche Entwicklung zu starten oder Restaurants zu unterstützen. Unter Perdue machten die Milliarden, die an Landwirtschaft als Opfer der Vergeltungszölle als Kombination aus Direktzahlungen und Produktstützungen ausgezahlt wurden, zuletzt 40 Prozent der Farmer- Einkommen aus.
Diese enorme Höhe gibt nun Tom Vilsack einen weiten Spielraum, um seine eigenen Prioritäten zu verfolgen. Er und seine Beamten im USDA haben ihre eigenen Vorstellungen darüber, wie das Geld ausgegeben werden soll. Sie wollen mit den Mitteln des CCC eine „klimafreundliche Kohlenstoffbank“ schaffen, um etwa die Farmer für die Nutzung nachhaltiger, humusmehrender Praktiken zur CO2-Anreicherung im Boden zu bezahlen. In seinem ersten Interview, nachdem er von Präsident Biden „gebeten wurde, zu dienen“, sagte Vilsack, dass er eine „ziemlich bedeutende Verschiebung“ in Richtung konservierender Landwirtschaft plane und damit weitaus mehr Mittel dafür zur Verfügung
stellen wolle. Es gehe um eine Reihe hochbezahlter Arbeitsplätze in den Bereichen Wind-, Solar- und Biomasseenergie in ländlichen Gebieten.
Demoprojekte sollen wissenschaftliche Standards liefern, die nach zwei Jahren als vollständige Programme ins US-Agrarbudet aufgenommen werden.
Tom Vielsack ist überzeugt: Die weltweite Etablierung von Kohlenstoffmärkten sei notwendig, um für die Erhaltung empfindlicher Ökosysteme wie des Amazonas-Regenwaldes, der als „Lunge der Welt“ bezeichnet wird, zu zahlen. Auch wollen Biden und er die wegen Corona auch in den USA eingebrochene Wirtschaft ankurbeln und Fonds-Gelder etwa für die wirtschaftliche Entlastung von Restaurants verwenden, da viele während der Pandemie den Betrieb eingestellt oder zumindest stark zurückgefahren haben. Immerhin gibt es in den USA bereits erste Anzeichen dafür, dass sich Teile der Landwirtschaft von ihrem Einbruch im Jahr 2020 erholen, etwa steigende Maispreise.
Laut John Newton, er ist Chefökonom der mächtigen American Farm Bureau-Organisation, werde es aber weiterhin notwendig sein, das CCC zu nutzen, um den Farmern und auch Teilen der Lebensmittelversorgungskette bei der Bewältigung der Pandemie zu helfen. Newton: „Ich glaube nicht, dass wir genau wissen, was noch vor uns liegt.“ Wenn sich die Biden-Regierung mit der Kohlenstoffbank auch gegenüber dem Kongress durchsetzt, wird erwartet, dass die Farmerlobbygruppen dazu drängen, den Fonds aufzustocken, diesen vielleicht sogar zu verdoppeln.
Der 70-jährige Vilsack, ehemaliger Gouverneur von Iowa und zuletzt Exportmanager für Milchprodukte, war das einzige Kabinettsmitglied in der Regierung von Präsident Barack Obama, das von 2009 bis 2017 alle acht Jahre diente. Und er ist auch der einzige Landwirtschaftsminister in der Geschichte der USA mit zwei getrennten Amtsperioden. Mit seiner erneuten Bestellung soll Joe Biden aber auch einige Farmer verärgert haben, die statt Vilsack lieber „ein frisches Gesicht“ an der Spitze des USDA und generell „Inside the Beltway“ wollten, also am politischen Parkett der Hauptstadt Washington.

Auch US-Präsident Joe Biden holte, wie schon Barack Obama, Tom Vilsack in sein Regierungsteam und zurück „Inside the Beltway“.
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Diskriminierte schwarze Farmer-Community
Bedenken gegen Vilsack haben auch die US-Farmer mit schwarzer Hautfarbe. Er habe ihren Anliegen schon früher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, so deren Kritik. Deshalb hat sich Vielsack noch vor seiner Angelobung (virtuell) mit einem Dutzend Gruppierungen der Schwarzen-Community getroffen. Sie sehen sich seit Jahrzehnten wegen ihrer Rasse etwa bei der Vergabe von Kredit- und Finanzhilfen durch das USDA, bis hin zu Geldern für deren Agrarschulen diskriminiert und fordern mehr Unterstützung, mehr Einbindung in die Gremien der Entscheider, generell den Schutz ihrer Bürgerrechte beim USDA.
Joe Biden versprach im Wahlkampf, auch diese Probleme anzugehen. Die Hoffnung in ihn ist groß. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass Biden wirklich gerecht ist“, sagte Ella Holmes, Geschäftsführerin der Kansas Black Farmers. Vor hundert Jahren gab es in den USA fast 1 Million schwarze Farmer, heute weniger als 50.000, weiß Cory Booke. Der schwarze Senator aus New Jersey schätzt, dass ihnen landesweit 20 Mio. Morgen, umgerechnet 5 Mio. Hektar Ackerland entzogen wurden. 1920 gehörten den Schwarzen 14 Prozent aller Farmen, heute besitzen sie laut US-Agrarstatistik nur noch 1,6 Prozent. Für Holmes war das Gespräch mit Vilsack vielversprechend: „Wir wissen, dass wir gehört wurden.“

Bernhard Weber

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AUTOROnline: SN
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