Satte 98 Prozent – so hoch soll der Anteil Russlands an Österreichs Erdgasimporten im Dezember gewesen sein. Geht es nach der Bundesregierung, ist damit bald Schluss. Am Mittwoch wurde im Ministerrat eine Einigung in Sachen Erneuerbares-Gas-Gesetz erzielt. Statt der ursprünglich im Regierungsprogramm verankerten 5 Terrawattstunden sollen ab 2030 7,5 Terrawattstunden des jährlichen Gasbedarfs aus heimischem Biogas stammen. Dieser betrug zuletzt insgesamt rund 90 Terrawattstunden pro Jahr.
Österreichisches Gas verpflichtend
Gasanbieter sind künftig verpflichtet, ihre Kunden mit mindestens 9,75 Prozent grünem Gas aus österreichischer Produktion zu versorgen. Importe werden nicht angerechnet. Das EEG sieht auch Sanktionsmaßnahmen vor. 15 Cent pro fehlende Kilowattstunde sollen säumige Gasversorger künftig löhnen. Das eingehobene Geld werde für Investitionsförderungen neuer Biogasanlagen zweckgewidmet. Bis 2040 wird eine vollständige Unabhängigkeit von fossilem Erdgas angestrebt. Genug Ausgangsmaterial ist laut Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig jedenfalls vorhanden: „Die benötigten Reststoffe kommen direkt vom Acker, der Wiese oder der Biotonne und können uns praktisch nie ausgehen.“ Dies sei eine „Win-win-Situation“ für Klimaschutz und die viel diskutierte Versorgungssicherheit.
Landwirte als Energieversorger
Damit die ambitionierten Ziele der Bundesregierung auch Realität werden können, kommt der heimischen Landwirtschaft einmal mehr eine Schlüsselrolle zu. Derzeit werden hierzulande nämlich nur 0,14 Terrawattstunden Biomethan aus Biogas erzeugt. Somit brauche es eine Verfünfzigfachung der Produktion, teilt das Landwirtschaftsministerium mit. „Jedem Misthaufen sein Kraftwerk“, bringt es die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler plakativ auf den Punkt. Aus Sicht des heimischen Biogas-Verbandes ist das Ziel durchaus realisierbar. Das Potenzial in Österreich sei hoch, einzig der rechtliche Rahmen habe bisher gefehlt. „Unsere Land- und Forstwirte können zu Energiewirten werden, indem sie die wertvolle Ressource Biomethan zur Verfügung stellen“, erklärt auch Bauernbund-Präsident und ÖVP-Agrarsprecher Georg Strasser.
Strasser: „Unsere Land- und Forstwirte können zu Energiewirten werden.“
Im Detail funktioniert das so: In Biogasanlagen wird aus Ernterückständen, Wirtschaftsdünger, Zwischenfrüchten aber auch anderen ungenutzten organischen Reststoffen oder Klärschlamm Biogas erzeugt. Dies ist durch den Veredelungsprozess zu Biomethan für die Einspeisung in das Erdgasnetz vollumfänglich geeignet. Wichtig ist es Strasser auch nochmals zu betonen, dass „dabei keine wertvollen Lebensmittel Verwendung finden“. Da der Gärrest als wertvoller Dünger am Betrieb verbleibt, gliedere sich die Biomethanproduktion perfekt in eine „aktive Kreislaufwirtschaft“ ein, so der Bauernbund-Präsident. Auch die Klimabilanz der Biogasherstellung muss sich nicht verstecken. Es wird gleichviel CO2 gebunden wie freigesetzt, heißt es vom Bauernbund. Derzeit sind in Österreich 270 Biogasanlagen in Betrieb.
Zweidrittelmehrheit notwendig
Damit das EEG in Rechtskraft erwächst, bedarf es nun einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Erste Gespräche mit den Oppositionsparteien sind für die kommenden Tage anberaumt. Strasser: „Wir sind guter Dinge, das uns das gelingt.“ Schließlich gehe es um Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Deutlich härtere Worte findet LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger: „Für politische Spielereien ist keine Zeit“, richtet er der Opposition aus und fordert von SPÖ, FPÖ und NEOS ein „klares Bekenntnis“. Auch Minister Totschnig hofft auf eine rasche Zustimmung des Nationalrats und zeichnet ein ambitioniertes Zukunftsbild: „Wenn andere den Gashahn zudrehen, sorgen unsere Land- und Forstwirte künftig dafür, dass er offen bleibt.“
- Bildquellen -
- Biogasanlage: agrarfoto.com