Johannes Konnerth hat am 1. April die Professur “Technologie des Holzes” als Nachfolger von Alfred Teischinger am Institut für Holztechnologie an der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) angetreten und möchte besonders die zwei Forschungsschwerpunkte “Technologie der strukturellen Baumaterialien” sowie “Funktionelle lignozellulosische Materialien” ausbauen. Bei ersterem soll die ökonomische und ökologische Attraktivität von Holz als Baustoff erhöht werden, insbesondere im urbanen Raum. Weltweit leben derzeit rund 50% der Weltbevölkerung in Städten, die Prognose für die nächsten Jahrzehnte geht von einer Steigerung in Richtung 75% aus. “Dieser Megatrend wird zu verstärkten Bauaktivitäten im urbanen Bereich führen. Bestehende Holzwerkstoffe wie Brettschichtholz (BSH) und der deutlich jüngere Werkstoff Brettsperrholz (BSP) haben in den vergangenen Jahren durch diverse Leuchtturmprojekte gezeigt, dass mit ihnen mehrgeschossige Gebäude auch im städtischen Umfeld effizient realisierbar sind”, erläutert Konnerth, dessen wissenschaftlicher Fokus bisher im Bereich Verklebung von Holz lag.
Vor allem bei der ökonomischen Attraktivität des Holzbaus gebe es noch Verbesserungsbedarf – ein Holzbau sei im Rohbau derzeit rund 10% teurer als ein Gebäude in konventioneller Bauweise mit Beton und Stahl. Konnerth: “Vom geernteten Stamm bis hin zum fertig eingebauten BSP-Produkt liegt die Ressourcen-Effizienz je nach Berechnung und Eingangsmaterial lediglich bei 25 bis 45%. Durch eine massive Steigerung dieser Effizienz hätte die Green Economy die einzigartige Chance, die Anwendung des nachwachsenden Rohstoffs Holz nachhaltig im Baubereich zu verbreitern und damit einen wesentlichen Beitrag zur Emissionsreduktion des Bausektors zu leisten, denn jegliche Substitution von Beton ist ein Gewinn für das Klima.” Die energieintensiven Baumaterialien Zement und Stahl seien für einen wesentlichen Anteil des Gesamt-CO2-Ausstoßes der Welt verantwortlich, alleine die Zementproduktion verursache zirka 7% der weltweiten CO2-Emissionen, der gesamte Bausektor sei für bis zu 40% der Emissionen verantwortlich. Die Vision von Konnerth ist ein konstruktiver, massiver Holzbau-Werkstoff mit hoher – mehr als 70% – Ressourceneffizienz, gepaart mit einer hohen Ressourcenflexibilität (derzeit wird praktisch nur Fichte eingesetzt), der zudem großindustriell herstellbar sein soll.
Dem Holz zu Hightech-Eigenschaften verhelfen
Im zweiten neuen Forschungsbereich “Funktionelle lignozellulosische Materialien” soll Grundlagenforschung zu nanotechnologischen Konzepten für Werkstoffe auf Basis von lignozellulosischen Materialien betrieben werden. Das Ziel ist, diesen Bereich als strategisches Zukunftsgebiet aufzubauen und so die Vorreiterrolle für zukünftige Hightech-Werkstoffe einzunehmen. “Holz ist derzeit im Wesentlichen ein günstiges Baumaterial beziehungsweise zum Teil so billig, das es einfach verbrannt wird”, sagt Konnerth. Der effiziente Ressourceneinsatz durch multifunktionale Materialien mit hoher Wertschöpfung stehe im Vordergrund. Das heißt, Holz soll durch gezielte chemische und physikalische Modifikation neue Eigenschaftsprofile bekommen, die man dem Werkstoff derzeit noch nicht zutraut.
AIZ