EU-Abgeordnete fordern Ausweitung des Corona-Hilfspakets im Agrarsektor

Private Lagerhaltung muss auch auf Scheinefleisch ausgedehnt werden. FOTO. agrarfoto.com

Das von der EU-Kommission am Montag veröffentlichte Maßnahmenpaket für die am stärksten von der Corona-Krise betroffenen Sektoren der Agrar- und Ernährungswirtschaft stößt grundsätzlich auf Zustimmung. Es gebe aber noch Lücken in diesem Hilfspaket, meinen Abgeordnete des EU-Parlaments. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski zeigt sich gesprächsbereit, sieht aber auch klare Grenzen im EU-Budget.

Private Lagerhaltung erweitern

Die von der EU-Kommission bereitgestellten 76 Mio. Euro für die Private Lagerhaltung (PLH) von Rindfleisch und Molkereierzeugnissen reichten bei Weitem nicht, erklärte der italienische Sozialdemokrat Paolo De Castro im Europaparlament. Um Landwirte besser gegen die Auswirkungen der Krise zu schützen, müsse die EU-Kommission die PLH auf Kalbfleisch und Schweinefleisch erweitern, forderte De Castro.

Herbert Dorfmann von den Christdemokraten hält das EU-Hilfspaket ebenfalls für unzureichend. Es könne nicht sein, dass die EU für die Landwirtschaft als wichtigen, systemrelevanten Bereich nur knappe 80 Mio. Euro im Bereich der Lagerhaltung bereitstelle, kritisierte der Südtiroler. Zahlreiche Abgeordnete im EP-Agrarausschuss aus Südeuropa fordern EU-Mittel für die Erzeuger von Wein, Obst und Gemüse. Andere Parlamentarier sehen die Lücken vor allem bei der PLH für Geflügel, Kalb- und Schweinefleisch.

Wojciechowski: Können nicht alle Erwartungen erfüllen

Wojciechowski ist vorerst nicht bereit, über das in dieser Woche fertiggestellte Hilfspaket hinauszugehen. “Wir können nicht alle Erwartungen erfüllen”, stellte der Agrarkommissar im EP-Agrarausschuss klar. Wegen der knappen Mittel im EU-Haushalt müsse die EU-Kommission Schwerpunkte setzen. Die PLH für Geflügel gehöre nicht dazu, da es nur in einzelnen Mitgliedstaaten zu Absatzschwierigkeiten komme, stellte er klar. Zudem werde sich der Markt für Geflügel mit dem Ende der Corona-Beschränkungen schnell wieder erholen. Den Erzeugern von Wein, Obst und Gemüse sollten die EU-Mitgliedstaaten mit nationalen Mitteln unter die Arme greifen, wies Wojciechowski Forderungen aus dem Parlament zurück.

Um der EU dennoch zusätzlichen Spielraum für Preisstützungsmaßnahmen zu geben, regte Wojciechowski die Auflösung der Krisenreserve der GAP über rund 450 Mio. Euro an. Die EU-Kommission stünde dem nicht im Wege, sei aber auf die Zustimmung der Mitgliedstaaten angewiesen. Einige EU-Länder sind jedoch gegen den Einsatz der Krisenreserve, da diese von den Landwirten selbst finanziert wird.

COPA-COGECA fordert Stopp für Geflügelimporte

Der europäische Dachverband der Bauern- und Genossenschaftsverbände, COPA-COGECA, weist auf mögliche Maßnahmen hin, die den EU-Haushalt nicht belasten. Der Verband fordert einen Stopp für Geflügeleinfuhren aus Drittländern. Die Lager der EU seien voll mit Geflügelfleisch, weshalb zu befürchten sei, dass sich die Erholung der Märkte nach einem Ende der Beschränkungen verzögere, warnt COPA-COGECA.

Die Forderung hat Gewicht bekommen, seitdem auch der ungarische Landwirtschaftsminister Istvan Nagy in einem Brief an die EU-Kommission einen derartigen Einfuhrstopp gefordert hat. Inzwischen gehen Geflügelerzeuger aus Katalonien eigene Wege und fordern von der Regierung in Madrid ein nationales Programm zur Einlagerung, um Überschüsse zu bewältigen. Zu den Absatzschwierigkeiten von Fleisch in der Gastronomie kommen in Spanien verstärkt Engpässe in den Schlachthöfen hinzu, die den Viehhaltern zu schaffen machen. In Irland sollen inzwischen drei Schachtbetriebe geschlossen sein oder zumindest ihre Kapazitäten vermindert haben, nachdem dort Fälle von COVID-19 aufgetreten sind. Das hat in Irland zu Engpässen bei der Schlachtung von Rindern geführt.

AIZ

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