Professor Hülsbergen referierte auf Einladung von Bio Austria in Niederösterreich.

Der deutsche Agrarökonom Harald von Witzke, emeritierter Professor an der Berliner Humboldt-Universität, sieht den Klimawandel auch durch den Biolandbau befeuert. Das hatte er bei einem Wien-Besuch auf Einladung der Pflanzenschutzindustrie im Interview mit der BauernZeitung artikuliert und als deklarierter Bio-Skeptiker für Aufregung gesorgt. Beim Verband Bio Austria Niederösterreich und Wien wollte man dessen Aussagen nicht unwidersprochen lassen – und holte dieser Tage einen Professor der Technischen Universität München ins Land.

Kurt-Jürgen Hülsbergen lehrt Ökologischen Landbau und gilt – wie von Witzke – als renommierter und international anerkannter Wissenschaftler, ebenfalls in Sachen Nachhaltigkeitsbewertung. Hülsbergen verwies in seinem Vortrag überwiegend vor Biobauern auf eine aktuelle Studie der TU München. Diese zeige auf, dass der Biolandbau sehr wohl „positive Auswirkungen auf Stickstoffkreisläufe, Energieeffizienz, Humusaufbau, Treibhausgasemissionen und Biodiversität hat“.

Konkret verursachen biologisch bewirtschaftete Äcker laut Hülsbergen „50 Prozent weniger Treibhausgasemissionen“. Darauf erzielte Pflanzenerträge seien zwar durchschnittlich etwas geringer als bei konventioneller Produktion. „Unsere Studie zeigt aber auch, dass Biolebensmittel hinsichtlich des Energieeinsatzes und der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu konventionell erzeugten Produkten um etwa 20 Prozent günstiger abschneiden.“

Die von ihm geleitete Studie basiert auf Untersuchungsergebnissen auf Pilotbetrieben und Ergebnissen aus Dauerfeldexperimenten in Deutschland. Untersucht wurden etwa Stickstoffkreisläufe und deren Emissionen, Energiebilanzen und -effizienz, ebenso Humusbilanz und Bodenkohlenstoffbindung. Die Treibhausgas- und Stickstoffemissionen wurden mit mittleren Umweltkosten bewertet und eine Kostendifferenz zum konventionellen Landbau berechnet.

Einige Kernaussagen und Eckdaten aus der der Studie: Biobetriebe haben artenreiche Fruchtfolgen mit hohem Anteil an Leguminosen. Die Tierhaltung auf diesen Betrieben ist flächengebunden und mit geringerem Tierbesatz. Ökobetriebe sind „Low-Input-Systeme“, weil Verzicht auf chemisch-synthetische Dünger- und Pflanzenschutzmittel und ebenfalls geringerem Einsatz an fossiler Energie. Auch weisen Biobetriebe laut Hülsbergen eine geringere Landnutzungsintensität auf, also weniger Arbeitsgänge, geringere Überrollhäufigkeit und extensivere Verfahren. „Aus all diesen systembedingten Unterschieden ergeben sich spezifische Umwelt- und Klimawirkungen“, so der Professor.

Zwar seien die Erträge mit Bio niedriger als im konventionellen Pflanzenbau, Dauerfeldexperimente und Ertragsanalysen in den Pilotbetrieben würden aber zeigen, dass bei optimaler Nährstoffversorgung in Fruchtfolgen auch mit Bio hohe und stabile Energieerträge erzielt werden, die das mittlere Ertragsniveau konventioneller Fruchtfolgen erreichen können. Daher empfiehlt Hülsbergen generell, den Biolandbau zu fördern, um Umweltkosten einzusparen. Er fordert aber auch mehr Forschung und Innovationen in diesem Bereich, um vor allem weitere Ertragssteigerungen durch die Züchtung leistungsfähiger Sorten und verbesserte Anbauverfahren, resistente Sorten und neue biologische Wirkstoffe zur Regulierung von Pflanzenkrankheiten zu erzielen.

Hülsbergen ist überzeugt: „Mehr Biolandbau trägt zur Lösung drängender Umweltprobleme und zur Verminderung von Kosten für die Gesellschaft bei.“ Der Stickstoffeinsatz ließe sich um etwa 100 kg je Hektar und diesbezügliche Überschüsse der Landwirtschaft (in Deutschland derzeit mehr als 90 kg je Hektar im Mittel) auf unter 20 kg je Hektar verringern, was wiederum geringere Emissionen an Ammoniak, Lachgas, Nitrat in die Umwelt ergäbe und so positive auf Biodiversität und Trinkwasserschutz wirke. Auch die Halbierung des Energieeinsatzes von 14 auf 7 Gigajoule je Hektar (durch den Verzicht auf Handelsdünger-Stickstoff und chemisch-synthetische Pestizide) wäre möglich. Und dadurch geringere CO2-Emissionen.

Für neuerlichen Gesprächs- und Diskussionsstoff speziell unter Landwirten ist mit Hülsbergens Aussagen also gesorgt.

 

 

 

 

 

 

- Bildquellen -

  • Prof. Hülsbergen: TU München/Heddergott
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AUTORRed. BW
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