„Hundert Prozent österreichisches Putenfleisch bei Billa“ – diese Überschrift setzte der Lebensmittelhändler Billa am 23. Februar 2021 über eine Mitteilung, nach der das Unternehmen „bereits seit dem Frühjahr 2020 Frischfleisch und -geflügel zu 100 Prozent aus Österreich anbietet – darunter auch österreichische Pute“. Damit sei man Vorreiter im heimischen Lebensmittelhandel, so das zum deutschen Rewe-Konzern gehörende Unternehmen.
Weiter führt Billa aus, dass es in Zusammenarbeit mit den österreichischen Geflügelproduzenten und mit der Landwirtschaftskammer Österreich gelungen sei, die Versorgungssicherheit mit heimischen Qualitäts-Fleischprodukten zu gewährleisten. In allen 1.100 Billa-Filialen und im Online Shop gebe es nun Putenfleisch „aus ausschließlich österreichischer Produktion“. Neben dem so wichtigen Beitrag für die österreichische Landwirtschaft sei die Sortimentsumstellung auch ein klares Signal für den Wert dieses nach hohen Tierwohlstandards erzeugten und dadurch höherwertigen Qualitätsprodukts.
Mit „fremden Federn“ geschmückt
Gewiss sind diese Anstrengungen löblich. Doch wie so häufig, darf man Aussagen des Lebensmittelhandels nicht „hundertprozentig“ vertrauen. Das gilt auch bei Billa, wie man leicht feststellen kann. Im Fall der „Pute aus Österreich“ genügt ein Blick in das Tiefkühlfach. Dort gibt es Putenbruststreifen und Putenschnitzel der Handelsmarke Clever zum „Dauer-Tiefpreis“. Auf der Packung heißt es zwar schön „Hergestellt in Österreich“, doch man darf bei einem Kilopreis für das fertig panierte TK-Putenschnitzel von nur knapp über sieben Euro stark bezweifeln, dass auch das Fleisch tatsächlich aus Österreich stammt. Auf der Packung ersichtlich ist das nicht. Man lernt daraus: „Wo Österreich draufsteht, ist noch lange nicht hundert Prozent Österreich drinnen, schon gar nicht im Lebensmittelhandel“. Vor allem die Eigenmarken des Handels sind für solche Auslobungen anfällig. Clever ist da kein Einzelfall. Im Windschatten des Frischfleisches aus Österreich im Kühlregal segelt im Tiefkühlfach das Importfleisch und wird mit fremden Federn behübscht.
Anschober muss nachbessern
Bundesminister Anschober hat in dieser Woche die Studie „Anforderungen an eine zeitgemäße tierschutzkonforme Haltung von Mastputen“ vorgestellt. Der Minister will damit eine Debatte auf europäischer Ebene anstoßen, um in der Putenmast mehr Tierwohl zu erreichen. Ein wichtiges Instrument, um mit diesem Anliegen voranzukommen, wäre die gesetzlich verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Zutaten bei verarbeiteten Lebensmitteln, wie sie insbesondere der Bauernbund seit Jahren fordert. Allerdings weicht der Minister genau in diesem Punkt aus. Ein kürzlich vorgelegter Entwurf seines Ressorts enthält nur die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung für Rindfleisch und Eier. Die Bauernseite, angeführt von Präsident Georg Strasser forderte erst diese Woche, wie berichtet, Anschober zum Nachbessern auf. Die Herkunftskennzeichnung müsse den rechtlichen Rahmen ausschöpfen und sämtliche verarbeitete Produkte sowie die Gemeinschaftsverpflegung bei Milch, Fleisch und Eiern umfassen. Fazit: Der Minister hat es selbst in der Hand, irreführende Auslobungen zu verhindern und einen Beitrag zu mehr Tierwohl zu leisten. Wo Österreich draufsteht, muss auch Österreich drinnen sein.
Hans Maad
- Bildquellen -
- Clever Putenschnitzel W: www.billa.at