Wiesenschwingel und Wiesenrispe sind in Futterwiesen nahezu verschwunden. Vor einigen Jahren noch prägend für viele Wiesen, sind sie heutzutage nur noch in kühleren Höhenlagen zu finden. Auch andere Wiesenpflanzen folgen diesem Trend. So wie Bäume oder Insekten sind sie dem Temperaturanstieg des sich ändernden Klimas nicht gewachsen. Auffallend begünstigt durch die zunehmenden Temperaturen sind demgegenüber wärmeliebende Pflanzen und Schadinsekten. Heutiges Wirtschaftsgrünland ist auch dem Stress intensiver Nutzung ausgesetzt. Ohne Samennachschub durch Saatgut verschwinden wichtige Futtergräser. Diesen Verlust nutzen Unkräuter als Lückenfüller. Lückige Stellen in den Wiesen mit abgestorbenen Futtergräsern bedürfen der Reparatur mit klimafitten Gräsern, um für künftige Dürreperioden gewappnet zu sein. Der Temperaturanstieg begünstigt in höheren Lagen den Feldfutterbau mit Wechselwiesen. 

Grasnarbe im Klima- und Nutzungsstress

Die Grasnarbe intensiv genutzter Futtergräser unterliegt vielfältigem Stress. Häufigere Dürreperioden und Schädlingsbefall setzen den Futterwiesen zu. Durch die Klimaerwärmung begünstigt, gewinnen minderwertige Arten die Oberhand und verdrängen die wertvollen Futtergräser. Zu diesen minderwertigen Arten zählen Weiche Trespe, Wiesenpipau, Feinstrahl, Scharbockskraut, Dornige Hauhechel und zahlreiche Giftpflanzen. 

Dazu kommen weiters unerwünschte Lückenfüller, die sich auf Weiden und Wiesen besonders schnell ausbreiten. Hier zu nennen sind Hirtentäschel, Hühnerdarm, Ehrenpreise, Minzen und Gemeine Rispe. 

Hirtentäschel wird von Vieh aufgrund seiner unangenehm riechenden Senföl­glycoside gemieden und führt zur Futterverweigerung. Hirtentäschel ist durch einen rechtzeitigen Reinigungsschnitt leicht einzudämmen. Wenn viel Gemeine Rispe mit Erdanhang ins Futter gelangt, weil sie kaum verwurzelt ist, kann das Vieh ganze Futterstöcke verweigern.

Wiederholt einsäen, Deckfrucht etablieren

Die wirksamste Maßnahme gegen die Ausdünnung der Grasnarben ist Rekultivierung mit Saatgut. Ohne Gegensteuerung mit standortangepassten Futtergräsern vermehren sich unerwünschte Arten mit bedenklicher Geschwindigkeit. Die Wiederherstellung hochwertiger Futterwiesen ist ein langwieriger Prozess, bei dem meist mehrere Einsaaten notwendig sind. Eine einzige Übersaat alleine schafft es meist nicht, den Bestand zu reparieren, weil die Keimbedingungen oft zu trocken sind. Um erfolgreich zu sein, braucht es erfahrungsgemäß drei Durchgänge sowie auch weitere Maßnahmen, die den Aufgang der Saat fördern. Dazu zählen: 

  • eine intensivere Bodenbearbeitung, vor allem auf großen Fehlstellen, sowie
  • die Anlage einer Deckfrucht, die langsam auflaufende Gräser vor Verunkrautung schützen. Als Deckfrucht geeignet ist Hafer, manche versuchen es auch mit dem raschwüchsigen Westerwoldischen Raygras. 

Rekultivierung mit gut wüchsigen Arten

Wesentlich für den Erfolg der Einsaat ist vor allem auch die Arten- und Sortenwahl. Die Kunst ist, örtlich gut wüchsige Arten auszuwählen und einzusetzen. Mit der richtigen Auswahl der örtlich bestwüchsigen Zuchtgräser und Kleearten hat jeder Grünlandwirt den Schlüssel selbst in der Hand, um bestes Wiesenfutter in ausreichender Menge ernten zu können. Ertragsentscheidend ist – wie beim Vieh – auch bei Futtergräsern die beste Genetik.

Frühe Raygräser für Reparatursaaten

Raygräser sind überraschend klimafitte Gräser. Bei Reparatursaaten im Frühjahr müssen Lücken zügig mit hochwertigem Futtergras geschlossen werden. Dazu eigenen sich die sehr frühen Englischen Raygrassorten am besten. Neue AGES-geprüfte Sorten dafür sind

Quelle: Humer
Fahrspuren am Waldrand oder auf Holzlagerplätzen müssen rekultiviert werden.

Abertorch, Artesia, Arvicola, Ivana und Telstar. 

Für die klassischen Einsaaten in Mähwiesen im Sommer passen frühe Raygräser nicht. Hier sind spätere Sorten empfehlenswert. Der Anteil in der Einsaatmischung sollte mit bis zu zehn Prozent gewählt werden. Zu hohe Anteile enttäuschen erfahrungsgemäß in Mähwiesen. Für hochwertige Weiden sind Englische Raygräser andererseits die besten und wichtigsten Futtergräser, die erst durch den Betritt besonders dichte Grasnarben schaffen.

Knaulgras, ein robuster Massenträger

Die Trockenjahre in jüngerer Vergangenheit haben klar gezeigt, dass Knaulgras das wichtigste Futtergras mit sicheren Erträgen ist. Kein Gras gedeiht besser in vielen Wiesen.

Quelle: Humer
Bereits im zeitigen Frühjahr kommen Schwachstellen in Dauergrünlandbeständen ans Licht.

Es verwundert, dass dieser Joker beim Ertrag in den meisten Dauerwiesen so wenig genutzt wird. Eine herausragende Rolle spielt Knaulgras für die Erträge trockenheitsgefährdeter Wiesen, einzig für nasse Standorte ist es nicht geeignet.Um der eminenten Bedeutung des Knaulgrases gerecht zu werden, sollte man dessen Anteil in der Einsaatmischung eher zu hoch als zu niedrig ansetzen, 30 bis 50 % sollten für diese ertragssichere und verlässliche Art immer möglich sein. Auch bei Reparatursaaten im Frühjahr ist es ratsam, Knaulgras als ausdauernde Grasart in angemessener Menge einzusetzen. Nur bei Dauerweiden, mit vernachlässigter Weidepflege, also ohne Nachmahd, breitet sich Knaulgras zu stark aus. Das zeigt aber auch, dass Knaulgras ein verlässliches Gras bei Einsaaten ist.

Schweidel für klimafitte Wechselwiesen

Festulolium (Schweidel) ist ein Futtergras, das durch Kreuzung von Raygräsern und Schwingel-Arten entsteht und auch in der Natur vorkommt. In jüngerer Vergangenheit haben sich neue Sorten von Festulolium als vielversprechend für den Einsatz im Grünland erwiesen. In ersten Versuchen der AGES haben diese neuen Sorten mit schnellem und ertragreichem Wachstum gezeigt, dass sie besonders gut an das neue, wärmere Klima angepasst sind. Für Flächen mit Vielschnitt-Nutzung sind sie gut geeignet. 

Festulolium ist dem derb-blättrigen Rohrschwingel weit überlegen und eignet sich daher gut für den Einsatz in Wechselwiesen. Wechselwiesenwirtschaft ist eine nachhaltige Art der Grünlandnutzung, bei der zwischen Acker und Grünland gewechselt wird. Dabei kann auf Chemie durch Düngung oder Pflanzenschutz verzichtet werden, ist sohin besonders umweltfreundlich. Die häufigere Bodenbearbeitung sorgt für eine natürliche Nährstofffreisetzung und lockert Bodenverdichtungen. Gleichzeitig wirkt die wendende Bearbeitung des Bodens als natürliche Unkrautbekämpfung. Mit Wechselwiesen lassen sich auch die besonders ertragreichen, begrannten Acker-Raygräser, Kleegräser sowie Triticale und Silomais nutzen. Praxiserfahrungen zeigten, dass gewisse Rohrschwingelsorten bei extensiver Bewirtschaftung eine besonders nachgefragte hohe Heuqualität mit sehr ansprechender Farbe liefern.

Glatthafer mit Potenzial in warmen Lagen

Glatthafer ist eine vielversprechende, trockenheits­tolerante Grasart für sonnige und warme Standorte. Im Vergleich zu Knaulgras ist er feinstängeliger und trocknet daher rascher ab. Beim wichtigen ersten Schnitt garantiert er besonders viel Masse und auch Qualität. 

In optimalen Lagen, also Sonnenhängen mit ehemaliger Ackernutzung, Stallmistdüngung und früherer Wechselwiesenwirtschaft, kann er seine Trockenheitsverträglichkeit am besten unter Beweis stellen. Weidenutzung und feuchte Lagen verträgt er jedoch keinesfalls. Studien haben gezeigt, dass Glatthafer, der früher nur zweimal gemäht werden konnte, aufgrund des Klimawandels nun sogar vier Schnitte verträgt. Allerdings muss Glatthafer trotzdem ausgesät werden, da er im Samenpool des Bodens fehlt.

Rotschwingel festigt den Boden

Rotschwingel ist durch seine eingerollten Blätter ein recht robustes, trockenheits­tolerantes Gras mit dichter Grasnarbe. Andere trockenheitstolerante Gräser sind ihm qualitativ und quantitativ jedoch deutlich überlegen. Am besten passt Rotschwingel für warme, extensive, kaum gedüngte Standorte, also für Bergweiden, aber nicht für intensiv genutzte Wiesen.

Timothe, der Höhenspezialist

Eigene österreichweite Erfahrungen zeigen, dass Wiesenrispe und Timothe für trockenheitsgefährdete Risikolagen mangels Durchsetzungsvermögen und Ertrag für Einsaaten ungeeignet sind. Der Wiesenrispe fehlt generell die Konkurrenzkraft, um sich bei Einsaat durchsetzen zu können. Nur der Weidetritt stärkt sie. Timothe zeigt dagegen seine Stärken im Feldfutterbau und in Wiesen höherer oder rauerer Lagen (Mühl- bzw. Waldviertel) und auf feuchten Hängen oder in Berglagen mit reichlichen Niederschlägen. In diesen Lagen könnte Timothe als besonders leistungsfähiges Gras viel stärker genutzt werden.

Kleearten spielen zur Bodenverbesserung und für einen guten Futterwuchs eine wichtige Rolle. Als stickstoffsammelnde Leguminosen haben sie eine nachhaltige Bedeutung zur natürlichen Steigerung der Bodenfruchtbarkeit.

Weiß- und Rotklee als Lückenschließer

Weißklee ist ein wichtiger und wandernder Lückenschließer mit guter Gülleverträglichkeit. Besonders auf bodenfrischen Standorten nimmt er der gefürchteten Gemeinen Rispe Platz und Licht weg. Weißkleesaaten sind damit das natürlichste Mittel zur Eindämmung der Gemeinen Rispe. Allerdings eignet sich Weißklee dauerhaft nur für gut frische Böden. Ungeeignet ist er auf heißen, trockenen Standorten, wo Wiesen-Rotklee, Hornklee und Luzerne ihre Überlegenheit zeigen.

Rotklee hat sich als äußerst zuverlässige und schnell keimende Art für Wieseneinsaaten für alle Böden und Lagen vielfach bewährt. Für Wieseneinsaaten genügt bereits eine geringe Dosierung von 3 kg/ha. Rotklee hat einen besonders schnellen Aufgang und ist in Kleinmengen in Wiesen ein ausgezeichnetes Futter. Bei starker Trockenheit sticht er im Vergleich zu Wiesengräsern durch seine klare und deutliche Überlegenheit hervor.

Luzerne, die Königin der Futterpflanzen

Mit dem Klimawandel scheint Luzerne auch in Grünlandgebieten Fuß fassen zu können. Ihre besten Grünlandstandorte sind Wechselwiesen in trockenen Bereichen, wo sie höchste Erträge liefert. Befahren bei Nässe und Düngung mit Gülle ist aber ihr schneller Tod. Wirtschaftsdünger müssen zu Luzerne schon vor der Saat ausgebracht werden. Bei schonender Nutzung hält sie jahrelang und viel länger als Rotklee. Intensive Nutzung (vor Blüte) bringt beste Futterqualität mit hohen Milchleistungen, verkürzt aber die Ausdauer.

Hornklee wartet nur auf warmes Wetter

Hornklee gedeiht nur gut auf länger trockenen Wiesen und Sonnenhängen, wo er massenhaft gedeihen kann. Als Besonderheit enthält Hornklee spezielle Tannine (Proanthocyanidine). Sie verbessern die Verdaulichkeit, Proteinaufnahme und Stickstoffausnutzung des Futters. Hornklee verbessert die Milchleistung trockener Wiesen als natürliches Futteradditiv.

Schwedenklee kommt mit Staunässe zurecht 

Die Besonderheit und der Wert von Schwedenklee liegt darin, dass er sich als einzige Kleeart auch auf Böden mit stauender Nässe bei mäßiger Düngung gut hält. Er gedeiht auch auf nasskalten Ton- und Moorböden, außer trockenen Sandböden. 

Auf Genetik achten

Der Klimawandel führt zunehmend zu einer Änderung der Gräserarten im Grünland. Bedenklich ist, dass sich immer mehr neue, unerwünschte Arten ohne Futterwert ausbreiten. Für klimafitte Wiesen stehen eine Reihe von Futtergräsern und Kleearten zur Auswahl, die mit dem klimatischen Temperaturanstieg an Bedeutung gewinnen werden. Ihr richtiger Einsatz erfordert die Pflanzenbestände zu beobachten, welche Arten sich örtlich als robust und klimafit herausstellen. 

Knaulgras ist der sicherste Joker für klimafitte Mähwiesen. Am praktikabelsten hat sich die Zumischung klimafitter Arten zu einer standortgeeigneten Saatgutmischung bewährt, weil manche oben dargestellte Arten nicht immer sofort im Handel verfügbar sind. Ebenso sollten die vielen Vorteile von Festulolium für Feldfutter mit seinen hohen Ertragschancen in Wechselwiesen für rechtzeitige Saatgutbestellungen eingeplant werden. 

Wer gute Futtererträge erzielen möchte, darf niemals beim Saatgut und somit bei der Genetik sparen. Jeder Rinderzüchter weiß, dass der Erfolg in der Genetik liegt, und das gilt ebenso bei der Saatgutwahl für Futterwiesen.

Autor: DI Johann Humer, Experte für Ertragsgrünland

- Bildquellen -

  • Holzlagerplatz: Humer
  • Schwachstellen In Wiesen: Humer
  • Gruenland Nachsaat 100 ID72165: agrarfoto.com
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AUTORRed. H.M.
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