Bauern muss es immer geben

NR-Abg.aD. ÖR Georg Schwarzenberger, Ehrenpräsident des Österreichischen Bauernbundes ©BZ
NR-Abg.aD. ÖR Georg Schwarzenberger, Ehrenpräsident des Österreichischen Bauernbundes ©BZ
Der Ehrenpräsident des Österreichischen Bauernbundes Abg. z. NR a. D. ÖR Georg Schwarzenberger feierte kürzlich seinen 75. Geburtstag. Der Wirtslehenbauer aus St. Veit im Pongau hat in seiner aktiven Zeit als Interessensvertreter und Politiker Meilensteine gesetzt, von denen alle Bäuerinnen und Bauern in Österreich nachhaltig profitieren.

Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Georg Schwarzenberger in deiner aktiven Zeit wurden politische Meilensteine und Wegmarkierungen gesetzt. Welche davon haben deiner Meinung nach die größte Bedeutung?
Georg schwarzenberger: Die größte Bedeutung hatten zweifelslos die Verhandlungen zum EU-Beitritt und die Förderumstellung in Österreich. Wir hatten damals in den Jahren 1993 bis 1995 die ökosoziale Agrarpolitik in Europa mehrheitsfähig gemacht. Dabei ging es vor allem, die kleinstrukturierte Landwirtschaft im europäischen Wettbewerb konkurrenzfähig zu halten. Dies wurde durch das Umweltprogramm und durch Entschädigungen für benachteiligte Regionen erreicht.
Ein zweiter Schwerpunkt in meiner Zeit als Präsident des Österreichischen Bauernbundes war der Ausbau der sozialen Absicherung der bäuerlichen Bevölkerung.
Was für die heutige Generation selbstverständlich ist, war vor 30 Jahren noch eine Utopie. Ein großes Ziel in deiner politischen Ära war, dass die Bauernfamilien im Sozialbereich einen vergleichbaren Standard zu anderen Berufsgruppen erhalten. Ist dies deiner Meinung nach gelungen?
Schwarzenberger: Für mich war die soziale Verbesserung der bäuerlichen Familien eine genauso wichtige Säule wie die Einkommenspolitik. Die bäuerliche Krankenversicherung 1965 und die Pensionsversicherung 1969 wurden zum Teil gegen den Widerstand des damals relativ starken Bauernverbandes beschlossen. Die Gegenargumente waren: Es sei für den Bauernstand unwürdig, die Altersversorgung in die Hände des Staates zu legen, auch bezeichnete man sie als “Verstaatlichung des Leibes”. Man hat deshalb zu Beginn der sozialen Absicherung die Beiträge niedrig gehalten, aber auch die Leistungen waren gering. Auch die Ärzte weigerten sich zehn Jahre lang einen Vertrag mit der Bauernkrankenkasse abzuschließen. Eine wichtige Errungenschaft war 1982 die Einführung des Wochengeldes und die soziale Betriebshilfe speziell für Bäuerinnen. 1990 wurde das Karenzgeld (Teilzeitbeihilfe) für die Bäuerinnen eingeführt. 1991 nach langen Verhandlungen die Bäuerinnenpension beschlossen.1993 konnte das Bundespflegegeld auch für die pflegebedürftigen bäuerlichen Menschen eingeführt werden. Erst 1998 konnte der Krankenschein für alle bäuerlichen Versicherten gegen den Widerstand der Ärztekammer beschlossen werden. 1999 brachte die Reform der bäuerlichen Unfallversicherung eine Erweiterung des Versicherungsschutzes und ein neues Leistungsrecht.
In der Zwischenzeit gelten für alle Pensionssysteme die gleichen Grundsätze. Nachdem in der Bauernpension 120 Pensionisten auf 100 Beitragszahler kommen, entfällt auf den Staat eine große Ausfallshaftung. All diese Verbesserungen in den letzten 30 Jahren führten dazu, dass zur Finanzierung der bäuerlichen Sozialversicherung 70 Prozent vom Bund und 30 Prozent von den Versicherten zu leisten sind. Das waren 2015 2,364 Mrd. Euro vom Bund und 945 Mio. Euro von den Versicherten. Im Vergleich dazu betrug die Landwirtschaftsförderung von der EU, vom Bund und den Ländern im Jahr 2015 2,057 Mrd. Euro.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat Salzburg gemeinsam mit Vorarlberg erfreulicherweise den geringsten Strukturwandel. Worin siehst du die Gründe dafür?
Schwarzenberger: In Salzburg wird der Wert von Grund und Boden viel mehr geschätzt als in den östlichen Bundesländern. Auch ist die Möglichkeit des Nebenerwerbes – sei es im Tourismus, bei Liftanlagen oder bei sonstigen Arbeitsplätzen in der Nähe der Höfe besser. Wichtig aber ist der Lebensraum der Familie, die Freude am Bauer sein und die Wertschätzung eines Bauernhofes.

Zum Unterschied zur Bundesebene funktioniert die Salzburger Landesregierung unter Landeshauptmann Wilfried Haslauer wesentlich besser als die Koalition unter Bundeskanzler Kern. Während in Salzburg Differenzen hinter dem Vorhang ausgetragen werden, passiert dies in Wien auf der offenen Bühne.
Schwarzenberger: Der Unterschied zwischen Salzburg und Wien wird schon in der Fragestellung beantwortet. Der größte Fehler in einer Koalition ist, wenn man dem Koalitionspartner Vorschläge und Positionen über die Medien ausrichtet. Für alle Forderungen die außerhalb des Regierungsübereinkommens gestellt werden, wird der Koalitionspartner einen hohen Preis verlangen. Ich hatte während meiner politischen Tätigkeit ein besonders gutes Gesprächsklima zu Sozialminister Hesoun. Eine Reihe der sozialen Verbesserungen konnte ich mit ihm durch Handschlag vereinbaren. Er sagte aber jedesmal, wenn vor der Beschlussfassung eine Zeile davon in der Zeitung steht, gilt das Versprechen als nicht gegeben.

Weltweit bewegen sich Politik und Gesellschaft in eine unsichere Zukunft. Brexit, US-Präsident Trump, ein mögliches EU-Austritts-Votum durch die rechtsnationale Jean Marie Le Pen in Frankreich – die dabei in ihrem Wahlkampf von Putin unterstützt wird – Strache oder Hofer als Bundeskanzler – ein Szenario, das nicht auszuschließen ist?
Schwarzenberger: Durch die Globalisierung der Märkte gibt es natürlich auch Wohlstandsverlierer. Dabei glauben viele, durch Aufbau von dichten Grenzen den Wettbewerb verringern zu können. Auch dem russischen Präsidenten Putin ist ein einiges Europa ein Dorn im Auge. Deshalb versucht er europafeindliche Parteien mit Geld und Logistik zu unterstützen.
Wir sollten aber bedenken, dass mehr als eine Mio. Arbeitskräfte in Österreich vom Export österreichischer Waren ihren Arbeitsplatz haben. Ganze Abteilungen in Krankenhäusern, im Pflegebereich oder bei Baufirmen müssten ohne ausländische Arbeitskräfte zusperren. Leider werden viele Wahlentscheidungen durch Emotionen getroffen. Dabei wird zu wenig über das Für und Wider nachgedacht. Brexit ist ein typisches Beispiel dafür.

Was wünschst du den jungen Bäuerinnen und Bauern? Was erwartest du von ihnen?
Schwarzenberger: Über Jahrhunderte erlebte die Landwirtschaft immer wieder einschneidende Umbrüche. Gesellschaftliche Veränderungen spiegeln sich in der sozialen Stellung der Bauern wider. Es gilt deshalb, für ein freies bäuerliches Eigentum weiter die starke Stimme zu erheben und den Dialog mit der nichtbäuerlichen Bevölkerung zu suchen. Eine gute Ausbildung ist auch für die bäuerliche Jugend überlebenswichtig. Die Bauern sind auch in Zukunft notwendig. Wie sollte sonst die stark wachsende Weltbevölkerung ernährt werden. Auch die Pflege der Kulturlandschaft ist für die Lebensqualität der gesamten Bevölkerung und des Tourismus wichtig. Die gesamte Bevölkerung sollte erkennen, dass ein Land ohne Bauern keine Zukunft hat.

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