Aus für Vollspalten bereits ab 2030? „Das ist einfach nicht umsetzbar“

Gesundheitsminister Johannes Rauch, zuständig auch für Tierschutz, hat am vergangenen Sonntag seine Pläne betreffend Totalverbot von Vollspaltenböden ab dem Jahr 2030 verlauten lassen. Aus Sicht der Schweinehalter ist dieser Termin aber nicht zu halten.

Ein Vollspalten-Totalverbot ab 2030 gibt es nirgendwo in der EU.

Zur Erinnerung: 2022 wurde im Parlament nach zähen Verhandlungen ein Pakt zur Weiterentwicklung der Schweinehaltung beschlossen, mit Kriterien für die Aufstallung in Neu- und Umbauten weit über dem EU-Standard sowie einer langjährigen Übergangsfrist samt Ablaufdatum für Vollspaltenbuchten in vor 2022 errichteten Ställen bis Ende 2039.

Anfang Jänner hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die gesetzlich verankerte Auflage gekippt, den Übergangszeitraum als sachlich ungerechtfertigt zu lang bezeichnet und die Regierung aufgefordert, die Übergangszeit bis zum endgültigen Verbot von Vollspaltenbuchten zu adaptieren. Alle weiteren Vereinbarungen des Paktes wurden vom VfGH nicht beanstandet. Bis Juni 2025 ist nun Zeit, die Regelung zu reparieren. 

Gesundheitsminister Rauch legte dazu am Sonntag seine Vorstellungen offen. Der Grüne plädiert, die Übergangsfrist bereits 2030 zu beenden. Dafür sollen die Betriebe zum rascheren Umstieg höhere Förderungen erhalten und parallel dazu die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie eingeführt werden. So könnten die Konsumentinnen und Konsumenten bewusst österreichisches Fleisch wählen, statt nach minderwertigem Import-Fleisch zu greifen.  Eine Übergangsfrist bis 2030 erfülle die vom VfGH geforderte Verkürzung und sei laut Rauch in Kombination mit Förderungen auch für die Betriebe „bewältigbar“. 

Kritik folgte prompt vom VP-Landwirtschaftsminister. Ohne seinen Kollegen in der türkis-grünen Koalitionsregierung namentlich zu erwähnen, teilte Norbert Totschnig mit: „Etwas, was auch von den Bäuerinnen und Bauern umgesetzt werden können soll, teilt man vernünftigerweise am Verhandlungstisch mit und nicht, indem man sich Forderungen über die Medien ausrichtet.“ Wer dagegen den zuvor gemeinsam beschlossenen Reformprozess für mehr Tierwohl im Schweinebereich verlasse, riskiere die Versorgung Österreichs mit heimischen Qualitätslebensmitteln. 

Rauchs Vorstoß ohne Einbindung der betroffenen Schweinebauern stößt indes auch speziell bei diesen besonders auf. „Die Haltungskriterien, die uns Rauch vorschreiben möchte, gibt es in keinem Land Europas oder der Welt als gesetzlichen Standard“, beklagt Franz Rauscher, Obmann des Verbandes Österreichischer Schweinebauern (VÖS). Das würde deren Produktion gegenüber den Mitbewerbern am EU-Binnenmarkt weitgehend unmöglich machen und „Fleischimporten Tür und Tor öffnen“. 

Generell sei das Jahr 2030 für die Schweinebranche „einfach nicht umsetzbar“, so Rauscher, der dem grünen Minister am Beginn des Superwahljahres bereits parteipolitische Wahlkampftaktik auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern unterstellt.

Franz Rauscher: „Würde Rauch der Erhalt einer regionalen Lebensmittelversorgung am Herzen liegen, hätte er sich mit uns Betroffenen zusammengesetzt. Das hat er leider nicht gemacht.“

Auch Josef Moosbrugger,  Präsident der LK Österreich, kritisiert Rauchs Ausritt in Sachen Vollspaltenboden: „Es ist scheinheilig, medial über Planungssicherheit für die österreichischen Schweinebäuerinnen und -bauern zu reden und gleichzeitig irgendeine willkürlich festgesetzte Jahreszahl zu verkünden. Investitionen in Tierwohlställe sind erheblich und müssen meist über viele Jahrzehnte abbezahlt werden. Viele Bauernfamilien fragen sich nun, wie sie wirtschaftlich überleben und wettbewerbsfähig bleiben sollen.“ 

Die Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes kritisiert laut Moosbrugger primär die Ungleichbehandlung von Betrieben mit alten Ställen und solchen, die mit höheren Kosten bauen und wirtschaften müssen. „Das bloße Abwandeln einer Jahreszahl ändert daran eigentlich nichts. Es wird schon etwas mehr Substanz und eine differenzierte Herangehensweise brauchen, um Rechtssicherheit für die Betriebe zu bieten.“ Rauch wäre vielmehr gefordert, zum ursprünglich erzielten Kompromiss zu stehen und eine ausgewogene, auch für die betroffenen Betriebe tragbare Lösung zu erzielen, so der Bauernbund-Vizepräsident.

Bauernbund-Chef Georg Strasser ließ den Minister via Ö3 wissen: „Das Ende der Übergangsfrist mit 2030 ist auf den Schweinebetrieben einfach nicht umsetzbar.“ Auch der Markt, die Konsumentinnen und Konsumenten müssten sich langsam an das eigentliche Angebot, an die höheren Preise gewöhnen. Anderfalls würden Schweine aus der EU durch Schweine aus Brasilien ersetzt. „Und das kann auch nicht das Ziel von Minister Rauch sein.“

VÖS-Obmann Rauscher: „Anstatt eine neue Debatte vom Zaun zu brechen, braucht es Planungssicherheit und Anreize für unsere Betriebe.“ Diese hätten bereits 2021 mit ihrer Tierwohlstrategie klargelegt, die Anzahl von Tieren, die in Bio- und Tierwohlställen gehalten werden, bis 2030 auf eine Million pro Jahr zu erhöhen. Rauscher: „Das ist ambitioniert, es gibt aber bereits viele Umsteller, zuletzt um ein Drittel auf gut 220.000 Schweine. Wenn das auch dem Minister ein Anliegen ist, sollte er uns dabei unterstützen, anstatt aus parteipolitischen Motiven überzogene Forderungen aufzustellen.“ 

- Bildquellen -

  • Mastschweine: agrarmotive - stock.adobe.com
- Werbung -
AUTORRed. BW
Vorheriger ArtikelGendergefahr!
Nächster ArtikelEine Walnuss war die „Braut der Submission“