Dank überdurchschnittlich vieler Sonnenstunden und guter Niederschlagsverteilung bestechen heimische Äpfel heuer durch „ausgezeichnetes Aroma und hohe Inhaltsstoffe“, das teilte die LK Steiermark vergangene Woche vor Journalisten mit. Das wäre heuer aber auch schon „das einzig Positive“ verlautete es aus Graz. Denn geerntet werde bereits seit zwei Wochen, allerdings nur ein Drittel einer Vollernte, konkret wird mit 59.000 Tonnen Gesamternte gerechnet. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2011 ernteten die Obstbauern 195.000 Tonnen Äpfel, 2022 immerhin 151.000 Tonnen.
Geschuldet sei der Ertragseinbruch den verheerenden Spätfrösten im April. Nach einem überdurchschnittlich warmen Frühjahr gingen die Kern- und Steinobstkulturen heuer etwa drei Wochen früher in Blüte und wurden von den tiefen Temperaturen empfindlich geschädigt. Schon im Juli stellte der Branchenverband für Obst und Gemüse (ÖBOG) klar, dass es sich heuer um das schwerste Schadereignis im steirischen Obstbau seit 2016 handle. Im Allgemeinen hinterlasse der Klimawandel „ruinöse Spuren im Land“. In den vergangenen neun Jahren gab es aufgrund der Spätfröste nur zwei Normalernten, welche obendrein nur zu schlechten Marktpreisen verkauft werden konnten, wurde informiert.
Versorgung „weitgehend gesichert“
Bleibt die Frage wie sich die Missernte auf die Versorgung mit dem beliebtesten Obst der Österreicher auswirkt. Bekanntlich entfallen gut drei Viertel der der heimischen Apfelanlagen auf die Steiermark, 950 der insgesamt 1.600 Apfelbauern wirtschaften im Land an Mur und Mürz. In der LK wird betont, dass die Belieferung des heimischen Handels dennoch „weitgehend gesichert“ sei. Mit rund 120.000 Tonnen Äpfeln wird österreichweit heuer gerechnet, rund 110.000 Tonnen werden zur Inlandsversorgung benötigt, wobei er Inlandsmarktanteil in den Supermarktregalen im Schnitt bei 90 Prozent liege.
Wie die Obstbauexperten erklären können die anderen Bundesländer, etwa Niederösterreich, die steirischen Mindererträge kompensieren. Der dortige Geschäftsführer des Landesobstbauverbands, Wolfgang Lukas, rechnete im Gespräch mit der APA mit einer „gut durchschnittlichen“ Apfelernte von 20 bis 30 Tonnen je Hektar, frostgeschädigte Flächen ausgenommen.
Auch EU-weit wird eine unterdurchschnittliche Apfelernte erwartet. Der Weltapfel- und Birnenverband ging Anfang August von 10,2 Mio. Tonnen aus, was einem Rückgang von mehr als 11 Prozent entspräche.
„Leben von der Betriebssubstanz“
Die verheerenden Konsequenzen der Spätfröste auf den heimischen Obstbau zeigt indes eine von der LK präsentierte Umfrage vom Frühjahr auf. Dort gaben zwei Drittel der Bauern an, in den vergangenen fünf Jahren „von der Betriebssubstanz gelebt zu haben“, viele von ihnen hätten deshalb eine Betriebsaufgabe eingeleitet. Für jeden fünften steirischen Obstbauern ist das Auslaufen des Betriebs bereits fix, 40 Prozent warten zumindest bei Investitionen vorerst ab.
„Der steirische Apfelanbau steht auf des Messers Schneide, die Herausforderungen sind multiple“, erklärte LK-Steiermark-Vizepräsidentin Maria Pein in der Vorwoche. Der einzige „Mutmacher“ sei die Frostberegnung. „Ohne diese würde die Apfelernte noch viel, viel schlechter ausfallen“, beteuerte sie. Demnach werde heuer auf den 400 Hektar frostberegneten Obstgärten (8 % der Anbaufläche) 42 Prozent der steirischen Apfelernte eingebracht. Entsprechend liege darauf auch der Fokus in der Kammerberatung.
„Mutmacher“ Frostberegnung
Doch die Errichtung von Beregnungsanlagen und Speicherbecken sei für die Obstbauern derzeit wirtschaftlich nicht zu stemmen, die öffentliche Hand ist aus Peins Sicht gefordert. So wurde bereits um eine außerordentliche Beihilfe bei der europäischen Kommission angesucht. Im Landwirtschaftsministerium und den Bundesländern wird gerade ein 10 Mio. Euro schweres Hilfspaket für die betroffenen Regionen geschnürt, auch für eine Erhöhung der Investitionsförderung setzt sich die steirische Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer (ÖVP) ein.
Manfred Kohlfürst, Obmann der steirischen und österreichischen Obstbauern, streut dem Frostschutz per Beregnung unterdessen Rosen: „Die Frostberegnung ist hocheffizient und äußerst umweltverträglich.“ Kritikern des Systems gibt er mit: „Kein Liter Wasser geht verloren, sondern wird der Natur wieder zurückgegeben.“ Verwendet werde außerdem lediglich Überschuss- und kein Trinkwasser.
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- Apfelernte: agrarfoto.com