Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.
Kulinarisch ist Italien eine Großmacht. Als „Eataly“ feiert es sich selbst in aller Welt; und das zu Recht. Italienische Küche steht für Lebenslust und die Überzeugung, dass es wenig mehr braucht, um das Leben auszukosten, als die richtigen Zutaten, Zeit zu kochen, vor allem aber zu genießen. La Dolce Vita eben. Pizza, Pasta und Risotto sind längst weltweites Gemeingut. Ihren Erfolg verdankt die italienische Küche der Unzulänglichkeit anderer, weniger raffinierter „Regionalküchen“ und natürlich auch der Vorbildwirkung von in die USA ausgewanderten Italienern. Sie hielten auch in der Ferne am „Arme-Leute-Essen“ fest, das sie aus der alten Heimat kannten. Vergessen wird bei Erfolgsgeschichten aber oft, dass Erfolg auch auf Offenheit baut – im konkreten Fall auf der Offenheit derjenigen, die sich im Urlaub auf Neues einließen, beim Nachbarn gekostet und das beim Italiener Probierte selbst zu Hause nachgekocht haben.
Dass sich Italien nun unter seiner postfaschistischen Regierung einbunkert und Neuerungen gegenüber abschottet, wirkt in diesem Zusammenhang kleingeistig und lächerlich. Vor Kurzem wurde ein Gesetzesentwurf vorgelegt, der „die Herstellung und das Inverkehrbringen von synthetischen Lebens- und Futtermitteln“ verbieten soll. Dahinter steckt die Angst vor Cultured Meat („Laborfleisch“). Begründet wird das angedachte Verbot unter anderem mit der fehlenden Natürlichkeit dieser Lebensmittel.
Man fragt sich, wo Italien heute kulinarisch stünde, hätte man sich Neuem gegenüber auch früher verweigert. Es gäbe weder Espresso noch Cappuccino. Auch Paradeiser, Paprika und Erdäpfel waren im alten Rom unbekannt. Angst ist kein guter Koch. Das wird auch die Zukunft zeigen.
- Bildquellen -
- Weber Thomas: Michael Mickl