Es braucht Kreativität und Zusammenarbeit, um neue Wege zu gehen. Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Tirol und der Firma Eagles Future Distillery wagt der Ellbögner Biobauer Christoph Spörr einen innovativen Versuch und baut auf rund 2000 Quadratmetern Meister- und Engelwurz an.
Ginseng der Alpen
Meisterwurz und Engelwurz sind seit Jahrhunderten als Heilpflanzen bekannt. Ihnen wird eine verdauungsfördernde und magenstärkende Wirkung nachgesagt. Die ursprünglich nordischen Gewächse wuchern wild im Mittel- und Hochgebirge. „In Tirol nennt man ihn seines vergleichbaren Geschmacks wegen auch den Ginseng der Alpen“, erklärt Dipl.-Ing. Wendelin Juen von der LK Tirol.
Das Gewächs ist vielfältig verwertbar – so hat die Firma Eagles Future Distillery sich an die Erzeugung von alpinen Premiumgetränken gewagt und produziert unter anderem „Alperitiv“ und „Alperitivo“ sowie Gin und Likör aus den Heilpflanzen. Denkbar wäre für den Firmeninhaber Werner Ultsch neben der Verarbeitung der Meister- und Engelwurz-Wurzeln zu alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken auch die Verwertung der restlichen Pflanze zu Spezialitäten für die Küche. „Eine Heilpflanze als Kulturpflanze – das regt die Fantasie an“, meint der kreative Kopf. Werner Ultsch ist der Initiator des Pilotprojekts. Ihm ist es wichtig, dass der Rohstoff für seine Erzeugnisse aus der Region kommt und garantiert qualitativ hochwertig ist. Im Gegenzug garantiert er den Bauern die Abnahme ihrer Meister- und Engelwurzernte. „Die Abnahmegarantie zu einem fairen Preis ist essenziell für die Landwirte“, ist sich Wendelin Juen sicher.
Potenzielles zweites Standbein
„Als Kulturpflanze sind Meister- und Engelwurz neu in Tirol. Der gezielte Anbau eröffnet der Landwirtschaft und insbesondere der Berglandwirtschaft eine völlig neue Perspektive“, führt Juen aus.
„Wenn der Pflanzenanbau ausgereift ist, könnte ich ihn mir durchaus als zweites Standbein vorstellen“, meint auch Christoph Spörr. Der „Truilerhof“ in Oberellbögen ist auf Rinderhaltung spezialisiert, der Anbauversuch ist Neuland für den Familienbetrieb. Meister- und Engelwurz haben die Biobauern begeistert, auch wenn der Projektbeginn laut Christoph Spörr „abenteuerlich“ war. Im Frühjahr ließen Föhnsturm, Trockenheit, später auch Neuschnee und tiefe Temperaturen von minus sechs Grad Celcius die Familie um ihre Ernte bangen. Doch die robusten Gewächse überstanden die harten Bedingungen und waren im Frühling sogar der erste grüne Tupfen auf den sonst noch winterbraunen Wiesen.
Bei der Kulturpflege hilft die ganze Familie mit, denn der Meister- und Engelwurz muss regelmäßig zurückgestutzt werden, um die ganze Kraft und Energie der Pflanze in der Wurzel zu halten. Besonders arbeitsintensiv ist auch die Unkrautbekämpfung. „Wir sind gespannt auf die Ernte im Spätherbst“, freut sich Christoph Spörr.
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