Als aus fünf Gemeinden plötzlich eine wurde

Im Zuge der Gemeindezusammenlegungen 1972 entstand vor genau 50 Jahren aus damals fünf Kleingemeinden im Triestingtal die Gemeinde Altenmarkt an der Triesting. Der Prozess des echten Zusammenwachsens dauere bis heute an, so der Bürgermeister im Gespräch mit der BauernZeitung.

Altenmarkt an der Triesiting ist wohl europaweit die einzige Gemeinde mit fünf Wallfahrtskirchen, meint Bürgermeister Josef Balber.

Der NÖ Landtag beschloss im November 1971 das „Kommunalstrukturverbesserungsgesetz“. Hinter diesem sperrigen Begriff verbirgt sich der Abschluss einer vom Land Niederösterreich angestoßenen Gebietsreform in den Jahren von 1965 bis in die 1970er-Jahre, die auf die Zusammenlegung vieler Kleingemeinden zu Großgemeinden abzielte, um sowohl finanzielle Einsparungen als auch effizientere Abläufe in der Verwaltung zu erreichen. Binnen weniger Jahre wurde so die Zahl der Gemeinden von 1652 auf 559 reduziert. Vereinzelt wurden einige Zusammenlegungen später wieder rückgängig gemacht. Heute gibt es 573 blaugelbe Gemeinden.

Finanzielle Einsparungen und effizientere Verwaltung als Ziel

Schon 1970 hätten die Verhandlungen zwischen den Gemeinden Altenmarkt, Thenneberg, Nöstach, Kleinmariazell und St. Corona am Schöpfl (Bezirk Baden) begonnen, berichtet Bürgermeister Josef Balber aus der Entstehungsgeschichte „seiner“ Gemeinde. Besonders umstritten sei damals die Frage der Vermögenseinbringung gewesen. Am 1. Jänner 1972 war es dann so weit: Nach Beschluss im Gemeindrat jeder einzelnen Kleingemeinde wurde die Gemeinde Altenmarkt an der Triesting aus der Taufe gehoben. Die Zusammenlegung habe auch historische Wurzeln, weiß Balber, gehörte doch die gesamte Region ursprünglich zur Herrschaft des um 1120 gegründeten Benediktinerstiftes Mariazell in Österreich – dem heutigen Klein-Mariazell. Zum Zentrum der nunmehr rund 2.200 Einwohner zählenden und etwa 63,5 Quadratkilometer großen Kommune wurde Altenmarkt – weil es sich um die einwohnerstärkste Gemeinde handelte und diese auch zentral gelegen war. Der Hauptort Altenmarkt wie auch Thenneberg liegen im Talboden des Triestingtales, die anderen Dörfer etwas abseits: Klein-Mariazell und St. Corona in einem Seitental Richtung Klausenleopoldsdorf, Nöstach und Hafnerberg am gleichnamigen Gebirgspass Hafnerberg in Richtung Alland.
Die Verwaltung wurde im Gemeindeamt Altenmarkt zusammengeführt. Ebenso das Schulwesen, wo die Kleinkinderbetreuung, Kindergarten und Volksschule zentral angeboten werden. Zur Mittelschule pendeln die Kinder nach Weißenbach an der Triesting aus. Die Freiwilligen Feuerwehren Altenmarkt und Nöstach-Hafnerberg blieben eigenständig bestehen.
Die Gemeinde ist bis heute sehr land- und forstwirtschaftlich geprägt. Es gibt nur wenige Gewerbebetriebe und so kann die Kommune auch nur mit einem Kommunalsteueraufkommen von rund 120.000 Euro pro Jahr rechnen. „Dem steht aber ein hoher Aufwand für eine zeitgemäße Infrastruktur gegenüber“, berichtet Balber aus der Praxis.
Egal ob Gemeindestraßen, Müllentsorgung Wasserleitungen oder Kanal, die Kosten summieren sich. Zu stemmen seien diese nur durch enge und möglichst unpolitische Zusammenarbeit in den jeweiligen Verbänden über die Gemeindegrenzen hinaus.

Aktives Dorf- und Vereinsleben verbindet die Menschen

„Durch unser Gemeindegebiet führt zudem die Via Sacra, der Wiener Mariazellerweg. Altenmarkt ist dadurch wohl europaweit die einzige Gemeinde mit fünf Wallfahrtskirchen“, weist der Bürgermeister auf eine weitere Besonderheit hin. Auch das belaste das Gemeindebudget, denn jede dieser Kirchen sei „ein kulturelles Kleinod für sich“ und müsse daher entsprechend erhalten werden.
Letztlich seien durch die Zusammenlegung sowohl strukturelle als auch finanzielle Verbesserungen erreicht worden sieht Bürgermeister Balber ein halbes Jahrhundert später die Fusionierung positiv. Dennoch sei es eine Herausforderung gewesen, jahrhundertealte Traditionen, „einfach den Alltag mehrerer Ortschaften unter einen Hut zu bringen“. Ein aktives Dorfleben durch Veranstaltungen und Vereine habe beigetragen, die Menschen zusammenwachsen zu lassen. Ein Prozess, der aber noch immer nicht abgeschlossen ist, so Balber. Seitens des Landes ortet der Bürgermeister, der auch Landtagsabgeordneter ist, derzeit keine Bestrebungen zu weiteren Zusammenlegungen. Einsparungsmöglichkeiten für die Kommunen sieht er eher in Kooperationen, wie sie auch in seiner Gemeinde seit Jahren erfolgreich praktiziert werden.

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AUTOREva Riegler
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