Almprodukte: Mehrerlös muss zu Bauern kommen

Josef Lanzinger, Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereins:
Josef Lanzinger, Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereins: “Der Mehrwert der Almprodukte ist wissenschaftlich belegt.” ©BauernZeitung
Josef Lanzinger: Der Almsommer 2016 verlief bisher für die Niederalmen ungünstig. Durch das nasse und kalte Wetter gibt es vermehrt Trittschäden. Im heurigem Almsommer gab es so viele Regentage wie noch selten zuvor. Dieser Wettermix schadetet der Gesundheit und verschlechtert die Futteraufnahme. Die “Alminger” hätten sich in der nächsten Zeit mehrere trockene Tage verdient.
Wie bewerten Sie die Rahmenbedingungen im neuem Förderprogramm für die Almen? 
Lanzinger: Der Rahmen für die Leistungsabgeltung wurde ab dem Jahr 2015 neu festgelegt. Die unschätzbaren Leistungen, die die Almbauern durch ihre engagierte Arbeit auf den Almen erbringen, kann die Gesellschaft gar nicht hoch genug abgelten.
Konkret werden bei der Alpungsprämie die gealpten Milchkühe besser unterstützt als bisher. Dies entspricht einer langjährigen Forderung des Tiroler Almwirtschaftsvereins und geht in die richtige Richtung. Die Rückrechnung der Almflächen auf die Tierbesitzer der Heimbetriebe bei der Ausgleichszulage und der Direktzahlung sollte auch in Zukunft dafür sorgen, dass genügend Tiere auf die Almen getrieben werden. Bei der Direktzahlung ist das Versprechens, dass die Förderhöhe der Almflächen bei der Direktzahlung auch im neuen Programm gleich hoch sein soll, von der Agrarpolitik noch einzulösen.
Im Zeiten der schlechten Milchpreise sind bessere Preise für Qualitätsprodukte dringend notwendig. Unter dem Gütesiegel “Qualität Tirol” bietet SPAR seit kurzem die “Almmilch” an. Sollte man die Spezialprodukte von der Alm (wie z. B. das Almschwein) besser vermarkten?
Lanzinger: Der gesundheitliche Mehrwert der Almprodukte kann wissenschaftlich belegt werden und in einer Zeit des Überangebotes bei der Milch muss mit dem Almprodukt ein ordentlicher Mehrwert erlöst werden können. Die ersten Produktvermarktungen unter dem Namen “Alm” sind erfolgversprechend und werden vom Tiroler Almwirtschaftsverein voll unterstützt. Der Name “Alm” darf in Zukunft nur mehr für jene Produkte verwendet werden, die tatsächlich von der Alm kommen. Almmilch darf nur verkauft werden, wenn tatsächlich nur Almmilch im Milchpackerl ist. Die Almwirtschaft Österreich hat festgelegt, dass Almkäse nur auf der Alm erzeugt werden darf. Der Käse, der aus einer Almmilch erzeugt wird, aber in der Molkerei im Tal hergestellt wird, darf “Käse aus Almmilch oder Almmilchkäse” genannt werden.
Der Tiroler Almwirtschaftsverein wird in Zukunft alle Verarbeiter aller möglichen Almprodukte (Milch, Fleisch, Kräuter usw.) unterstützen und darauf schauen, dass der Mehrerlös auch zu den Almbauern kommt.

Tirols Almen sind durch die Arbeit der Bauern ein beliebtes Naherholungsgebiet für Einheimische sowie Attraktion für den Tourismus und prägen die Tiroler Kulturlandschaft. Wie sehen Sie die Gefahr, dass durch den derzeit schlechten Milchpreis Almen nicht mehr bestoßen werden?
Lanzinger: Milchalmen sind arbeitsintensiv und dadurch teuer in der Bewirtschaftung. Aber gerade durch den Arbeitseinsatz der Alminger und Almbauern wird aus einer schönen Almlandschaft eine wunderschöne Almlandschaft, um die uns ganz Europa beneidet. Vom Genuss der Schönheit der Landschaft kann der Almbauer leider nicht leben, deshalb braucht es für die Zukunft ordentliche Zuschläge für die Almmilch. Sollte es nicht gelingen, dass für die Almmilch ordentliche Zuschläge bezahlt werden können, wird ein Rückgang der Milchalmen unvermeidbar sein. Als Beispiel können wir uns das Land Steiermark ansehen. In der Steiermark wurde in den letzten 15 Jahren die Hälfte der Milchalmen aufgegeben. Gerade bei einer geringen Dichte der Milchalmen wird es dann umso schwerer, auf den verbleibenden Milchalmen die Milch abzuholen. Ein solcher Kreislauf könnte die Almlandschaft in Tirol wesentlich verschlechtern und dem Tiroler Tourismus gravierende Probleme bringen.
Danke für das Gespräch!

- Werbung -
Vorheriger ArtikelRaumordnungsnovelle: Sachkenntnis und Arbeitseinsatz stechen Polemik
Nächster ArtikelWissen von früher für den Schutz von heute nutzen