Wenn Hirte Georg Senfter auf der Patscher Alm im hinteren Defereggental in Osttirol am Beginn der Almsaison die Bauern mit ihren Rindern begrüßt, braucht er einen guten Überblick und eine klare Ansage. Mit der großen Ruhe und Gelassenheit, die ihm eigen ist und die auch die Tiere respektieren, teilt er das Jung- und Galtvieh in drei Gruppen ein und weist die Bauern an: „Du bringst dein Vieh hierhin, du dorthin!“ So entstehen drei Herden, die jeweils einem anderen Almgebiet zugeteilt werden und die sich während des Sommers nie vermischen. Durch kluge Weidelenkung ist garantiert, dass alle ausreichend gute Futtergräser finden.
Kleinstrukturiertes Almgebiet
Einerseits macht das klein-strukturierte Almgebiet, das unter anderem durch einen Wildbach und Brücken geteilt wird, diese Einteilung notwendig: Die Patscher Alm liegt westlich der Schwarzach und nördlich des Patscher Bachs. Andererseits lässt sich dadurch die Weidelenkung mit Einzäunung flexibel gestalten und Georg Senfter kann die Tiere gut unter Kontrolle halten. Bei so viel Vieh ist das unumgänglich, denn es sind jeden Sommer um die 100 Stück, für die er ganz allein verantwortlich ist – und das nunmehr in seiner neunten Almsaison. Bereits in seinem ersten Almsommer hat er sich die Organisationsabläufe genau überlegt und dann immer weiter nachgebessert.
Da Georg Senfter viele der Tiere schon kennt – ein paar sind auch von seinem eigenen Hof in St. Jakob in Defereggen dabei, den inzwischen sein Sohn führt – weiß er auch, welche Rinder sich gut vertragen. Jedenfalls hat sich seine Methode bewährt und die Almbauern sind begeistert. Das habe ich erfahren, als mich im letzten Jahr ein liebes Mail von Erika Pallhuber aus der Südtiroler Gemeinde Rasen-Antholz östlich von Bruneck erreichte:
Hallo Frau Prugger,
ich bin die Obfrau der Almgemeinschaft Patsch im hinteren Defereggental.
Unser Hirte Georg Senfter ist eifriger Leser der Tiroler Bauernzeitung und hat mir letztens mal gesagt, dass Sie immer wieder Dokumenta-tionen/Reportagen über Almen in Tirol machen.
Meine Frage an Sie: Ist es denkbar, dass Sie nächsten Sommer auch mal über unsere Patscher Alm eine Reportage schreiben und mit unserem Hirten, der über 100 Rinder betreut und ein fantastisches Hirten-Management betreibt, ein Interview führen? Wir würden uns riesig darüber freuen!
Erfahrung und Tierliebe
Auch ich freue mich, darüber berichten zu dürfen, denn bei Georg Senfter merkt man gleich, dass er im Umgang mit dem Vieh nicht nur erfahren ist, sondern es auch gern hat: „Ich kenn sie alle beim Namen und sie kennen mich, da lässt es sich ganz gut miteinander arbeiten. Es ist bei den Tieren wie bei den Menschen: Wenn man sie gut behandelt, dann kommt man meistens gut mit ihnen aus.“
Und so gefällt es Georg Senfter auch, dass der Almsommer auf der Patscher Alm, die geografisch zur Gemeinde St. Jakob in Defereggen gehört, lang ist. Da sie auf 1.700 m relativ niedrig liegt, wird das Vieh bereits Anfang Juni auf die Alm gebracht. Die Weiderechte der privaten Alm liegen im Besitz von drei Südtiroler Höfen: zwei davon aus Antholz und einer aus Reischach bei Bruneck. Als Obfrau der Weiderechtsbesitzer hilft Erika Pallhuber dem Hirten Georg Senfter oft bei der Arbeit mit dem Vieh.
Die Natur – Freund und Feind
Sie alle sind froh, dass sie mit Georg Senfter so einen tüchtigen Hirten haben. Georg Senfter: „Natürlich kann trotz guter Organisation und gewissenhafter Arbeit etwas passieren. Das hat man nie im Griff. Ich bin ein sehr gläubiger Mensch und deshalb bitte ich immer um Gottes Hilfe bei meiner Arbeit, damit alles gut geht und ich die Tiere am Ende des Sommers ihren Besitzern gesund zurückgeben kann.“
Starke Unwetter fürchtet er am meisten, mit Wölfen gab es zum Glück noch keine Probleme, obwohl ein Stück oberhalb der Hochalm auch Schafe weiden. „Wir sind in der Natur und diese ist gleichzeitig Freund und Feind. Man muss also immer auf alles gefasst sein.“ Ein Problem sind auf der touristisch viel besuchten Patscher Alm Touristen, die Hunde mit sich führen. Manche der Hundebesitzer verhalten sich auf den Weiden verständnislos oder falsch. Wenn er Zeuge eines solchen Vorfalls wird, versucht Georg Senfter, über das richtige Verhalten aufzuklären. Er redet dann mit großer Ruhe und Gelassenheit, so wie mit seinen Rindern. Und nicht selten hat er auch bei den Menschen damit Erfolg.
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- Image001: Erika Pallhuber
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- Patsch 4: Erika Pallhuber