TFA: Wie giftig ist die „Ewigkeitschemikalie“?

Derzeit laufen europaweite Studien über die als PFAS und TFA bezeichneten Industriechemikalien. Die Landwirtschaft wehrt sich gegen eine Vorverurteilung.

Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse eines Tests von Mineral- und Heilwässern holte das Thema PFAS in die mediale Berichterstattung.

Als eine „unseriöse Panikmache“ bezeichnet die Landwirtschaftskammer Oberösterreich einen Beitrag, den der ORF vergangene Woche auf seiner Website veröffentlicht hat. Darin ging es um das PFAS-Zerfallsprodukt TFA (siehe Infokasten), das in getesteten Mineralwässern gefunden wurde. Die Arbeiterkammer Oberösterreich und die Umweltorganisation Global 2000 hatten davor 18 österreichische Mineral- und fünf Heilwässer auf die sogenannte „Ewigkeitschemikalie“ getestet. Dabei wiesen neun Produkte keine Belastung auf. Bei den anderen wurde laut ORF die „fortpflanzungsgefährdende“ Chemikalie gefunden.

Substanzen sind seit Jahrzehnten in Gebrauch

Laut Österreichischer Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) umfassen die PFAS mehr als 10.000 Substanzen. Die Industriechemikalien finden seit Jahrzehnten etwa zum Imprägnieren von Textilien, in Haushaltswaren wie Backpapier und Teflonbeschichtungen, in Kühlmittel für Autoklimaanlagen, in Feuerlöschmittel oder Kosmetika Verwendung.

Trifluoracetat (TFA) ist ein Abbauprodukt der PFAS. Seitens Global 2000 werde in der dem ORF übermittelten Studie die Landwirtschaft als Hauptverursacher der Grundwasserbelastung mit TFA genannt, ärgert sich Franz Waldenberger, Präsident der LK OÖ. Konkret werde einer Reihe von eingesetzten Pflanzenschutzmitteln unterstellt, die Chemikalie TFA im Grundwasser zu verursachen.

Verursacher und Gefahr derzeit unter der Lupe

Laut Landwirtschaftskammer OÖ erfolgte bis dato keine grundlegende Quantifizierung der PFAS-Einträge aus Industrie, Haushalten und Landwirtschaft. Aktuell werden von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bis zum Herbst 2025 umfassende Studien durchgeführt, die sowohl Verursacher, als auch das Ausmaß der Gesundheitsgefährdung versachlichen sollen.

Ich fordere die Vertreter von Global 2000 und Arbeiterkammer auf, nicht auf dem Rücken der Landwirtschaft voreilige Schlüsse zu ziehen. Franz Waldenberger

„Ich fordere die Vertreter von Global 2000 und Arbeiterkammer auf, nicht auf dem Rücken der Landwirtschaft voreilige Schlüsse zu ziehen, nur um den erforderlichen Pflanzenschtz in Misskredit zu bringen. Uns liegen ebenso Expertenmeinungen vor, die den Einfluss der Landwirtschaft im niedrigen einstelligen Prozentbereich sehen. Ebenso handelt es sich bisher nur um den Verdacht der Reproduktionstoxizität. Für eine seriöse Beurteilung ist es erforderlich, die Veröffentlichung der Ergebnisse der zuständigen europäischen Agenturen abzuwarten“, betont Waldenberger.

Mögliches Verbot mit weitreichenden Folgen

Quelle: lk oö
LK-Präsident Franz Waldenberger

Die aktuelle Diskussion über PFAS auf EU-Ebene zielt darauf ab, diese Stoffe zu reduzieren oder durch Alternativen zu ersetzen. TFA ist momentan als gering toxisch eingestuft, könnte aber als „reproduktionstoxisch 1B“ klassifiziert werden, was die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit PFAS verhindern würde. Außerdem wäre dann TFA ein relevanter Metabolit (Zwischen- oder Abbauprodukt), es würde ein Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser zur Anwendung kommen. Dieser Wert könnte wahrscheinlich nur schwer eingehalten werden. Weltgesundheitsorganisation (WHO), ECHA und EFSA prüfen derzeit die Substanz, die Ergebnisse werden gegen Jahresende erwartet.

Umweltorganisationen fordern schon jetzt ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln, die zu TFA abgebaut werden können. „Untersuchungen der ECHA zeigen, dass Pflanzenschutzmittelwirkstoffe lediglich zwei Prozent zur gesamten PFAS- Belastung beitragen. Der Beitrag des landwirtschaftlichen Sektors zum Eintrag von PFAS und TFA ist daher äußerst gering“, sagt Franz Waldenberger.

Quelle: agrarfoto.com
Kleinere Kulturen beispielsweise der Mohnanbau wären von einem Wegfall der diskutierten Pflanzenschutzmittel besonders betroffen.

Von einem Verbot wäre die Landwirtschaft stark betroffen. Besonders kleinere Kulturen, bei denen der Wegfall dieser Wirkstoffe den Anbau stark einschränken oder unmöglich machen könnte. Laut LK OÖ gäbe es etwa im Mohnanbau kein Herbizid mehr zur Bekämpfung breitblättriger Unkräuter. Der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen sowie die Gras- und Kleesamenvermehrung in Oberösterreich wären ebenfalls betroffen.

Was sind PFAS?

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine umfangreiche Gruppe von Industriechemikalien. Es handelt sich um organische, vom Menschen hergestellte Verbindungen, die kein natürliches Vorkommen haben. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften (wasser- und fettabweisend, Stabilität, Langlebigkeit) werden sie seit Jahrzehnten in vielen Industriebereichen und Konsumentenprodukten eingesetzt. Alle PFAS sind, wenn sie einmal in die Umwelt gelangt sind, kaum oder nur mehr sehr schwer wieder entfernbar.

TFA (Trifluoressigsäure) ist ein sehr langlebiges PFAS-Abbauprodukt und gilt daher als „Ewigkeitschemikalie“. Seine gute Wasserlöslichkeit führt dazu, dass es im Boden sehr mobil ist und leicht ins Grundwasser gelangen kann. TFA ist im Grundwasser verbreitet nachweisbar. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wird 2025 im Rahmen eines bundesweiten Monitoring-Programmes TFA in Trinkwasser untersuchen. Für Trinkwasser gibt es derzeit keinen EU-weit harmonisierten Grenzwert für TFA.

Pflanzenschutz

Derzeit fallen 38 Wirkstoffe unter PFAS/TFA, 31 davon sind in Österreich mit 247 Produkten zugelassen. Die Weiterentwicklung der Regelung zum Beschränken von PFAS ist ein europäisches Thema. Ein rein europäischer Ansatz reicht für dieses globale Problem aber nicht aus, viele Waren mit ähnlichen Herausforderungen werden aus Drittstaaten nach Europa importiert.

- Bildquellen -

  • Präsident Franz Waldenberger LK OÖ 5221: lk oö
  • Graumohn Bluete 7 ID73806: agrarfoto.com
  • A Bottle Of Water Is Shown With A Splash Of Water Surrounding It: Meritxell Cid - stock.adobe.com (Generiert mit KI)
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