Baumreihen mitten in einem Acker oder in einer Wiese – wer hier sofort an einen Hindernisparcours auf sonst gut nutzbaren Flächen denkt, liegt im Fall von „Agroforst“ falsch. Denn bei dieser Art der Flächennutzung ist die Kombination von Bäumen mit Ackerkulturen oder Grünland sogar erwünscht und beabsichtigt.
Agroforst-Bewirtschaftung zielt auf ein Miteinander von Baumreihen und einjährigen Kulturen, wobei beide genutzt werden und zum gegenseitigen Vorteil interagieren. Im Grünland handelt es sich um traditionelle Systeme, die seit langem bekannt sind wie z. B. Streuobstwiesen. Bäume auf Ackerflächen sind hingegen ein neues, oder eigentlich müsste man sagen, ein wiederentdecktes Konzept. Die strikte Trennung in Ackerkulturen, Obst und Wald ist erst im vergangenen Jahrhundert erfolgt.
Nutzung als Obst oder Wertholz
Mit einem gut geplanten und an den Standort angepassten Agroforstsystem können Betrieb und Umwelt auf verschiedene Art und Weise profitieren.
Auf der einen Seite kann der Betrieb profitieren, in dem durch die Diversifizierung zusätzliche Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden – sei es als Wertholz in vielen Jahren oder durch die Fruchtnutzung. Zusätzlich können Baumreihen Schutz vor Wind- und Wassererosion bieten und das Kleinklima und die Bodenlebewesen positiv beeinflussen. Eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels wird immer dringender und auch da können Bäume einen positiven Beitrag leisten, weil sie Schatten spenden und durch ihre Verdunstung von Wasser einen kühlenden Effekt haben. Bäume speichern auch sehr viel CO2 in ihrer ober- und unterirdischen Biomasse und sind daher ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Und nicht zuletzt sind sie für die Förderung der Biodiversität wichtig, weil durch sie wieder mehr Strukturen und Lebensräume in die Landschaft kommen.
Warum kann nun das System Agroforst in so vielen Bereichen punkten? Das liegt daran, dass der „Stockwerksbau“ des Systems ausgenutzt wird: Die Bäume strecken sich höher nach oben, können also das Licht gut ausnutzen, während die landwirtschaftliche Kultur darunter ebenfalls ausreichend Licht bekommt, da sie nur teilweise und im Tagesverlauf nur kurz beschattet wird. Untersuchungen in mediterranen Gebieten zeigen, dass die teilweise Beschattung in sehr trockenen, heißen Perioden im Frühjahr für Ackerkulturen sogar von Vorteil sein kann.
Wurzeln in die Tiefe leiten
Der Baum streckt sich aber nicht nur sichtbar in die Höhe, sondern breitet seine Wurzeln auch unsichtbar nach unten in den Boden aus. Damit die Baumwurzeln nicht mit den Wurzeln der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen konkurrieren, muss man sie immer wieder am Rand zur landwirtschaftlichen Kultur kappen und dadurch in die Tiefe zwingen. Das geschieht mit einem Schwergrubber oder Tiefenlockerer. So dienen die Baumwurzeln unter den landwirtschaftlichen Nutzpflanzen als Auffangnetz für Wasser und Nährstoffe und können somit einen Beitrag zur Verminderung der Nährstoffauswaschung leisten. Die Ackerkultur profitiert wiederum von Nährstoffen durch den Laubfall. Untersuchungen haben gezeigt, dass durch Agroforstbewirtschaftung der Humusgehalt vor allem in den Baumreihen am Acker zunimmt. Damit sich Agroforstsysteme positiv für Betrieb und Umwelt auswirken, benötigen sie eine optimale Planung, Umsetzung und Pflege.
Gute Planung ist wichtig
Im Vorfeld sind unter anderem folgende Fragen zu klären:
• Warum will ich Agroforst umsetzen und welche Ziele verfolge ich damit?
• Welche Fläche eignet sich?
• Welche Bäume (Holz oder Frucht) passen zu meinem Betrieb und Standort?
• Kann ich Bäume über einen längeren Zeitraum pflegen und welche Pflegemaßnahmen stehen die nächsten Jahre an?
Bei der Umsetzung und Pflege von Agroforstanlagen muss man sich im Klaren sein, dass neben Anlage und Jugendstadium auch weitere Pflegemaßnahmen erforderlich sind. Neben den vielen möglichen Vorteilen von gut geplanter und umgesetzter Agroforstbewirtschaftung gilt es also zu bedenken, dass Agroforst einen höheren Arbeitsaufwand bedeutet.
Wie bei jedem neuen Konzept sind auch bei Agroforst die Chancen und Möglichkeiten, die das System bieten kann, mit gewissen Unsicherheiten und Herausforderungen verbunden. Mit Blick auf die Zukunft kann Agroforst aber in vielen Bereichen positive Auswirkungen für Betrieb und Umwelt haben. Einige Beispiele dafür zeigen die nebenstehenden Kurzberichte.
Agroforst in Österreich – Mit der Umsetzung von Agroforstsystemen in Österreich befassen sich neben den Fachabteilungen der Landwirtschaftskammern und Bio Austria insbesondere auch das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Die Zusammenarbeit mit der Offizialberatung ist wichtig für die sachgerechte Konzeption von Agroforstanlagen sowie vor allem auch für rechtliche Fragen und die Angabe im Mehrfachantrag.
Mangels eigener Agroforst-Maßnahme im Öpul muss je nach gewähltem System gemeinsam mit der Beratung eine individuelle Lösung gefunden werden. Das kann etwa die Angabe als punktförmige Landschaftselemente sein, oder bei der Pflanzung von Obstbäumen kann im Mehrfachantrag die Feldstücknutzungsart „Spezialkultur“ mit der Schlagnutzungsart „Anderes Obst“ oder definierte Kulturen (Edelkastanie, Kirsche, Schalenfrüchte, usw.) angegeben werden.
agroforst-oesterreich.at
Autoren:
| Peter Meindl und
Theresia Markut arbeiten für das Forschungsinstitut
für biologischen Landbau, FiBL |
Agroforst – LFI Kurse
Zu Konzeption und Gestaltung von Agroforstanlagen bietet die heimische Beratung Ende Jänner 2023 zwei interessante Informations- und Fortbildungskurse an. Beide Seminare sind über das LFI online buchbar.
• „Grundlagen und Planung von Agroforstsystemen“ heißt es am 25. Jänner 2023 von 9 bis 17 Uhr in der LK NÖ in St. Pölten. Kursinhalte sind Typen und Kombinationsformen von Agroforstanlagen. Die Kursteilnehmer können ihre Ideen mitbringen und im Seminar zur Sprache bringen.
• „Agroforst – Vielfältige Vorteile für meine Flächen“ lautet das Thema eines Webinars, das die LK Tirol am 26. Jänner 2023 von 18.30 bis 21.30 Uhr anbietet. Auch hier stehen Funktion, Planung und Umsetzung von Agroforstanlagen im Mittelpunkt.
- Bildquellen -
- 2250 W Agroforst: agroforst-oesterreich.at