Staatsziel Tierwohl

Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.

Jochen Borchert, 80, BRD-Agrarminister von 1993 bis 1998, berät bis heute die Regierung in Berlin. Der frühere CDU-Politiker leitet eine Kommission, die eine ganz klare Empfehlung für Umstellungen in der Nutztierhaltung gibt. Er ist Verfechter einer Tierwohlabgabe und sieht dazu keine Alternative: Tierschutz, Ökologie und Ethik gewinnen gegenüber den (land-)wirtschaftlichen Interessen immer mehr an Bedeutung. Eine von der Gesellschaft akzeptierte Nutztierhaltung mit mehr Tierwohl sei auch Ziel des Staates, der dafür mit öffentlichem Geld Sorge zu tragen hat. Sonst übernehmen dies künftig die Gerichte, meint Borchert.
Der Staat sollte mit seinen Landwirten Verträge abschließen: Halten diese strengere Haltungsvorschriften ein, bekommen sie im Gegenzug eine Garantie für Investitions- und Betriebsprämien. Borcherts Kommission empfiehlt dafür eine 20-jährige Umstellungsphase. Errechneter Förderbedarf für Deutschland: 3,6 Mrd. Euro. Von höheren Preisen, einer „Fleischsteuer“ oder einer Selbstverpflichtung des Lebensmittelhandels, um mehr Tierwohl zu erreichen hält Borchert indes wenig. Die höheren Einnahmen würden kaum bei den Landwirten ankommen.
Stößt Deutschland die Umstellung der Nutztierhaltung durch die Tierwohlabgabe an, könnten sich andere EU-Länder sehr bald anschließen. Die EU-Agrarminister treffen sich demnächst unter deutschem Ratsvorsitz in Koblenz. Borcherts Nachfolgerin Julia Klöckner will dort vorrangig über Tierwohl sprechen. Borchert ist fest überzeugt: Berlin werde das „Staatsziel Tierschutz“ bald angehen.
 bernhard.weber@bauernzeitung.at
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