So wertvoll theoretisches Wissen ist, nichts kann persönliches Erleben und selbständiges Tun ersetzen. Genau das ermöglichen mittlerweile rund 580 “Schule am Bauernhof“-Betriebe.
„Seit ihrer Gründung hat diese Initiative entscheidend dazu beigetragen, das Wissen über Landwirtschaft und die Wertschätzung für die Herkunft unserer Lebensmittel schon in jungen Generationen zu fördern“, betonten Landwirtschaftskammer Österreich-Vizepräsident Johannes Schmuckenschlager und Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger bei einem Pressegespräch am Annahof von Hannes Schabbauer in Laab im Walde (NÖ).
Derzeit öffnen in Österreich rund 580 “Schule am Bauernhof“-Betriebe ihre Hoftore für Schulen und Kindergärten. Mittlerweile nehmen rund 90.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr das Angebot in Anspruch. Jährlich werden rund 5.200 Führungen auf den Höfen durchgeführt. In den letzten zehn Jahren besuchten rund 845.000 Kinder und Jugendliche bei 50.500 Lehrausgängen einen Bauernhof.
“Jedes Kind sollte im Laufe seiner Schulzeit mindestens einmal einen Bauernhof besuchen. Auch angehende Lehrkräfte sollten während ihrer Ausbildung Kontakt zu einem Bauernhof haben“, so Schmuckenschlager. Um dies zu unterstützen, baut die Landwirtschaftskammer die Zusammenarbeit mit pädagogischen Hochschulen stetig aus, damit angehende Lehrkräfte frühzeitig Kontakt zur Landwirtschaft bekommen und über die vielfältigen agrarpädagogischen Angebote Bescheid wissen.
Praxis statt staubiger Theorie
Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert laden speziell geschulte Bäuerinnen und Bauern in ganz Österreich Schulklassen und Kindergärten auf ihre Höfe ein, um Kindern und Jugendlichen das Leben und Arbeiten am Bauernhof näherzubringen und den Weg der Lebensmittel zu erforschen. Ob Butter und Käse herstellen, Brot backen, Tiere füttern oder Obst ernten – das direkte Erleben und das selbständige Tun stehen stets im Mittelpunkt.
Die teilnehmenden Betriebe müssen strenge Qualitätskriterien erfüllen. Jede Bäuerin und jeder Bauer absolviert eine zertifizierte Grundausbildung von 88 Unterrichtseinheiten sowie eine jährliche Weiterbildung von acht Unterrichtseinheiten. Zusätzlich gehören Erste-Hilfe-Kurse, Hygieneschulungen, Sicherheitsüberprüfungen und Betriebschecks zu den Einstiegsvoraussetzungen. Bei Erfüllung dieser Kriterien wird der Betrieb mit der “Schule am Bauernhof“-Hoftafel ausgezeichnet.
Eingebettet in einem größeren Konzept
Das Projekt „Schule am Bauernhof“ wird durch zahlreiche Aktionen ergänzt. Im Rahmen der Schulaktionstage besuchen die Bäuerinnenvereine die 1. und 2. Volksschulklassen. Heuer erreichen sie damit österreichweit rund 38.400 Kinder in ganz Österreich. Eine weitere Initiative ist “Landwirtschaft in der Schule“. Hier kommen pädagogisch ausgebildete Seminarbäuerinnen in die Schulklassen. Das Angebot richtet sich hier an Kinder und Jugendliche in der Volksschule, Mittelschule, Gymnasium, Sonderschule und an alle Schulformen der Oberstufe. Neumann-Hartberger erklärt: “Unsere gemeinsamen Bemühungen sorgen dafür, dass das Wissen über Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft erhalten bleibt und die nächste Generation bewusste Kauf- und Konsumentscheidungen treffen kann.“
Die agrarpädagogischen Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene werden im Rahmen des GAP-Strategieplan Österreich 2023 – 2027 aus öffentlichen Mitteln gefördert. Das Landwirtschaftsministerium verfolgt mit der Förderung das Ziel, dass möglichst viele einen authentischen Einblick in die heimische Land- und Forstwirtschaft sowie deren vielfältige gesellschaftliche Leistungen erhalten.
Schulbuch-Check mit alarmierenden Ergebnissen
Die Frage, was unser Nachwuchs über die Landwirtschaft und Lebensmittel weiß, haben die Bäuerinnen auch bei einem Schulbuch-Check, gemeinsam mit dem Verein “Wirtschaften am Land“, analysiert – mit alarmierenden Ergebnissen. Es wurden 97 Schulbücher der ersten acht Schulstufen auf Inhalte zu Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion untersucht. Vier von zehn Schulbüchern enthalten demnach keinerlei landwirtschaftliche Inhalte, darunter 41% der Volksschulmaterialien, 57% der Biologielehrmittel und 23% der Geographie- und Umweltbildungsunterlagen in den AHS. In den restlichen Büchern sind die Informationen oft kurz und lückenhaft. Die Inhalte sind häufig fehlerhaft und ersetzen korrekte Darstellungen durch pauschale Aussagen. Globale und heimische Landwirtschaft werden oft gleichgesetzt, ohne reflektierte Unterscheidungen zu treffen. Besonders in Volksschulbüchern gibt es idyllische Zeichnungen statt realistischer Darstellungen von landwirtschaftlichen Betrieben, und die Rezepte sind meist einseitig auf pflanzenbasierte Gerichte ausgerichtet. “Wir fordern eine realitätsnahe Darstellung der österreichischen Landwirtschaft in Schulbüchern, verpflichtenden Unterricht zur Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion sowie eine regelmäßige Überprüfung der Inhalte durch Fachexperten“, so Neumann-Hartberger.
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- Schule am Bauernhof: Sophie Balber/LK Niederösterreich