Schweiz setzt nun auf Prävention

Das ungebrochene Wachstum der Wolfspopulation veranlasst die Regierung in Bern zu einer politischen 180-Grad-Wende. Abschüsse sind nun auch zur Bestandsregulierung möglich.

In der Schweiz dürfen ab Dezember Wolfsrudel bis zu einer neu per Verordnung festgelegten Mindestgröße dezimiert werden.

Gut 300 Wölfe und 32 Rudel wurden  laut Angaben des für Abschussgenehmigungen  zuständigen  Bundesamtes für Umwelt (BAFU)  heuer in der Eidgenossenschaft bereits  nachgewiesen. Damit hat sich die  Wolfspopulation in der Schweiz binnen  drei Jahren mehr als verdreifacht.  Die Folge: Allein im Vorjahr hatten  die dortigen Bauern fast 1.500 Nutztierrisse  zu verzeichnen.

Novelle des Jagdgesetzes beschlossen

Um dem Konflikt zwischen der Alpwirtschaft  und der Ausbreitung des  großen Beutegreifers Herr zu werden,  entschloss sich die Allparteienregierung  in Bern bereits im Dezember  2022 zu einer umfassenden Novellierung  des Jagdgesetzes. Noch vor dessen  offiziellem Inkrafttreten wurden  im Juli erste Erleichterungen in Sachen  Abschussregulierungen genehmigt.  So durften Einzelwölfe in Gebieten  mit hohen Risszahlen bereits ab sechs  – statt bisher zehn – dokumentierten  Nutztierrissen erlegt werden. Ebenso  wurde die Schadschwelle bei Rissen  durch Rudel nach unten korrigiert.  Wie nun bekannt wurde, genehmigt  der Bundesrat jetzt per Verordnung  weitere Verschärfungen, die einem  klaren Strategiewechsel in Sachen  Wolfsregulierung gleichkommen.  Denn ab 1. Dezember wird es den einzelnen  Kantonen vorerst zeitlich befristet  ermöglicht, unter bestimmten  Bedingungen die Wolfsbestände „proaktiv“  zu reduzieren. 

Nicht mehr „anlassbezogen“

  „Um das Zusammenleben von  Mensch und Wolf zu ermöglichen, soll  der Wolfsbestand „rasch unter Kontrolle  gebracht werden“, erklärte ein  Sprecher der Behörde. Damit kommt  die Regierung den Aufforderungen etwa  auch des Herdenschutzbeauftragten  Peter Küchler nach, wonach es in der  Eidgenossenschaft neben staatlichen  Mitteln für Herdenschutz eine aktive  Bestandsreduktion des Wolfs brauche.  „Mit Geld allein lässt sich das Problem  nicht lösen“, äußerte sich Küchler kritisch  zum bisherigen Wolfsmanagement  in seinem Heimatland. Erst die  „Kombination aus beidem“ verspreche  Erfolg, so der Experte. 

Schutzstatus bleibt aufrecht 

Trotz der Änderungen bleibe der  Wolf in der Schweiz eine geschützte  Art, wird seitens der schweizerischen  Umweltbehörde betont. Diesbezüglich  haben sich die Gesetzgeber in Bern  „nur“ an die Vorgaben der 1979 unterzeichneten  Berner Konvention, nicht  aber an die für EU-Mitgliedstaaten  gültige Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie  zu halten. Erstere untersagt eine starke  Regulierung des als „streng geschützt“  geführten Wolfs.  Ein im Ständigen Ausschuss der  internationalen Vereinbarung durch  den schweizerischen Vertreter eingebrachter  Antrag auf Absenkung des  Schutzstatus wurde im Vorjahr unterdessen  abgewiesen. BAFU-Angaben  zufolge dürfen die Kantone ganze Rudel  deshalb nur zum Abschuss freigeben,  wenn die minimale Anzahl an  Wolfsrudeln in der betroffenen Jagdregion  überschritten ist.  Die Verordnung teilt das Staatsgebiet  zu diesem Zweck in fünf Regionen ein.  In den größeren Regionen wurde die  Mindestzahl an Rudeln mit drei festgesetzt,  in kleineren schreibt die Exekutive  zwei Rudel vor. 

Das neue Jagdgesetz wird von der  Regierung unterdessen im kommenden  Frühjahr in Vernehmlassung geschickt,  also den Kantonen, der Bundesversammlung  und diversen Verbänden  zur Prüfung vorgelegt. Rechtsverbindlichkeit  soll in Bern dann planmäßig  am 1. Februar 2025 herrschen. 

- Bildquellen -

  • Wolfsrudel: MEISTERFOTO - STOCK.ADOBE.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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