Green Care steht allgemein für Aktivitäten und Interaktionen zwischen Mensch, Tier und Natur. Je nach Zielgruppe verfolgen sie gesundheitsfördernde, pädagogische oder soziale Ziele.“ So heißt es auf der Website des gleichnamigen Vereines, der in Österreich vor 15 Jahren gegründet worden ist. Wo also Mensch, Tier und Natur zusammenkommen, ist ein landwirtschaftlicher Betrieb meist nicht weit weg. Und so ist es auch gedacht: Als eine Möglichkeit für Land- und Forstwirte, auf ihren Höfen neue Wege zu beschreiten und gleichzeitig jenen Menschen den Ort dafür anzubieten, die sich in diesem Bereich engagieren möchten oder das Angebot im nahen Umfeld gerne nutzen würden.
Bei den Green Care-Angeboten auf aktiven land- und fortstwirtschaftlichen Betrieben handelt es sich um ein Projekt im Rahmen des österreichischen Programms für ländliche Entwicklung (ELER), das der Verein Green Care Österreich in der Praxis umsetzt. Ziel ist eben das Etablieren einer neuen Sparte der Diversifizierung.
Paradebeispiel „Franzlhof“: der erste Bauernhofkindergarten
In Pregarten gibt es einen Green-Care-Vorzeigebetrieb im Bereich Kinderbetreuung: Der „Franzlhof“ bezeichnet sich als „Österreichs erster Bauernhofkindergarten“. Die Bäuerin Bettina Haas sie ist auch ausgebildete Kindergartenpädagogin und tiergestützte Pädagogin hat dort ihren landwirtschaftlichen Betrieb einst vor dem Zusperren bewahrt und mit viel Engagement und Enthusiasmus sechs neue Arbeitsplätze und für 40 Kinder ein Naturparadies am Hof geschaffen. Wie in jedem anderen Kindergarten auch wird dort gesungen, gebastelt, gespielt und vorgelesen. Doch am Franzlhof, wo die Kinder in zwei Gruppen betreut werden, sind sie darüber hinaus auch Tag für Tag draußen unterwegs, um Tiere zu versorgen, mit Ponys oder Lamas zu spazieren oder den Wald zu entdecken. Es wird gemeinsam Brot gebacken und im Hühnerstall nach Eiern gesucht. „Bei uns wird mit Hirn, Herz und Hand gelernt. Mir ist es ein Anliegen, dass die Kinder auch Wissen mitnehmen, dass die Kindergartenzeit bei uns positive Spuren hinterlässt“, sagt Bettina Haas. 2008 wurde der Franzlhof als Kindergarten eröffnet. Von der Idee bis zum Einzug der ersten Kinder sei es eine intensive Zeit gewesen, betont Haas. „Ich habe vier Kinder, aber der Franzlhof war meine schwerste Geburt“, schmunzelt Haas. „Aber für mich war klar, dass es nichts Schöneres gibt, als Kinder und Bauernhof zu kombinieren. Es waren viele Umbauarbeiten nötig und ich hatte auch viele Wegbegleiter, die von Beginn an von meiner Idee begeistert waren“, sagt Haas.
Am Franzlhof geht es zu wie in jedem anderen Kindergarten auch, darüber hinaus gibt es aber viele Extras: „Tier und Naturpädagogik gibt es bei uns jeden Tag. Wir haben fixe Lama-, Schafe-, Hasen- und Hühnertage, jede Woche auch einen Pferdetag zum Reiten“, erzählt Haas. Kleine Aufgaben sind gut in den Kindergartenalltag integriert so könne etwa das Eierabnehmen schon einmal zur mathematischen Frühförderung werden, schmunzelt Haas.
„Die Kinder sind immer ganz begeistert heimgekommen. Sie haben das erlebt, was viele nur aus Bilderbüchern kennen oder als Geschichte erzählt bekommen“, so die Mutter eines ehemalingen „Franzi“-Kindes, wie diese liebevoll genannt werden. Die Kinder hätten ein schier unheimliches Wissen über Tiere, Wald, Wasser und Natur. „Bei uns ist es so, dass wir etwa beim Spazierengehen von den Kindern viel über die Natur erfahren und nicht umgekehrt“, so die Mutter.
Tagesbetreuung am Alpakahof in Windhaag bei Freistadt
Keine Kinder, sondern Senioren sind die Zielgruppe am Alpakahof der Familie Pointner in Windhaag bei Freistadt. Gottfried Pointner führt dort in vierter Generation einen Biobetrieb mit 36 Hektar, auf dem Alpakas, Rinder, Ziegen und Kaninchen ein Zuhause haben. Gattin Renate leitet als ausgebildete Diplomkrankenschwester und Fachkraft für tiergestützte Intervention gemeinsam mit dem Verein „Tagesbetreuung am Bauernhof“ in Kooperation mit dem Sozialhilfeverband Freistadt das Tageszentrum am Hof. Bis zu acht Senioren, Menschen mit Demenzerkrankung oder mit körperlicher Beeinträchtigung werden dort betreut. So wird dort etwa gemeinsam gegartelt, gesungen oder das zusammen frisch aus regionalen Zutaten gekochte Essen genossen. „Ich darf jeden Tag den positiven Einfluss von Tier und Natur auf unsere Tageszentrumsgäste erleben. Bewegung, Training von Grob- und Feinmotorik sowie die Förderung der kognitiven Fähigkeiten finden nicht im Turnsaal, sondern in der freien Natur statt. Sinnvolle Beschäftigung im Kontext des Bauernhofes, Pflegen sozialer Kontakte und das Gebrauchtwerden ist eine enorme Bereicherung für unsere zu Betreuenden“, schildert Renate Pointner. Nicht zuletzt sind es auch die Angehörigen der Tagesgäste, denen durch ein solches Angebot Auszeiten ermöglicht werden. Für Interessierte werden Schnuppertage angeboten.
Verein hilft beim Entwickeln eines Green-Care-Betriebes
Bäuerinnen und Bauern, die neue Wege gehen und ihren Betrieb in Richtung Green Care entwickeln möchten, werden vom Verein Green Care Österreich tatkräftig unterstützt. Nach einer Basisberatung wird die Projektidee konkretisiert. Gemeinsam mit Kooperationspartnern aus dem Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich sowie der Gemeindepolitik und der Regionalentwicklung werden Angebote entwickelt, ehe das Projekt individuell umgesetzt wird. Green Care unterstützt bis hin zur Eröffnung des neuen Betriebes, der auf Wunsch auch zertifiziert werden kann.
Green Care
Ob Bauernhofkindergarten, Arbeitsort für Menschen mit Behinderung oder Auszeithof: Wer mit seinem Betrieb neue Wege gehen will und Gefallen am „Green Care“-Gedanken findet, der kann sich unter www.greencare-ooe.at erste Informationen holen. Auch das LFI OÖ bietet immer wieder Kurse an, bei denen sich Interessierte über Modelle und Möglichkeiten informieren können. www.ooe.lfi.at.
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