Der Geotrac 134ep von Lindner ist das stärkste Modell aus Kundl in Tirol. Im Traktortest hat er zeigen müssen, was er kann. Besonderes Augenmerk haben wir auf kleine Ausstattungsdetails gelegt, die den Geotrac ins Hightech-Zeitalter katapultieren sollen.
Wer Lindner nur flüchtig als eine der führenden Traktormarken Österreichs kennt, vermutet wohl oft „nur“ einfache, stabile und zweckmäßige Technik mit niedrigem Schwerpunkt für die Berglandwirtschaft – aber weit gefehlt: In den letzten Jahren hat Lindner mehr und mehr auch die Möglichkeiten, die die Elektronik im Maschinenbau bietet, umgesetzt. Daneben gibt es aber auch weitere interessante Details, die den Traktor aus der Masse hervorheben.
Ansprechende Kabine
Über vier Trittstufen erklimmt man das Fahrerhaus des Geotrac 134ep mit weit öffnenden Vollglastüren. Es entspricht der Schutzkategorie 2 (EN 15695-1) und erscheint funktionell, auf den ersten Blick spartanisch, und stabil aufgebaut.
Schnörkellos, glatt und pflegeleicht wirken die verwendeten Materialien. Kabinenfederung, Niederfrequenzsitz und Vorderachsfederung mit 20 Zentimeter Federweg (!) tragen das Ihre zu einem vibrationsarmen Fahrgefühl bei. Bei der effektiven Dämmung der Motorgeräusche hilft eine Trennwand, der Maximalpegel am Fahrerohr beträgt laut Hersteller 75 dB(A).
Die Rundumsicht ist in Ordnung. Ein schmales Fenster im Dach erleichtert die Frontladerarbeit. Zusätzlich zur Heckscheibe sind beide Seitenfenster einen Spalt weit zu öffnen.
Das helle, über den IBC („Intelligenten Bord Computer“) abschaltbare Tagfahrlicht macht die neueste Version des Geotrac von Weitem erkennbar. Nächtens ist die Leuchtstärke und Ausleuchtcharakteristik der normalen Fahrscheinwerfer in der Motorhaube durchschnittlich, die der Dachscheinwerfer gut – wenngleich mit Blendeffekten durch Streulicht in der Frontscheibe. Eine exzellente Ausleuchtung des Umfelds liefern die optionalen Xenon-Arbeitsscheinwerfer. Die nächtliche Kabineninnenbeleuchtung ist links ohne Abschaltmöglichkeit permanent rot, rechts orange und macht die Umrisse der nicht hinterleuchteten Schalter ausreichend erkennbar.
Für den Winterdienst wirklich empfehlenswert erscheint die beheizbare Frontscheibe. Allerdings muss man dann auch den Rest des Jahres andauernd durch eine Scheibe mit deutlich erkennbaren Heizdrähten schauen. Heizung und Klimaanlage funktionieren flott, während kalter Temperaturen im Spätherbst schaltete sich im Testtraktor die lufttrocknende Klimaanlage gelegentlich begleitet von Pfeifgeräuschen ein.
Die Kabine ist für einen großen Fahrer alleine absolut ausreichend, alles ist ergonomisch günstig erreichbar. Eher ein schmales, leicht gepolstertes Brett ist der Beifahrersitz, der immerhin mit Sicherheitsgurt als offizieller zweiter Sitz im Zulassungsschein eingetragen ist.
Bei ungünstigem Lichteinfall können sich die silbernen Speichen des Lenkrads, sofern es nahezu waagrecht gestellt ist, genau im Blickfeld des Fahrers in der Frontscheibe spiegeln. Zwei Rückspiegel mit separatem Weitwinkelteil sind Teil der Standardausstattung. Ebenso serienmäßig hat der Geotrac 134ep einen intelligenten Kabinenrückspiegel mit eigener Rückfahrkamera, Freisprecheinrichtung und Straßennavigation, die am Feld z. B. die exakte Uhrzeit und GPS- Geschwindigkeit anzeigen kann. Zwei weitere, hochwertigere Kameras sind Wunschausrüstung – deren Bild ist, parallel zu weiteren Anzeigen, im IBC darstellbar.
Starker Vierzylinder
Der 4,4l Perkins-Motor geht bedächtig (wohl auch, um unnötigen Russausstoß zu minimieren), aber mit geradezu Tiroler Sturheit konsequent auf Touren und liefert ordentlich Leistung ab. Das erledigt er mit einer gefälligen Geräuschkulisse – in der Kabine hört man zwar jede Regelarbeit der Hydraulik, vom Motor aber meist nur sonores Brummen sowie je nach Drehzahl einzelne Resonanzgeräusche, z. B. vom Kotflügel.
Hinsichtlich Dieselverbrauch sollte gezielt, wann immer möglich, mit dem „EP“-Eco-Modus gefahren werden: Laut Werksangaben sind durch Nutzen niedriger Drehzahlen deutliche Einsparungen machbar. Durch Begrenzen der Motorhöchstdrehzahl, z. B. auf 1900 UpM, liegt demnach das Potenzial bei einem Liter pro Betriebsstunde gegenüber dem Volllastbetrieb bei der Nenndrehzahl. Zusätzlich soll durch Einsatz einer Axialkolben-Verstellpumpe in der Hydraulik der Traktor 1 bis 1,5 Liter pro Stunde weniger brauchen als das Vorgängermodell mit Konstantstrompumpe.
Nichtsdestotrotz sollte Lindner beim Nachfolgermodell den Dieseltank vergrößern: die ca. 145 Liter Inhalt wird wohl kaum jemand bis zum letzten Tropfen absichtlich leer fahren – dadurch steht bei schweren Arbeiten im Ackerbau schon nach fünf bis sieben Betriebsstunden wieder ein Besuch bei der Tankstelle an. Im Teillastbetrieb passt der Tankinhalt aber durchaus, denn der 134ep ist bei leichteren Arbeiten auch mit weniger als zehn Litern pro Stunde vernünftig einsetzbar – da tritt er für einen Traktor mit mehr als 130 PS Nennleistung absolut genügsam auf.
Der Heckanbauraum des Geotrac 134ep ist praxisgerecht gegliedert, alle Hydraulikkupplungen ordentlich farblich gekennzeichnet, bei vier Steuergeräten sind ebenso viele separat entleerbare Leckölauffangbehälter mit dabei. Load Sensing-
Anschluss, druckloser Rücklauf und manuelle Mengenregulierschrauben für die mechanischen Steuergeräte sind ebenfalls griffgünstig erreichbar und das Scheibenwaschwasser ist bequem nachfüllbar. Bloß der Kabinenluftfilter ist konstruktionsbedingt eher nur mit Aufstiegshilfe bequem zu erreichen.
Intelligenter Bord Computer
Der spartanische erste Eindruck täuscht insofern, als der Traktor so manche Detaillösungen bietet, die man bei ihm nicht vermutet hätte. Eine gelungene Betriebsanleitung erklärt auf nur rund 210 Seiten relativ kompakt und mit leicht lesbarer, großer Schrift die teilweise doch komplexe Bedienung des Traktors. Sie enthält neben obligaten Sicherheitshinweisen auch Erklärungen für Fehlercodes sowie Teilenummern für häufig benötigte Wartungs- bzw. Ersatzteile.
Wesentliche Anzeigen und Einstellmöglichkeiten des Geotrac 134ep finden sich am „Intelligenten Bord Computer“ (IBC). Anstatt einzelner Zeigerinstrumente oder Funktionskontrolllämpchen werden je nach Situation unterschiedliche Symbole oder Anzeigebalken am (Haupt-)Bildschirm dargestellt. Mittels eines Drehrads und sechs Funktionstasten lassen sich zusätzliche Anzeigenebenen mit Untermenüs, z. B. für die Zeit- und Durchflussmengenprogrammierung der Hydrauliksteuergeräte, aufrufen.
Ein sequentieller Schnellzugriff auf Hauptbildschirm, Rückfahrkamera, Hydraulikeinstellung und Handgas (inklusive Anzeigen für Momentan- und Durchschnittsverbrauch) ist außerdem mittels Druckknopf am Reversierhebel möglich. Z. B. für Lohneinsätze nützlich können die sieben separaten Speicher-Zählwerke für Arbeitszeit, Hektarleistung, zurückgelegte Strecken und Dieselverbrauch (sogar mit speziellen Schalteingängen für exakte Abrechnung) sein.
Nicht zuletzt erlaubt der Lindner IBC auch umfangreiche Diagnosefunktionen (Fehlercodes) sowie Grundeinstellungen, z. B. Anpassungen der Impulsausgaben für Isobus, für die serienmäßige siebenpolige Signalsteckdose usw., vorzunehmen. Um leichter der Vielzahl an Bedienköpfen auf der seitlichen Bedienkonsole und auf den Joysticks Herr zu werden, bietet der IBC schließlich noch graphisch schön aufgearbeitete Kurzbedienungsanleitungen, die jederzeit direkt am Bildschirm einblendbar sind.
Das manuelle Bedienkonzept, abseits vom IBC, erscheint zwar nach dem ausgiebigen Test schlüssig und zweckmäßig, hat den Autor ganz zu Beginn des Tests glatt ein wenig überfordert: Allein 19 gleichförmige, unterschiedlich eingefärbte, aber nur mit Symbolen oder Abkürzungen kenntlich gemachte Drucktaster an der Multifunktionsarmlehne lösen situationsabhängig unterschiedliche Aktionen aus.
Komfortfunktionen
Wert erwähnt zu werden sind Komfortdetails wie ein zwischen 1,5 und 22 Sekunden frei programmierbares Scheibenwischerintervall oder zwei mittels Tastendruck abrufbare Motordrehzahlen plus ein programmierbarer Motordrehzahlbegrenzer zum Treibstoffsparen.
Darüber hinaus fallen positiv auf:
Frei wählbare Zapfwellen-Abschalthöhen des Hubwerks beim Automatikbetrieb, separat für Heck- und Frontzapfwelle.
Belastungsoptimierbare Schaltcharakteristiken für Power-Shuttle und Zapfwelleneinschaltung.
Ein intelligenter Batteriehauptschalter kappt die Stromversorgung des Bordnetzes nach einer Viertelstunde Motorstillstand, wodurch vermieden wird, dass Kleinverbraucher bei längeren Standzeiten die Batterie leeren.
Automatic Hitch Control (AHC) nennt Lindner die intelligente Funktionserweiterung der EHR des Heckhubwerks. Sie sucht automatisch und kontinuierlich die richtige Einstellung der Mischregelung zwischen „Zugkraft“ und „Lage“ und passt sie dynamisch an, um die Arbeitsqualität zu optimieren sowie den Dieselverbrauch zu reduzieren. Der Fahrer braucht nur mehr die gewünschte Arbeitstiefe des Anbaugerätes vorzugeben, den Rest macht AHC.
Die EHR des Fronthubwerks hat stattdessen standardmäßig die Spezialfunktion elektronische Auflagedruckregelung, um z. B. ein Mähwerk optimal zu entlasten. Dafür ist nach jedem Gerätewechsel ein kurzer Kalibriervorgang nötig. Drucktasten direkt beim Fronthubwerk erleichtern das Koppeln von Frontgeräten.
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Auf einen Blick
Komfort – Angenehmes Fahrgefühl
Unbedingt anzumerken ist das wirklich angenehme, gut gefederte Fahrgefühl kombiniert mit niedrigem Verbrauch beim Straßentransport. Die Vorderachsfederung mit sehr großem Federweg eliminiert sogar grobe Unebenheiten effektiv – eine Wohltat auf grobscholligen Äckern oder schlechten Feldwegen. Durch 20 Zentimeter Verstellbereich der Vorderachsfederung bleibt voll abgesenkt nur eine eher kleine Bodenfreiheit übrig.
Lindner-Traktoren
Der Schwerpunkt von Lindner liegt im unteren PS-Segment, das von einigen der großen Konzerne nur mehr mit wenig Innovationsaufwand beschickt wird – was die Tiroler immer wieder mit Spitzenpositionen in der Zulassungsstatistik belohnt.
Das jüngste vorgestellte Produkt ist der stufenlose Lintrac 110 mit maximal 113 PS und Vierradlenkung. Er war im Versuch bereits mit (teil-)autonomer Fahrweise (fahrerlos mit eigenen Sicherheitssystemen, aber menschlich beaufsichtigt mittels App) unterwegs.
Von den „großen“ Geotracs (114ep mit 133 PS und 134ep mit 144 PS Maximalleistung, „ep“ steht dabei für „efficient power“) hat Lindner seit der Markteinführung 2012/2013 bisher schon rund 330 Stück produziert. Der Geotrac 134ep wird heuer nicht mehr gefertigt, Neutraktoren sollten aber weiterhin verfügbar sein. Denn Lindner hat mit vorproduzierten 3B-Abgasnorm-Maschinen ohne SCR vorgesorgt, die Vorstellung eines Nachfolgemodells der großen Geotracs – dann gleich mit Abgasstufe 5 – ist für ca. 2019 geplant.
Wartung und Reparatur: Professionelles Service ist ganz entscheidend
Alle Standard-Wartungspunkte sind gut zugänglich, erleichtert durch die einteilige Motorhaube, die nach einfacher Entriegelung schön hoch schwingt. Die Serviceintervalle laut Bedienungsanleitung sind eher kurz, so ist z. B. alle 250 Stunden nicht nur der Wechsel des Motoröls fällig, sondern auch Ölwechsel der Vorderachse und Frontzapfwelle (plus Filter); Hydraulik– und Getriebeöl inkl. Filter sind alle 1000 Stunden dran. Für alle Druckschmierstellen gilt generell ein Intervall von 50 Stunden. Der Partikelfilter ist auf etwa 8000 Betriebsstunden ausgelegt.
Unser Testtraktor war bereits zwei Jahre bzw. 450 Stunden österreichweit im Vorführeinsatz. Das hatte leichte Spuren hinterlassen, nicht nur von Nagetieren: Einige Schrauben bzw. Muttern (Türgriff, Heckfenster) in der Kabine lockerten sich. Der rechte Kotflügel vibrierte bei bestimmten Motordrehzahlen deutlich hör- und spürbar und die nicht optimal eingestellten Fahrlichter in der Motorhaube leuchteten auffällig nach links. Durch „Kleinigkeiten“ in der Elektrik und im Bereich der Dieselzufuhr kam es anfänglich zu mehreren Traktorstillständen. Nach deren Beseitigung in einer kompetenten Werkstätte lief der Traktor jedenfalls tadellos.
Lindner Geotrac 134ep: Technische Daten im Überblick
Motor
• Vierzylinder von Perkins mit 4400 cm³ Hubraum und vier Ventilen pro Zylinder
• Abgasnorm EURO 3B ohne SCR (AdBlue), aber mit Dieseloxidationskatalysator, Partikelfilter und gekühlter Abgasrückführung
• Maximalleistung (nach ISO 14369): 133 PS (98 kW);
Maximalleistung (bei 1900 UpM, EG 97/68): 141 PS (104 kW) = Leistung lt. Zulassungsschein
• Zusätzliche Boostleistung beim Transport über 15 km/h, bei aktivierter Zapfwelle immer aktiv
• Test ART Tänikon: Gemessene Maximalleistung an der Zapfwelle: 123,1 PS (90,6 kW); gemessenes maximales Drehmoment: 488 Nm
• Treibstofftank: 145 Liter
• Schwefelanteil im Diesel maximal 15 ppm, Diesel soll der EN 590 entsprechen
• Motorölwechsel alle 250 Std. oder jährlich (9 Liter ACEA E9 /API CJ-4 Öl)
Getriebe
• 32/32 Gang ZF-Getriebe T-7140:
zwei durch Tastendruck elektrohydraulisch im Stand zu wechselnde Gruppen (bis 11 km/h bzw. bis 53 km/h)
• Lastschaltbare Wendeschaltung „Power-
Shuttle“ mit einstellbarer Charakteristik
• Bedienung der Lamellenkupplung per Fußpedal und Druckknopf am Ganghebel
• Vier manuelle Synchrongänge (H-Schaltung), vier Lastschaltstufen pro Hauptgang
• LS-Stufen automatisch bzw. programmiert schaltbar oder mit Speedmatching bei Wechsel des Hauptganges („ComfortShift“, „Automatic PowerShift“)
• 50 km/h bei 2100 Motor UpM, 40km/h bei 1650 UpM
• Optional plus 16 Kriechgänge mit 0,29 bis 2,3 km/h Maximalgeschwindigkeit
Zapfwelle/Hydraulik
• Vier Geschwindigkeiten: 540 und 1000 UpM bei 1996 bzw. 1946 Motor-UpM, 540E und 1000E mit 1543 bzw. 1512 Motor-UpM
• elektronisch gesteuerte und überwachte Zuschaltung mittels Lamellenkupplung
• Druckknöpfe an den Kotflügeln für externe Betätigung von Hubwerk und Zapfwelle, plus optional zwei Knöpfe für ein elektrisches Steuergerät
• Heckhubwerk Cat. 2/3
• Bosch/Rexroth-EHR mit Schwingungstilgung
• Maximale Hubkraft Heck (in den Koppelpunkten): 6600 kg, durchgehend ca. 4500 kg; wobei max. Hinterachslast: 6600 kg
• Hubkraft Front (Cat.2): max. 3560 kg, ca. 2600 kg durchgehend, wobei max. Vorderachslast: 3800 kg sowie max. zulässiges Gesamtgewicht: 9000 kg
• Hydraulikfördermenge: max. 124,5 l / Min
• Axialkolben-Verstellpumpe mit variablem Förderstrom
• Bis zu vier elektrische, zeit- und mengenprogrammierbare Steuergeräte plus max. zwei mechanische Steuergeräte oder max. vier mechanische, mengenregulierbare Loadsensing-Steuergeräte
• Getrennte Ölhaushalte von Hydraulik (72 l inkl. Lenkung) und Getriebe (52 l), Wechselintervall 500 bzw. 1000 Std., Maximal 35 l (u. U. 45 l) Hydrauliköl entnehmbar
Zu weiteren Bildern vom Traktortest.
Otto Krönigsberger
- Bildquellen -
- Lindner 134 Ep Abschaltbares LED Tagfahrlicht: Krönigsberger
- Lindner 134 Ep Ibc Hauptbildschirm: Krönigsberger
- Lindner 134 Ep Seitliche Bedienkonsole: Krönigsberger
- Lindner Geotrac 134ep Masze Graphik: Krönigsberger
- Lindner 134 Ep Packt Auch Eine Grosze Scheibenegge: Krönigsberger