Das Österreichische Forstgesetz von 1975 besagt: „Der Wald mit seinen Wirkungen auf den Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen ist eine wesentliche Grundlage für die ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung Österreichs. Seine nachhaltige Bewirtschaftung, Pflege und sein Schutz sind Grundlage zur Sicherung seiner multifunktionellen Wirkungen hinsichtlich Nutzung, Schutz, Wohlfahrt und Erholung.“ Seit 1975 hat sich viel getan. Josef Fuchs, Obmann des Tiroler Waldverbandes, hat mit uns über aktuelle Herausforderungen und Ziele gesprochen.

BAUERNZEITUNG: Wie fällt die Waldbilanz 2022 aus? 
FUCHS: Im Jahr 2022 wurde mit einem Einschlag von 1,7 Mio. m³ aus dem Privatwald so viel Holz eingeschlagen wie noch nie, was grundsätzlich sehr erfreulich ist. Leider wurde dieser Rekord aber aufgrund des vielen aufzuarbeitenden Kalamitätsholzes erzielt, was höhere Holzerntekosten und geringere Holzqualitäten und damit teilweise Holzentwertung verursacht hat. In Osttirol lag der Schadholzanteil bei 98 Prozent vom Gesamteinschlag, in Nordtirol lag der Anteil auch bei relativ hohen 30 Prozent.

Trotzdem gab es für die Waldbesitzer nach mehreren wirtschaftlich schwierigen Jahren mit nicht vertretbar niedrigen Holzpreisen und dementsprechend geringen Einschlagsmengen und dem sehr turbulenten Jahr 2021, wo sich zwar die Rundholzpreise deutlich gefestigt haben, aber die Schnittholzmärkte komplett verrückt gespielt haben, im Jahr 2022 eine großteils zufriedenstellende Marktentwicklung.

Bereits ab Jahresbeginn bis in das Frühjahr hinein war eine stabile Marktlage mit steigender Tendenz zu verzeichnen. Das ist immer auch der in unserer schneereichen Region sehr eingeschränkten Bringungsmöglichkeit geschuldet. Bei guter Marktlage wurde dann wie gewohnt, sobald es jahreszeitlich möglich war, die Holzarbeit angekurbelt. Die Folge daraus war gemeinsam mit Holzimporten eine entsprechend gute Versorgung der Sägeindustrie, was dann entsprechende Preiskorrekturen nach unten nach sich zieht.

Erfreulich hat sich in der Energiekrise natürlich auch die Nachfrage nach Brenn- und Energieholz entwickelt. Hier gilt es allerdings auch klarzustellen, dass sich die bäuerlichen Brennholzlieferanten sehr verantwortungsvoll verhalten haben und nicht an der extremen Preisrallye teilgenommen haben. Sie haben ihre Preise nur in überschaubarem Maß angepasst und es bleibt zu hoffen, dass das in Zukunft auch die Kunden würdigen.

Welchen Herausforderungen stehen die Bezirke gegenüber?
Während wir im gesamten Nordtirol eigentlich von Schadereignissen größtenteils verschont geblieben sind und großteils einer „normalen“ forstlichen Nutzung nachgehen konnten, hat sich leider zu unserer großen Sorge die Situation in Osttirol gänzlich anders dargestellt. Hier hat sich nach den vergangenen Schadholzjahren mit großen Windwurf- und Schneebruchgeschehen schon 2021 eine gewaltige Borkenkäfer-Problematik angekündigt. Schon frühzeitig hat unser Landesforstdienst die Vorkehrungen für eine gezielte Bekämpfung und Schadholzaufarbeitung im Bezirk Lienz gesetzt. Trotzdem war es bei dem gewaltigen Ausmaß und auch aufgrund der schwierigen Topografie in Osttirol bis jetzt nicht möglich, das Käferproblem gänzlich zu beseitigen. An eine gewöhnliche Holznutzung war und ist in Osttirol ohnehin nicht zu denken. Hier sind die Waldbesitzer auch jetzt und in naher Zukunft stark durch die öffentliche Hand zu unterstützen, um eine erfolgreiche Wiederbewaldung zu gewährleisten. Viele Eigentümer wurden über Generationen einer Holznutzung beraubt.

Wie steht es um den Borkenkäfer? 
Wir sind hier natürlich aufgrund der Dramatik in Osttirol vorgewarnt. Die Bezirksforstinspektionen weisen derzeit in ihren Informationsveranstaltungen gezielt darauf hin, sehr achtsam zu sein und bei Auftreten von Käferschäden sofort zu handeln und Käferbäume und Käfernester großzügig zu entfernen. Leider ist der Schädling ein großer Nutznießer der Klimaveränderung. Für eine wirksame Eindämmung des Borkenkäfers wären Kälteperioden mit sehr tiefen Temperaturen notwendig, die leider kaum mehr stattfinden. Bei wärmeren Temperaturen und Hitze- und Trockenperioden findet dann eine Massenvermehrung statt. Und der Schaden explodiert. Hilfreich für den Wald sind hier übers Jahr verteilt entsprechende Niederschlagsmengen, damit die Bäume nicht auch noch durch Trockenstress anfällig für Schädlingsbefall werden, und wie gesagt eben die Aufmerksamkeit der Waldbesitzer und Forstleute, um frühzeitig schadensminimierend einzugreifen.

Nutzungskonflikte nehmen zu. Wie geht man im Wald damit um?
Schon seit zwanzig Jahren ist eine ständig steigende Freizeitnutzung mit den einhergehenden Nutzungskonflikten zu verzeichnen. Der Respekt vor dem bäuerlichen Eigentum und das Verständnis für die Bewirtschaftungserfordernisse nimmt permanent ab und ist nur noch in geringem Ausmaß vorhanden. Auch die Jägerschaft verspürt das besonders, abends und morgens sind bis in die Dunkelheit hinein Freizeitsportler auch mit Stirnlampe in jedem Gelände unterwegs und die notwendige jagdliche Bewirtschaftung wird stark behindert. Auch wir Bauern spüren es: Bei Forstarbeiten ist eine dem Gesetz entsprechende Absicherung mit Warntafeln unumgänglich, um im Schadensfall bestmöglich auf der sicheren Seite zu sein, akzeptiert wird eine Sperre ohnehin oft nicht. Bewusstseinsarbeit ist wichtig, wir müssen aber auch für die Zukunft entsprechende Konsequenzen für Unbelehrbare einfordern. Man wird auch bei Nichtbeachtung der Regeln beginnen müssen, zu Erziehungszwecken mit Strafen zu arbeiten, denn ohne Konsequenz wird es keine Verhaltensänderung geben. Unser Lebensraum ist für alle da, aber auch Wildtiere brauchen ihren Platz und ihre Ruhe und ebenso die Forstwirtschaft.

Was bringt die Zukunft?
Auf Brüsseler Ebene gibt es große Bestrebungen, Wälder außer Nutzung zu stellen und die Bewirtschaftung einzuschränken, dagegen verwehren wir uns massiv. Nur ständige, nachhaltige Bewirtschaftung schafft Platz für klimafitte, gesunde Wälder und ausreichende Verjüngungen und bedeutet Klimaschutz im Höchstmaß. Überalterte Bestände sind gefährdet für Kalamitäten und können kaum mehr CO2 aufnehmen. Dazu braucht es auch stabile Märkte, die ständigen Preissprünge mit den damit verbundenen oft nicht zufriedenstellenden Preisen sind hier kontraproduktiv und sollten vermieden werden. Wir Bauern müssen unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und durch Pflege und Nutzung gesunde und stabile Wälder schaffen. Das sind wir unseren Nachfolgern schuldig.

Vielen Dank für das Gespräch!

- Bildquellen -

  • Kaeferholz Aufarbeiten 61 ID88368: agrarfoto.com
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AUTORRed. HP
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