Der NÖ Bauernbund erneuert seine Kritik am nach wie vor offenen Verkauf der Borealis-Düngermittelsparte an den tschechischen Agrofert-Konzern. „Erschreckend, wie locker und leichtfertig hier die Versorgungssicherheit Österreichs aufs Spiel gesetzt wird. Denn mit diesem unbedachten Deal fallen Entscheidungen über die heimische Lebensmittelversorgung in die Hände eines tschechischen Großkonzerns“, sehen sich NÖ Bauernbundobmann LH-Stv. Stephan Pernkopf und Direktor Paul Nemecek in ihrer harten Abwehrhaltung bestätigt. Sie zeigen eine – europaweit – immer bedrohlicher werdende Lage auf und führen aufgrund der besorgniserregenden Entwicklungen neue, gewichtige Gegenargumente ins Treffen.
Alarmzeichen: Dünger-Fabriken fahren europaweit Produktion herunter
Die Versorgung Europas stehe ohnehin schon auf tönernen Beinen, warnen Pernkopf und Nemecek heute, Montag, eindringlich in Richtung des OMV-Vorstands um CEO Alfred Stern. Einhergehend mit dem Krieg in der Ukraine fahren die europäischen Stickstoffdünger-Fabriken nämlich gerade ihre Produktion herunter. Denn zur Produktion von Stickstoffdünger wird das immer knapper und teurer werdende Erdgas benötigt. Gleichzeitig hatte Russland, vor Inkrafttreten der Sanktionen eine Schlüsselrolle bei der europäischen Düngerversorgung. Jetzt drohen in der unmittelbaren Nachbarschaft Österreichs bereits erste Komplett-Ausfälle. So verkündete etwa das deutsche SKW Stickstoffwerk Piesteritz bei Wittenberg vor kurzem den Produktionsstopp. Ein Sprecher des, laut eigenen Angaben größten, Ammoniak- und Harnstoffproduzenten Deutschlands, welcher – noch dazu – zum tschechischen Agrofert-Konzern gehört, begründet das mit den extrem hohen Gaspreisen. In Polen fährt gleich die ganze Grupa Azoty die Stickstoffproduktion herunter.
Gewagtes Spiel: Profitmaximierung versus Versorgungssicherheit
Obmann Pernkopf und Direktor Nemecek sehen sich jedenfalls in ihren schon vor Wochen getätigten Warnungen mehr als bestätigt: „Nun schließt also ein Werk nach dem anderen. Anscheinend zählen dabei werde Standortgarantien noch Versprechungen. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass Borealis nicht verkauft wird – oder tauschen die Verantwortungsträger bewusst die Krisensicherheit für eine Profitmaximierung ein?“ Der NÖ Bauernbund werde jedenfalls nicht tatenlos zusehen, wenn die „kritische Infrastruktur ausverkauft“ wird, so Pernkopf und Nemecek: „Denn eines ist klar – ohne Dünger wird es weniger, aber teurere Lebensmittel geben – auch bei uns in Österreich. Wer kann das wollen? Im Gegenteil: Die Düngermittelproduktion muss rot-weiß-rot bleiben!“
Hinterfragt möchte der NÖ Bauernbund auch die Offerte und die wirtschaftliche Entwicklung haben. Im Gegensatz zum Erstgebot der russischen Eurochem im Jänner zahlt die tschechische Agrofert-Gruppe zwar nun mehr als 800 Millionen Euro – und damit knapp das Doppelte. Dabei muss man allerdings wissen, dass laut dem in Medien zitierten Halbjahresbericht das im Firmenjargon als Nitro zusammengefasste Geschäft 256 Millionen Euro Gewinn machte – nach 23,7 Millionen im Jahr zuvor. Obmann Pernkopf fordert von OMV- Vorstand Stern daher eine rasche Kurskorrektur.
Lebensmittelversorgung in Gefahr: NÖ Bauernbund fährt weiter harten Kurs
Wie angekündigt, fährt der NÖ Bauernbund seine harte Gegenkampagne weiter. Mit der renommierten deutschen Anwaltskanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP wurden absolute Spezialisten für das Wettbewerbsrecht engagiert und bereits im Juli brisante Post an die Wettbewerbskommission der EU geschickt. In dem Anwaltsschreiben wurden die Kritikpunkte und Gründe gegen den geplanten Verkauf im Detail herausgearbeitet. Beispielsweise würde der „Zusammenschluss schwerwiegende nachteilige Auswirkungen auf die Märkte für stickstoffhaltige Düngemittel haben“ und sei deshalb „aus rechtlicher, wirtschaftlicher, als auch aus politischer Sicht nicht hinnehmbar“, lautet es etwa darin.
Der NÖ Bauernbund will jedenfalls alle Möglichkeiten auf nationaler und internationaler Ebene auszuschöpfen, um die Versorgungssicherheit in Österreich auch weiterhin zu garantieren. Dazu wird man auch die aktuelle Rolle der ÖBAG kritisch hinterfragt werden, so Pernkopf und Nemecek: „Die Beschwerde bei der EU ist eingereicht. Wir werden in unserem Anliegen nicht nachlassen. Es geht um die Lebensmittelversorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher!“ Übrigens: „Dass der Deal drei Monate nach Bekanntgabe noch immer nicht offiziell bei der EU-Wettbewerbsbehörde eingereicht ist, gibt schon zu Denken“, sprechen Pernkopf und Nemecek abschließend noch ein pikantes Detail an: „Scheinbar spießt es sich zwischen den OMV-Verantwortlichen und Brüssel doch gewaltig.“
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