Die Alpen sind eines der beliebtesten Urlaubsziele weltweit. Etwa 50 Millionen Gäste suchen jährlich Erholung in der vermeintlich unberührten Natur. Tatsächlich handelt es sich um eine uralte Kulturlandschaft, geschaffen und gepflegt von den Bergbauernfamilien und deren Vorfahren. Um sich über die Sorgen und Bedürfnisse der Almwirtschaft auszutauschen, wurde der Alpen.Gipfel.Europa.2022 durch die Allianz für die Berglandwirtschaft ausgerichtet, einem Zusammenschluss von Bauernverbänden des deutschsprachigen Alpenraums aus Bayern, Österreich, Südtirol und der Schweiz.
Sorge um den Wolf betrifft gesamten Alpenraum
Themenschwerpunkt war die Rückkehr von Großraubtieren, insbesondere des Wolfs. Über die Landesgrenzen des deutschsprachigen Alpenraums hinweg haben Bergbauern vermehrt Risse ihrer Weidetiere zu beklagen. Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes, Leo Tiefenthaler, berichtete von der schwierigen Lage in Südtirol. Dort sei nicht nur der Wolf, sondern auch der Bär ein Problem. Die Entnahme gefährlicher Tiere sei notwendig, um den Erhalt der Landwirtschaft zu gewährleisten und somit Abwanderung zu verhindern. „Wenn keine Landwirtschaft existiert, ist kein Tourismus möglich, kein Handel, kein Handwerk, dann stirbt das Land aus“, so Tiefenthaler. Ein großer Teil der Bevölkerung in der Region würde den Abschuss unterstützen, allerdings scheitere man an der Regierung in Rom.
Klar positioniert sich auch Thomas Roffler, Präsident des Bündner Bauernbundes. „Glauben Sie das Märchen nicht, dass wir in der Schweiz die Situation mit dem Wolf im Griff haben.“ Dieses Problem ließe sich weder mit Geld noch mit Zäunen lösen, die einzige Möglichkeit sei eine Revolution durch Abschüsse, so Roffler. Herdenschutzmaßnahmen seien für den Wolf überwindbar und würden nur zu einem „Wettrüsten“ zwischen Almverantwortlichen und Großraubtier führen.
Josef Geisler findet klar Worte
Bauernbundobmann und Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler kritisiert die Rolle von EU und NGO‘s. „Es bringt nichts, sich gegenseitig die Probleme vorzusagen, man braucht jetzt Lösungen. Der Großteil der Abgeordneten in Brüssel kommt aus urbanen Räumen und es interessiert sie nicht, wie es uns im ländlichen Raum geht. Aber wir leben in einer Zeit, in der man Mehrheiten braucht, und diese Mehrheiten sind leider im europäischen Parlament noch nicht erreichbar. Wir hätten zwar in Österreich einen Managementplan, aber da kommen wir nicht weiter. Im Land Tirol haben wir trotz grüner Beteiligung einen Abschussbescheid zustande gebracht. Dennoch sind wir vor den Verwaltungsgerichten gescheitert, da NGO‘s interventiert haben. Es wird immer gesagt, einen Problemwolf kann man ruhig entnehmen, aber dann wird eben Einspruch erhoben. Diese Doppelbödigkeit finde ich skandalös. Man sagt zwar, man unterstütze die Landwirtschaft, aber das passiert nicht, wenn es darauf ankommt. Da braucht man sich nicht wundern, wenn Menschen emotional werden.“ Geisler betont, man müsse das Problem in die Breite bringen, um Mehrheiten zu finden. In Norbert Totschnig sieht er einen Minister, der das Problem erkannt hat und dagegen vorgeht.
Gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Vertreter von Natur- und Umweltschutzverbänden waren ebenso eingeladen. Sie sprachen eine klare Anerkennung für die Leistungen der Bergbauern aus. Für die gemeinsamen Herausforderungen Großraubtier und Tourismus gebe es keine einfachen Lösungen. Die Notwendigkeit von Wolfsabschüssen im Rahmen des Wolfsmanagements wurde aber zugestanden.
Zusätzlich wird die Almwirtschaft durch wachsenden Freizeittourimus belastet, der immer wieder mit den Bedürfnissen der Weidetierhaltung kollidiert. Für die Tierhalter kann das zum Teil juristische Konsequenzen haben.
Die Bedürfnisse und Probleme der Berglandwirtschaft in den gesamten Alpen sind vielfältig. Durch die internationale Zusammenarbeit können diese besser gebündelt und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Die Erhaltung des Alpenraums als Perle Europas ist im Interesse der gesamten Gesellschaft, denn er ist nicht nur Grundlage für verlässliche, unabhängige Lebensmittel-
produktion, sondern auch ein Hort der Biodiversität und Schutzraum seltener Arten.
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