Aktuelle Trends in der Bodenbearbeitung mitsamt ihren weitreichenden
ökologischen und ökonomischen Auswirkungen bewerteten Experten bei einem ÖKL-Seminar an der Versuchswirtschaft Groß Enzersdorf der Universität für Bodenkultur. Dabei gab es auch kritische Untertöne zu hören. 

Quelle: Krönigsberger
ÖKL-Obmann
DI Stefan Dworzak (2. v. l.) mit den Referenten: Landwirt Rudolf Votzi, Beat Vinzent (LfL Bayern), Gernot Bodner (Boku), Christoph
Wolfesberger
(LK NÖ) und Gerhard Moitzi (Boku).

Geht es nach Beat Vinzent von der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Bayern, bearbeiten wir den Boden tendenziell zu viel. Für Praktiker ist der Hintergrund dieser Entwicklung klar. Seitdem immer weniger Wirkstoffe erlaubt sind, müssen Pflüge, Grubber & Co vermehrt Aufgaben des Pflanzenschutzes übernehmen. Mit allen Konsequenzen wie Humusabbau und erhöhter Erosionsgefahr.

Auch unter den Agritechnica-Neuheiten stechen Geräte zum Ersatz von Glyphosat hervor. Vinzent sieht diesen Trend auch kritisch: Viele Kombinationsgeräte aus wühlenden und schneidenden Werkzeugen würden hohe Motorleistungen und Zugtraktorgewichte erfordern. Mehrverbräuche von zig Litern Diesel pro Hektar seien die Folge. Ebenfalls kritisch ist sein Blick auf Carbon Farming mittels Zweischichtenpflug, ein Verfahren, das schon vor etlichen Jahren am ATB Potsdam (Berlin) entwickelt wurde, um Humus in tiefe Schichten mit wenig aerober Umsetzung zu verfrachten. Der bewährte mehrbalkige Grubber mit auf den Boden angepasstem Nachläufer ist und bleibt für den Experten „das“ universelle Gerät. 

Nichtsdestotrotz nimmt die Vielfalt an verfügbaren technischen Lösungen weiter zu. Spezialgeräte zum seichten Abschneiden winterharter Begrünungen sind erhältlich, allerdings aufgrund ihres engen Einsatzspektrums zu relativ hohen Hektarkosten verglichen mit Glyphosateinsatz. 

Sensorik und ISOBUS machen gleichzeitig Bodenbearbeitungsgeräte immer intelligenter: Das dient vor allem der optimalen Einstellung des Pfluges, spart Zeit ebenso wie Diesel und ermöglicht selbst weniger erfahrenen Fahrern bestmögliche Arbeitsergebnisse.

Agrar-Apps auf Smartphones, etwa zur Beurteilung der Bodenbefahrbarkeit oder zur Pflanzenkrankheitserkennung, sind für Vinzent ein wesentlicher und erfolgreicher Teil der Digitalisierung: Die Apps würden nicht viel kosten und seien einfach bedienbar – vor allem die junge Generation der Landwirte belohne das mit hoher Akzeptanz. 

Gernot Bodner vom Institut für Pflanzenbau der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) ging auf Zusammenhänge von Humusaufbau und Bodenbearbeitung ein. Er vermittelte den anwesenden Praktikern, was sinnvolle Maßnahmen für Klima und Umwelt sein können, was eher als „Green(washing)-Deal-Propaganda” anzusehen ist und worauf zu wenig geachtet wird. So sei das potenzielle Hauptproblem der Ackerbauemissionen Lachgas, es habe etwa eine 300-fach stärkere Klimawirkung als CO2. Leider sei es aufgrund der extrem kleinflächigen Streuung de facto unmöglich, Lachgasemissionen für jeden Acker zu definieren oder in der Praxis zu bestimmen. Eines sei jedoch bekannt: Bei zu wenig gelockerten Böden könnten deutlich höhere Lachgasemissionen als in gut durchmischten Böden auftreten.

Humus und Bodenbearbeitung

Werde Humusaufbau in Form von Vertragsmodellen belohnt, würden Landwirte, die schon bisher Humusaufbau betrieben hätten, diskriminiert, weil bei bereits vorhandenen höheren Gehalten Zuwächse schwieriger würden. In den USA und Australien beteiligen sich nach seinen Angaben bislang nur wenige Prozent der Farmer an solchen Programmen. Dem Klima würden aber nur großflächig gesetzte Maßnahmen helfen, nicht aber der Zertifikatehandel auf dem Papier. 

Hinsichtlich Humusgehalt der Böden und N-Effizienz stehen laut Bodner die österreichischen Bauern im internationalen Vergleich sehr gut da. Eine gute Motivation für weiteren Humusaufbau sei die gesteigerte Resilienz des Bodens gegenüber unvorhersehbaren Witterungsereignissen: mehr Humus bedeute mehr Wasserspeicher, mehr nutzbare Feldkapazität für Trockenperioden und damit eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für bessere Erträge. 

Begrünung, Zwischenfrüchte und das Mehr an Pflanzenwachstum, seien immer die Basis für Humusaufbau. Langfristig müsse den Mikroorganismen kontinuierlich neue Nahrung, etwa mittels Zwischenfrüchten, zugeführt werden – sonst degradiert der Boden. Die Folge: “Endstation Wüste”. Apropos Wüste: Bodenlebewesen reduzieren ab 30 bis 35 Grad ihre Aktivitäten oder stellen sie bei großer Hitze ein, das ist vor allem ein Problem des nackten, unbedeckten Bodens. Optimal arbeiten sie laut Bodner bei 20 bis 30 Grad. Der Boden sollte daher so viel wie möglich durch Stroh und Zwischenfrüchte bedeckt gehalten werden.

In der neuen Humustheorie würden immer mehr organische Stoffe (Huminstoffe, etwa in Komposten) in den Vordergrund treten. Die Bodenbiologie, Mikroorganismen selbst seien die wichtigste Basis des Humusaufbaus. Denn ihre abgestorbenen Reste würden direkt Dauerhumus ergeben. Ziel müsse also eine Belebung des Bodens sein. 

Ebenfalls hohe Beachtung verdient der Aggregathumus: Ernterückstände wie Getreidewurzeln sollten laut Bodner in stabilen Bodenaggregaten „verpackt“ sein – und damit geschützt vor zu schnellem Abbau. Aggregataufbau und aggregatschonende Bewirtschaftung – also kein „Zerschlagen der Aggregate“ – würden massiv den Humusaufbau unterstützen.

Pfluglos wirtschaften hat seine Vorteile vor allem bei geringen Jahresniederschlagsmengen: Unter 550 mm steigen die Chancen auf höhere Erträge im Vergleich zum Pflugeinsatz, so Bodner. Im Feuchtgebiet könne hingegen ohne Pflug Luft fehlen, wodurch das Ertragspotenzial sinke. Ziel sei eine standortoptimale Bodenporenverteilung. Grobporen für Drainagierung und Luft, Feinporen für kapillare Wasserversorgung. Ein bodenbiologisches Problem beim Pflügen sei das „Umdrehen des Bodens”. Einfach erklärt leben die hochspezifischen Bodenorganismen in ihrer jeweils optimalen Umgebung. Nahe der Oberfläche in sauerstoffhältiger und mit zunehmender Tiefe in sauerstoffärmerer Umgebung. Der wendende Pflug stellt ihre Welt buchstäblich auf den Kopf. 

Für den Biolandwirt Rudolf Votzi ist Boden zu allererst Lebensgrundlage, die er in bestmöglichem Zustand halten will. Seine Philosophie als typischer Trockengebietsbauer: “Wir müssen die eingesetzte Technik der jeweiligen
Situation anpassen.” 

Der Praktiker

Ziel sei ein in jeder Hinsicht optimaler Boden, der nicht zuletzt bestmöglich Wasser speichert, so Votzi. Dazu brauche es ein Wasser-Verteilsystem aus Poren und Kanälen – das würden auch Pflanzenwurzeln schaffen, deren Werk man möglichst wenig zerstören sollte. Wichtig ist für den Praktiker auch, dass an der Oberfläche genug organische Masse ist, um vor unproduktiver Verdunstung und Verschlämmung zu schützen. Verschlämmung könne auch die Poren verschließen und damit wichtige Bodenfunktionen behindern. Darüber hinaus müsse man als Bauer viel Geduld haben. “Also warten, bis der Boden ausreichend abgetrocknet ist, um ihn ohne Schmiereffekte zu bearbeiten”, lautet sein Rat. 

Winterharte Begrünungen, empfiehlt Votzi, in mehreren Etappen zu bearbeiten oder abzuschneiden. Der erste Gang solle sehr seicht, nur wenige Zentimeter tief erfolgen, um größere abgerissene Wurzelballen zu vermeiden. „Zweieinhalb Zentimeter Stücke machen in der Folge kein Problem, aber Wurzelballen sehr wohl.“

Forschungserkenntnisse

Gerhard Moitzi von der Boku Wien wiederum belegte mit stichhaltigen Zahlen aus vielen Versuchen Aspekte der Energieeffizienz bei der Bodenbearbeitung. Treibstoff sparen und dem Boden dabei etwas Gutes tun lautet die Maxime. Das geht über einen optimal bereiften und ballastierten Traktor weit hinaus. Traktor und Geräte sollten optimal aufeinander abgestimmt sein: Ein nicht ausgelasteter Traktor arbeitet ineffizient.

Laut Moitzi ist es energieeffizienter, Geräte mit großer Arbeitsbreite langsamer zu ziehen, als solche mit kleinerer Arbeitsbereite mit höherer Geschwindigkeit – vorausgesetzt, der erzielte Arbeitseffekt passt. Bei reinen schweren Zugarbeiten seien einfache, effiziente Getriebe von Vorteil. Stufenlose Getriebe hätten grundsätzlich einen niedrigeren mechanischen Wirkungsgrad. Sobald aber ein heute übliches Motor-Getriebemanagement an einer Zugmaschine seine Stärken unter wechselnden Bedingungen ausspielen könne, sei es möglich, dass durch Motordrehzahlreduktion und/oder stufenlose Geschwindigkeitsanpassung dieser Nachteil mehr als egalisiert werde, zusätzlich zum unbestrittenen Komfortgewinn. 

Die Landtechnik entwickelt nach wie vor immer effizientere Lösungen. So verwies Moitzi auf den Huber Energiesparpflug mit rotierenden Schneidelementen. Seine Zukunftsvision ist der energieautarke solare Bauernhof, der seine Überschüsse den Mitmenschen bereitstellt.

Helmut Wagentristl von der Boku stellte den langjährigen Bodenbearbeitungsversuch der Boku-Versuchswirtschaft auf den Raasdorfer Flächen der Versuchswirtschaft vor, an denen u. a. auch sichtbar ist, welche Auswirkung die Jahreswitterung auf unterschiedliche Bearbeitungs- und Saatvarianten hat, die Praktiker normalerweise vielleicht gar nicht probieren würden. Oder wie sich die Lagerungsdichte des Bodens (als Ergebnis der vorangegangenen Maßnahmen) auf das Wurzelwachstum auswirkt. 

Maschinenvorführungen

Quelle: Krönigsberger, Einöck

Auch wenn einige Anbieter kurzfristig wegen Lieferproblemen absagten (ein Problem, das sich, wie man nebenbei von Firmenvertretern hörte, in naher Zukunft aufgrund der Ukrainekrise noch heftiger als schon während der Corona-Zeit zeigen dürfte; Anm.) war der Nachmittag aufschlussreichen praktischen Vorführungen gewidmet. Firmenvertreter stellten ihre Geräte vor, und die Arbeitsergebnisse wurden besprochen. Dabei wurde nicht nur das oberflächliche Arbeitsbild bewertet, sondern buchstäblich „in die Tiefe gegangen“: 

Bodenpraktiker Votzi legte nach der Schaufahrt jeder Maschine den bearbeiteten Horizont frei und kommentierte die Besonderheiten der jeweils eingesetzten Werkzeuge. Dabei zeigte sich zum Beispiel, dass Leichtgrubber unterschiedlicher Hersteller zwar auf den ersten Blick aufgrund ähnlicher Federzinken und Schare auch ähnlich arbeiten, aber im Detail sehr wohl Unterschiede bestehen: Ob ein 5-Meter-Gerät 32 oder 34 Zinken hat, ändert die theoretische Überlappung der Gänsefußschare. Bei durch Verschleiß kleiner/schmäler werdenden Scharen ist eher nicht mehr ein ganzflächiger Schnitt möglich. Umgekehrt können mehr Zinken oder ein kleinerer Balkenabstand die Verstopfungsgefahr erhöhen. 

Laut Votzi empfehlen sich als Nachläufer bei Leichtgrubbern, die ganzflächig schneiden sollen, Walzen, die weniger rückverfestigen, aber mehr entmischen. Der Grund hierfür ist klar: Pflanzen, die wieder angedrückt werden, wachsen leichter weiter. Das lockere, oberflächliche Ablegen ausgerissener Pflanzen ist auch der Hauptzweck eines gängigen Striegels als Abschlusswerkzeug: Dieser fördert ihr rasches Abtrocknen. 

Ein wenig beachtetes Detail ist das Abnutzungsverhalten der bei Leichtgrubbern üblichen Gänsefußschare: Neue Schare brechen den Boden auf ihren vollen 5 bis 6 mm Höhe (Materialdicke). Sie werden zuerst an ihrer Unterseite rund und verdichten während dieser Zeit den Boden unter ihrer Gleitfläche, das kann bei zu nassem Boden durchaus eine dünne Schmierschicht verursachen. Erst wiederum einige zig Hektar später (je nach Boden) werden die Schare messerscharf und schneiden so Unkraut usw. viel besser ab. Der Umbruch winterharter Begrünungen mit fast neuen Scharen kann also aus diesem Grund weniger effektiv als mit weiter abgenutzten, scharfen Scharen sein. 

Dabei zeigt sich auch eine weitere Zwickmühle für den Praktiker: Anstatt 5 mm starken Scharen, die schneller scharf werden, aber auch schneller verschleißen, wurden in den letzten Jahren vermehrt 6 mm starke mit längeren Wechselintervallen nachgefragt. Diese bilden jedoch eine länger anhaltende, höhere Wölbung an ihrer Unterseite aus, die mehr verdichten kann als die Wölbung bei dünneren Scharen. 

Als mögliche Lösung stellte der Einböck–Vertriebsverantwortliche Roland Hatzmann hartmetallbeschichtete Schare vor. Die messerscharfe Hartmetallbeschichtung zeige eine massiv erhöhte Standfestigkeit und damit den gewünschten scharfen Schnitt über viele Hektar. 

Wie bei den Leichtgrubbern entscheiden auch bei Schwergrubbern neben den Scharformen die Nachlaufwalzen über das Arbeitsergebnis. Bei dieser Maschinengattung sind eher schneidende und rückverfestigende Walzen gefragt, um neu entstandene Kluten sofort zu zerkleinern, bevor sie austrocknen.

Mehr Infos, inkl. Video zum Seminar, sind demnächst unter www.oekl.at abrufbar.

Quelle: Krönigsberger
Grubber von Amazone: Cenius 5003-2TX Super
Quelle: Krönigsberger
Der mehrfache Pflügerweltmeister Bernhard Altmann erläuterte die Pflugeinstellung
Quelle: Krönigsberger
Leichtgrubber Taifun 500 FZ von Einböck
Quelle: Krönigsberger
Grubber Kuhn Prolander 500 R
Quelle: Krönigsberger
Der APV-Striegel AS 1200 M1

- Bildquellen -

  • Trends BB 28 03 Vortragende: Krönigsberger
  • Scharvergleichl: Krönigsberger, Einöck
  • Trends BB 28 03 Amazone Cenius 5003 2TX Super: Krönigsberger
  • Trends BB 28 03 Pfluegerweltmeister Bernhard Altmann: Krönigsberger
  • Trends BB 28 03 Einboeck Taifun 500 FZ: Krönigsberger
  • Trends BB 28 03 Kuhn Prolander 500 R: Krönigsberger
  • Trends BB 28 03 APV Striegel AS 1200 M1: Krönigsberger
  • Trends BB 28 03 Poettinger Terria 5030: Krönigsberger
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AUTOROtto Krönigsberger ist Landwirt in Niederösterreich.
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